"Thomas Jefferson, Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und dritter Präsident der Vereinigten Staaten, hatte keine hohe Meinung von Banken und dem Kreditwesen: »Ich glaube aufrichtig, wie Sie, dass Bankanstalten gefährlicher sind als stehende Armeen; und dass das Prinzip, unter dem Namen Finanzierung, Geld auf Kosten der Nachwelt auszugeben, großmaßstäblicher Betrug ist«, schrieb er 1816 in einem Brief an seinen engen Freund John Taylor, einen Politiker der Demokratischen Partei." (Vorwort, S. V)
Die Verfasserin, Wirtschaftsredakteurin im Bankenteam des Handelsblatts, macht zu Beginn ihres Vorwortes deutlich, dass diese Aussage Jeffersons auch auf die jüngste Finanzkrise hätte gemünzt sein können. Die Dienstleistungen der Banken sind zwar für moderne Volkswirtschaften zweifelsohne unentbehrlich. Entsprechend groß sind jedoch auch die Schäden, welche strauchelnde Banken für ganze Volkswirtschaften und Gesellschaften haben können. Vergleicht man die Eigenkapitalquote einer Bank mit derjenigen eines normalen Unternehmens, wird offenkundig, dass Banken mit einem relativ geringen Eigenkapitaleinsatz operieren und deshalb wenig Spielraum haben für verkraftbare Fehler. Auch aus diesem Grund sind Regierungen gezwungen, Banken relativ streng zu regulieren.
Erfahrungsgemäß setzt sich fast nur die Fachwelt mit den immer komplexer werdenden rechtlichen Vorgaben für das Bankgeschäft auseinander, während der "Normalsterbliche" um das Thema Regulierung einen großen Bogen macht. Dies hält die Autorin für einen Fehler und will mit diesem Buch Studierenden und Berufseinsteigern, aber auch allgemein an der Wirtschaft Interessierten, einen Einblick über Bankenaufsicht und Bankenregulierung - und damit auch über wichtige Teile unseres Wirtschaftssystems - geben.
Das Werk gliedert sich in sieben Kapitel:
Das Kapitel 1 befasst sich mit der Frage, warum die Banken kontrolliert werden. In diesem Zusammenhang informiert ein grober historischer Abriss, wie sich die Bankenaufsicht in Deutschland entwickelt hat und gibt einen Überblick über die wichtigsten Begriffe aus der Bankenregulierung.
Im Kapitel 2 werden die zahlreichen Institutionen vorgestellt, welche an der Bankenaufsicht mitwirken. Dabei geht es vor allem um den bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelten international besetzten Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, über die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism/SSM) bis hin zur deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Zwei eigene Abschnitte befassen sich mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board/ESRB) und dem Single Resolution Board (SRB), die für die Europäische Bankenunion zuständige europäische Abwicklungsbehörde für Banken.
Das Kapitel 3 erörtert die wichtigsten "Stellschrauben", mit denen der Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden Banken und ihr Risikoprofil steuern können. Dies betrifft quantitativ messbare Vorgaben, etwa zum Eigenkapital und der Liquidität, aber auch "weichere" Faktoren, wie die Eignung des Führungspersonals.
Gegenstand des Kapitels 4 ist die Frage, wo große Bankenreformen eigentlich ihren Anfang nehmen, bevor sie über die EU in nationale Gesetze "durchsickern". Des Weiteren werden vor allem die wichtigsten Reformen der vergangenen Jahrzehnte, etwa Basel I bis IV, referiert sowie der noch verbleibende Spielraum der Bankenaufseher beschrieben.
Das Kapitel 5 zeigt, wie die Bankenaufsicht im Alltag funktioniert, d. h. es befasst sich mit den Instrumenten, welche Bankenaufseher nutzen, um sicherzustellen, dass all diese Vorgaben auch wirklich eingehalten werden. Zu der breiten Palette an Kontrollmöglichkeiten zählen u. a. unterschiedliche Informationsrechte, etwa Routinemeldungen, Aufsichtsgespräche, Sonderprüfungen und Stresstests, sowie ein Sanktionskatalog bis hin zur Abberufung von Aufsichts- und Verwaltungsräten, Bußgelder und Haftstrafen.
Kapitel 6 widmet sich der Frage, wie die Bankenregulierung die Geschäftsmodelle der Kreditinstitute prägen und das Kapitel 7 gibt einen kurzen Überblick, wohin sich die Bankenaufsicht in den nächsten Jahren entwickeln könnte. In diesem Zusammenhang stellt die Verfasserin fest, dass der Härtetest für die diversen Finanzstabilitätswächter bislang noch aussteht und dass die Digitalisierung im Bankenbereich zu neuen aufsichtsrechtlichen Regulierungen führen wird.
Mit dem vorliegenden Fachbuch ist der rührigen Finanzredakteurin ein guter Wurf gelungen. Das Werk setzt sich fundiert und kritisch mit der Bankenaufsicht auseinander, besticht durch hohe Aktualität und Praxisbezug, zeichnet sich durch eine gut verständliche Sprache aus und kann deshalb der eingangs beschriebenen Zielgruppe zur Lektüre bestens empfohlen werden.