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Dylan Jones: David Bowie

Bowie. Ein Rock'n'Roll Leben.

10. Januar 2016 war für viele Popfans ein Tag der Trauer. Die vorliegende Publikation über das Werk und Leben des wohl größten Popstars erschien rechtzeitig vor dem dreijährigen Jubiläum und liefert Interviews mit über 180 Freunden, Rivalen, Lebenspartnern und Familienangehörigen David Bowies, aber natürlich auch eigene Statements über sich selbst. Eine außergewöhnliche Biografie auf mehr als 800 Seiten zeigt das Pop-Chamäleon in all seinen Facetten.

"Rebel, rebel"

Seine expressionistische Geste à la Erich Heckel auf einem seiner letzten Alben, auf dem er seinen größten Erfolg, "Heroes", zitiert, kam in einer Zeit, als noch niemand wusste, dass sich David Bowie bereits von der Welt der Sterblichen zu verabschieden begann. Über ein Gemälde von Frank Auerbach soll er einmal gesagt haben: "So, wie das aussieht, möchte ich mich anhören." Der Multimediaartist Bowie war trotz seiner Anleihen bei anderen Künstlern "seine eigene Schöpfung, sein höchsteigenes Kunstwerk", wie Dylan Jones in dieser mächtigen Monographie schreibt. Der "Junge aus dem Nachkriegs-Brixton" ermöglichte es uns allen, eine neue Perspektive auf die Welt zu bekommen, egal wie gebildet oder einfach wir gerade gestrickt waren. Vielleicht weil seine Mutter Kinoplatzanweiserin und sein Vater Werbebeauftragter bei Barnardo’s war? Für Jones war es so, seit er ihm persönlich 1982 das erste Mal begegnete. Damals drehte er gerade den Vampirfilm "Begierde".

"Rock’n’Roll Suicide"

Dass Schizophrenie in der Familie von David Bowie mütterlicherseits ein weit verbreitetes Krankheitsbild war und Psychiatrie-Aufenthalte seiner Tante Una und Vivienne keine Einzelerscheinungen, erzählt die vorliegende Biografie genauso wie die Geschichte des schizophrenen Halbbruders Terry oder der Freundschaft mit Marc Bolan, mit dem Bowie in den Anfangstagen noch Klamotten in der Carnaby Street geklaut hatte. Oder wie Cherry Vanilla erzählt: "Damals gingen wir nicht ins Fitnessstudio, Tanzen und Sex waren unser Sport. Man konnte sich das Fett von den Rippen ficken. Damals war Sex Ausdruck von Rebellion – Scheiß auf die Kirche, scheiß auf das Establishment, lass uns vögeln." David Bowie sei nur nachts auf die Straße gegangen, weiß wiederum Dana Gillespie und von seinem Drogenkonsum erzählt nicht nur Jayne County: "Er war zu einem Skelett abgemagert und hielt ratternde Monologe, die keinen Sinn ergaben". Die Knorpel in seiner Nase seien vom Koks so zerstört gewesen, dass er es sich von seinem Kiefer entnehmen lassen musste, so County. Rock’n’Roll saved his life, aber vielleicht war der "Rebel, Rebel" ja doch auch ein "Rock’n’Roll Suicide"?

Dylan Jones hat ein Werk geschaffen, das David Bowie in jeder Hinsicht gerecht wird und jederzeit zum Nachlesen einlädt. Weitere InterviewpartnerInnen u. a.: Hanif Kureishi, Paul McCartney, Bono, Madonna, Tony Visconti, Lady Gaga, Elton John, Iman, Angie Bowie, Iggy Pop, Damien Hirst und Bob Geldof.


von Juergen Weber - 13. Januar 2019
David Bowie
Dylan Jones
Friederike Moldenhauer (Übersetzung)
David Bowie

Ein Leben
Rowohlt 2018
Originalsprache: Englisch
816 Seiten, gebunden
EAN 978-3498032418