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Quentin Tarantino: Jackie Brown

Jackie Brown: Hommage an Black America

Jackie Brown ist eine Hommage an die schwarze Kultur Amerikas, was sich sowohl durch die Wahl der Schauspieler als auch den Soundtrack zeigt. Die Protagonistin, eine Stewardess, die von Pam Grier, einem Blaxploitation-Star der Siebziger, verkörpert wird, muss für den Gangster Ordell Robbie (Samuel L. Jackson) sein Drogengeld aus Mexiko in die USA schmuggeln. Als sie bei einem dieser Transaktionen von Ray Nicolette (Michael Keaton), einem Beamten des ATF, und Mark Dargus (Michael Bowen), einem Detective des LAPD erwischt wird, macht sie einen Deal auf eigene Rechnung. Dabei hilft ihr auch der Kautionsvermittler (bail bonds) Max Cherry (Robert Forster), der sich in sie verliebt hat.

OJs, Erdbeeren und Surfer Girls

Dieser kennt das Schicksal des letzten Mitarbeiters von Ordell, Beaumont Livingstone, den ersterer kaltblütig erschossen hat und will Jackie vor einem ähnlichen Schicksal bewahren: to end dead in a trunk. Selbst bei dieser doch etwas grausamen Szene vergisst Tarantino nicht die notwendige Poesie, indem er das Auto mit Beaumont im Kofferraum auf einem Parkplatz erst mit lauter und dann immer leiser werdender Musik wegfahren lässt und dann wieder auf die Leinwand zurückkehren lässt mit wieder lauter werdender Musik. Die Zeilen, die dazu erklingen: "Hello, my love/I heard a kiss form you/Red magic satin playing near, too" aus "Strawberry Letter 25" von The Brothers Johnson.

Einen ganz besonderen Genuss bereitet Jackie Brown natürlich in der Originalsprache, da zum Beispiel Samuel Jackson als Ordell sich mit einer wirklich besonderen Sprachbegabung ausdrückt. Oder wie Beaumont sich versucht rauszureden, als Ordell ihn dazu überredet in den trunk seines Autos zu steigen ist ein wahrer Genuss und auch Ordells Erklärung für sein Vorgehen gegenüber Louis (Beaumont’s Lament). Nicht nur sein Slang, sondern auch seine Ausdrucksweise und Sprüche sind Legende: so nennt er etwa die dauerbekiffte Melanie Ralston (Bridget Fonda), die bei ihm wohnt, "my li’l blonde surfer girl" oder einfach "spacegirl" und fordert sie auf, für ihn das Telefon abzuheben, obwohl es doch sowieso immer für ihn ist. Der chauvinistische Machismo des Gangsters wird so gehörig auf die Schippe genommen, auch weil Melanie sich immer wieder an Ordell rächt, indem sie den ahnungslosen und etwas stumpfsinnigen Louis Gara (Robert De Niro) für ihre eigenen Ziele einspannt. "Yo, Jumbo, whatsup? " antwortet Ordell am Telefon oder er sagt zu Louis: "I am serious as a heartattack", wenn er ihm mit demselben Schicksal wie Beaumonts droht. Auch gut: "My ass may be dumb but I surely ain’t no dumb ass". Ordell machte auch den Ausdruck OJ für Orange Juice populär, denn er trinkt während des ganzen Films wohl nicht zufällig "screwdriver".

Vinyl Hommage an die Siebziger

Aber auch Jackie Brown steht ihm diesbezüglich um nichts nach. Die schlagfertige Mittvierziger schafft es, beiden Männern - Ordell und Max - ihre Waffen abzunehmen und Ordell, der sie in ihrer Wohnung beseitigen will, einen Deal mit den Worten "I’m gonna unload both of those motherfurckers into you, if you don’t listen. (...) Shut up or I’m gonna shot you up" anzudrehen. In einem späteren Dialog mit Max redet sie über ihre Schallplattensammlung. Max: "But you can't get new stuff on records...". Jackie: "I don’t buy any new stuff at all". Dazu legt sie das Lied von den Delfonics auf, das Ordell später in Max' Auto hört: "Didn’t I blow your mind this time? ". Max ist definitiv verliebt. Auch die Dialoge zwischen Jackie und Max über ihre Haare und das Älterwerden sind hörenswert und zeigen wie witzig das Drehbuchschreiben sein kann. Humor zeigt Tarantino aber in der Szene mit Fonda und de Niro, der wir hier den Titel "Three minutes later" geben möchten. Die Schlussszene wird dann aus drei verschiedenen Perspektiven gezeigt, wofür Tarantino als Regisseur ja auch bekannt ist. Am Ende steht ein verwirrter, verliebt dreinschauender und die Lippen mit Lippenstift verschmierter Max in seiner Bail Bonds Office und sieht Jackie nach. Jackie Brown: eine Hommage an die Siebziger, obwohl der Film im Jahre 1995 spielt und 1997 in die Kinos kam.

In den Extras kann man das ganze Video zu "chicks with guns" sehen, das Ordell im Film benutzt, um seine Waffen anzupreisen. Als weitere Gimmicks gibt es improvisierte Szenen zwischen Michael Keaton und Pam Grier, sowie ein heiße Bettszene mit Max, in der sie beide ihren Plan schmieden. Und zuletzt surft Jackie Brown über die Flughafenrollbahn. Studiocanal veröffentlicht Jackie Brown als DVD sowie als BluRay-Special-Edition. Außerdem ist der Film auch in der Arthouse Close-Up Collection (3 DVDs), der Tarantino Collection Edition (4 DVDs) und Tarantino XX (9DVDs) enthalten.


von Juergen Weber - 27. Dezember 2017
Jackie Brown
Quentin Tarantino (Regie)
Jackie Brown

STUDIOCANAL 2017
Laufzeit: ca. 148 Minuten

EAN 4006680061351