Enki Bilal: Bug 3

"Man hat Vermutungen, aber man hofft sehr, dass diese nicht Stimmen". "Bug 3" setzt die Geschichte der bisherigen ebenfalls bei Carlsen erschienen Bände fort. Bug 1 erschien auf Deutsch 2018, man kann sich also ausrechnen wann - bei dem Tempo - Band 4 erscheinen wird. Es heißt also Nerven bewahren, denn die Auflösung wird bestimmt noch länger auf sich warten lassen.

Wanted: Kameron Obb

Auf unserem Planeten Erde sind auf unerklärliche Weise alle digitalen Daten verschwunden. Nur ein einziger Mann, ein Überlebender einer gescheiterten Mars-Mission, hat alle verloren gegangenen Informationen in seinem Gedächtnis und zwar - "analog" und nicht "digital" - gespeichert: Kameron Obb. Der Rest der Menschheit kann nicht einmal mehr ein Flugzeug bedienen, da das bisher ja alles die Maschinen erledigten und eigenes handwerkliches Können einfach nicht mehr notwendig war. Handwerker sind also nach wie vor gefragt in dieser durch und durch dystopischen Vision unserer Zukunft, die Bilal mit allerhand Science-Fiction-Accessoires ausstattet. Zudem treiben sich in Band 3 diverse Untergrundgruppen herum, darunter die Staller Army, ein sozialrevolutionäres Projekt, das sich nach Stalin und Hitler benannte und sich ideologisch wohl ebenso zwischen den Stühlen befindet wie ihr Akronym. Dass Bilal gerne postsowjetische Sujets verwendet, wissen wir schon aus der berühmt-berüchtigten Nikopol-Trilogie, aber auch in Bug 3 verwendet er etwa Lenin und Trotzki Konterfeis als Geister, die ein Blutband ankündigen. Wer hätte gedacht, dass eine Rückkehr grundlegender Ideologien des 20. Jahrhunderts auch im 21. Jahrhundert noch Realität werden würde?, fragt sich eine Figur in vorliegendem Band 3 des Milleniumsepos "Bug". Denn Bilal hat sich augenscheinlich bei dem Y2K-Phänomen der Jahrtausendwende Anleihen genommen.

Dystopie in stürmischen Zeiten

Beeindruckend sind wie immer die Zeichnungen Bilals, die einen in eine völlig andere, noch verrücktere Welt entführen und vielleicht das vorwegnehmen, was uns noch bevorsteht. Denn es könnte durchaus sein, dass die Zukunft nicht nur ein energietechnisches Blackout für uns bereit hält, sondern auch ein elektrotechnisches. Die Abhängigkeit von der Elektronik bezieht sich ja nicht nur auf unsere Handys, die jeder von uns immer bei sich trägt und sich manche sogar auf ihr Nachtkästchen legen, sondern auch unsere Arbeit selbst. Oder können Sie einen Rasenmäher noch selbst reparieren? Enki Bilal zeigt in seiner Dystopie, was alles möglich wird, wenn man nur sein Handwerk nicht aufgibt. Denn nur die werden überleben, die etwas aus den Miseren der Vergangenheit gelernt haben. Kameron Obb ist einer davon und dafür wird er von der ganzen Welt gejagt. Von Geheimdiensten und Mafia zugleich.