https://www.rezensionen.ch/joe-shuster-der-vater-der-superhelden/3551769206/

Julian Voloj: Joe Shuster. Der Vater der Superhelden

Betrug an Superman

Der größte aller Superhelden stammt nicht von Krypton, sondern aus Cleveland. Dort entwarfen ihn die beiden Comicfans Jerry Siegel und Joe Shuster Anfang der 1930er-Jahre, als Cleveland neben New York und Chicago die drittgrößte Stadt der USA war und auf der Zugstrecke zwischen den beiden anderen Metropolen lag. Jerry Siegel, der Autor, schrieb schon für die Schülerzeitung auf der Glenville High, darunter auch eine Parodie auf Tarzan und die Fitnesskultur, wie das Autorenteam von "Joe Shuster" recherchierte. Gemeinsam schufen Shuster/Siegel schließlich den fittesten unter allen Superhelden: Superman, den Inbegriff von "Wahrheit, Gerechtigkeit und dem amerikanischen Traum".

Lois und Clark, Lois und Joe

Liebevoll wird die Geschichte um die beiden Erfinder von Anfang an erzählt, denn im Gegensatz zu den Batman-Erfinderin Bob Kane und Bill Finger waren die zwei zeitweise wirklich ein gutes Team. Als Leser der Geschichte erfährt man viele wichtige Details, etwa dass Lois Lane, eigentlich einer gewissen Lois Amster, einer Bürokollegin der beiden, nachempfunden war. Die beiden holten mit Superman aber nicht nur Science Fiction in den Alltag, sondern kämpften damit auch gegen ihre Armut: Papier war damals so teuer, dass der erste Superman auf alten Tapeten und Geschenkpapier entworfen wurde. Als Unterlage hatte sich Shuster das Brotbrett seiner Mutter ausgeborgt. Superman wurde aber auch wegen seinem Alter ego, Clark Kent, geliebt und natürlich auch wegen der Liebesgeschichte zwischen den Dreien.

Freund für’s Leben

Die LeserInnen des Houston Chronicle waren die ersten, die ihn am 16. Januar 1939 als Zeitungsstrip zu sehen bekamen. Weitere 60 Zeitungen folgten bis Jahresende. Aber auch eine Radio- und Fernsehsendung folgten noch in den 1940er-Jahren, so schnell entwickelte sich ein Kult um Superman. Geradezu als obszön muss angesichts der Unsummen, die die Promotoren Donenfeld/Liebowitz damit verdient haben, der Lohn von Shuster/Siegel bezeichnet werden: 130:- US Dollar. Im April 1947 reichten Shuster/Siegel eine Fünf Millionen Dollar Copyright-Klage gegen National Publications ein. Er endete mit einem Vergleich. Die beiden Erfinder von Superman wurden mit 100.000.- Dollar abgefertigt, nachdem sie Zigmillionen für National verdient hatten. Erst 1975 lenkte der Konzern schließlich ein und zahlte eine Pension an die beiden.

"Joe Shuster" ist ein detailreiches Porträt der beiden Erfinder von Superman, das auch von der Enkelin Joe Shusters, der Künstlerin Chelle Mayer, gutgeheißen wird und deswegen mit einem Vorwort von ihr versehen wurde. Außerdem befindet sich ein Essay über Cleveland im Anhang, die Stadt, in der Superman erfunden wurde. Julian Voloj und Thomas Campi ist ein vorbildhaftes Porträt voll guter Ideen und interessanter Recherchen gelungen. 10 von 10 Supermännern für eine Biographie der ganz anderen Art, voller intimer Details, Sozialgeschichte und spannender Fakten über den Kapitalismus und wie er wirklich funktioniert.


von Juergen Weber - 08. Dezember 2018
Joe Shuster. Der Vater der Superhelden
Julian Voloj
Thomas Campi (Illustration)
Joe Shuster. Der Vater der Superhelden

Carlsen 2018
176 Seiten, gebunden
EAN 978-3551769206