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Ein Traum von Rom

Ein Traum von Rom

Eine Ausstellung, die mit Leidenschaft und gleichzeitig mit kühlem Kopf erarbeitet wird, verheißt nur Gutes. Und in der Tat ist die am 15.März beginnende - und bis zum 28. September gehende - Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Trier traumhaft. Zu diesem Schluss kommt man nicht allein beim Anblick der glücklichen Gesichter der Ausstellungsmacher und dem herzlichen Empfang der Journalisten, sondern wird erst recht bestätigt bei Besichtigung des Ergebnisses der Kooperation zwischen den Landesmuseen Trier und Stuttgart. Visuell hochwertig realisiert durch die Szenographie von Valentine Koppenhöfer und didaktisch ansprechend aufgearbeitet, wie man es von diesem Museum nur erwarten kann.



In der Ausstellung "Ein Traum von Rom" steht mitnichten Rom im Mittelpunkt, sondern Roms Auswirkung auf die Urbanisierung in den Provinzen und mit besonderem Augenmerk auf die antike Metropole Trier. Zu Beginn des Rundgangs wird exemplarische dargestellt, wir sehr sich die antike Definition einer Stadt von der heutigen Auffassung unterscheidet. Unter dem Begriff "Stadt", lateinisch "urbs", war fast ausschließlich Rom gemeint. Die von Rom vergebenen Stadtrechte waren hierarchisch gegliedert, wobei ein Municipium und eine Colonia mit den höchsten Privilegien ausgestattet wurden. Noch heute bezeugen in Trier die sichtbaren Überreste vom Prunk und Luxus jener Zeit, als die Stadt, vermutlich unter Kaiser Claudius, den Ehrentitel einer Colonia (Colonia Augusta Treverorum) verliehen bekam. Was sich allerdings sonst noch für Schätze in den Depots des Landesmuseums verbirgt, scheint, nach Aussagen des Direktors Marcus Reuter, unermesslich zu sein. Einige der sonst in den Regalen verstaubenden Exponate können jedoch zum Anlass dieser Schau endlich wieder gezeigt werden. Zu ihnen gehört die Figur eines Togatus, einer Toga tragenden Figur. Es handelt sich um ein Mitglied der kleinen städtischen Elite, die sich auf dem nachempfundenen Forum in der Ausstellung neben Ehreninschriften weiterer (auch berühmter) Würdenträger der Stadt präsentiert. Ganz bewusst wird der Besucher vom öffentlichen Raum einer Stadt in die Privatsphäre der Bürger geführt. Es handelt sich dabei ausschließlich um die Präsentation wohlhabender Bürger. Ein kleiner, aber nicht unbedeutender Aspekt, der leider nicht als erwähnenswert erachtet wurde. Aber die Ausstellungsmacher hatten ja auch den Vergleich zwischen Rom und Trier im Fokus, den Trier in der Antike durchaus nicht zu scheuen brauchte. Luxuriöse Wohnausstattungen mit prächtigen Mosaiken, der Königsdisziplin römischer Wohlstandsinszenierung, Wandmalereien von höchster Qualität und ein reiches Bildprogramm bei den Marmorskulpturen weisen auf die Finanzstärke als auch auf den Bildungsgrad des Eigentümers hin. Womit dieser Wohlstand erreicht wurde, ist auf den großartigen Grabdenkmälern der red dot prämierten Dauerausstellung dokumentiert. Unbedingt sehenswert ist eine weitere Zusammenarbeit mit den Landesmuseen: Das Forschungsprojekt naexus der Hochschule Anhalt. In einem mobilen, in 6 Stunden aufbaubarer, Illusionsraum wird ein 10 minütiger Film über die Urbanisierungsprozesse nördlich der Alpen auf einer doppelt gekrümmten Leinwand präsentiert. Ein weiterer Schritt in Richtung zukünftigem Museum!

Das Rheinische Landesmuseum ist nicht nur ästhetisch ein Schmaus, sondern auch didaktisch eine Prämierung wert. Die Fülle der erklärenden Texte wurde auf ein vertretbares Maß runter gebrochen ohne ins triviale zu verfallen. Geschichte ist hier erlebbar, weil sie in nachvollziehbare alltägliche Kontexte eingebunden wurde.

Wer nach über 3000m2 noch aufnahmefähig ist oder mit der Familie einen erlebnisreichen Museumstag wünscht, der gehe bitte weiter zum Viehmarkt. Unter dem Glaskubus des Architekten Oswald Maria Ungers (✝ 2007) findet zeitgleich die Kinderausstellung "Römische Baustelle! Eine Stadt entsteht" statt. Hier kann man hautnah den Bau einer Stadt nachempfinden. Straßenbau, Mosaikherstellung, Bau eines Brunnens oder eines Torbogens sowie die komplizierte Anlage eines Aquädukts fordern jung und alt zum gemeinsamen Anpacken heraus. Begleitend zu den beiden Ausstellungen finden zahlreiche Veranstaltungen und Workshops statt. Weitere Informationen zur Urbanisierung Triers und der römischen Provinzen findet man im umfangreichen Begleitband "Stadtleben im römischen Deutschland". Für die jungen Leser ist das Heft "Die Römische Stadt. Entdeckungsbuch Lesen. Erkunden. Verstehen." erschienen.

Das Beste zum Schluss: im Oktober wandert die Ausstellung komplett nach Stuttgart und kann in einem neuen Kontext bewundert und entdeckt werden!

Informationen über die Ausstellung

von Helena Kotarlic - 19. März 2014
Ein Traum von Rom
Landesmuseum Württemberg (Hrsg.)
Rheinisches Landesmuseum (Hrsg.)
Ein Traum von Rom

Stadtleben im römischen Deutschland
Theiss 2014
336 Seiten, gebunden
EAN 978-3806228878