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Éric Warnauts: Zeitenwende: Nach dem Krieg

Als die Welt in zwei Blöcke zerbricht

Nach den beiden Geschichten Zeitenwende: Hund und Wolf und Zeitenwende: Nach dem Krieg erscheint nun Teil 3 der Graphic Novel, die sich mit der Entstehung des Kalten Krieges nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa beschäftigt und die Blockbildung thematisiert, die sich langsam herauskristallisierte. Der sog. zweite Zyklus beginnt im Berlin des Jahres 1947.

Europa nach dem Krieg

Die deutsch-deutsche Grenze existiert schon und genau dort wird ein Mann erschossen, der einen Aktenkoffer bei sich trug, der mit Aufzeichnungen über Gefangene in sowjetischen Arbeitslagern gefüllt ist. Auch Assunta, die Freundin von Thomas ist darin aufgeführt. Thomas hat nach Assuntas Verschwinden die Suche nach ihr nie aufgegeben. Als Lucie ihn schließlich in die gehobenen Kreise des Pariser Nachlebens einführt, ergibt sich eine neue Spur. Doch die Zeit wird knapp, denn der Kalte Krieg hat gerade begonnen. Auch Simone de Beauvoirs Jahrhundertbuch Le Deuxième Sexe ("Das zweite Geschlecht") wird thematisiert, wobei ihre Schriften weit besser wegkommen als deren Verfasserin. Tatsächlich erschien das Buch in Frankreich schon 1949, im deutschen Sprachraum erst Jahrzehnte später. Eine besonders gut gelungene Szene zeigt Assunta, wie sie mit dem Priester diskutiert und ihn sogar als Schwester bezeichnet, "mit seiner verfluchten schwarzen Robe, immer bereit für einen Trauerfall". Als die beiden zum Fenster hinaussehen, springt eine schwarze Katze einer weißen nach und ein Blumentrog zerschellt hinter ihnen.

Pigalle, die größte Mäusefalle

Als die Luftblockade über Berlin vom 11. auf den 12. Mai 1949 fällt, werden die dortigen BewohnerInnen "nicht mehr als Nazis, sondern fortan als Opfer der UdSSR wahrgenommen", wie Raives lakonisch schreibt. Er betont auch, dass es die Bundesrepublik war, die sich zuerst gründete und nicht die DDR. Immer wieder zeigen die Autoren auch Frauen, wie sie über Männer reden: "stolz wie Pfauen mit einem Spatzenhirn". Auch der Rassismus wird thematisiert, etwa wenn Roy, ein schwarzer US-Soldat davon spricht, dass ihm die Freiheit, die er in Europa genossen hat, zuhause verwehrt sein wird. Mit einem Besuch am frivolen Pigalle leitet diese Episode gekonnt von der Politik zum Vergnügen und damit auch zur Fortsetzung über auf die man jetzt schon gespannt sein darf.


von Juergen Weber - 25. November 2018
Zeitenwende: Nach dem Krieg
Éric Warnauts
Guy Raives (Illustration)
Barbara Wittmann (Übersetzung)
Zeitenwende: Nach dem Krieg

Panini Comics 2018
64 Seiten, gebunden
EAN 978-3741610028