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Franz Xaver Bea, Jürgen Haas: Strategisches Management

Ein umfassendes Standardwerk über Strategisches Management

Ob globale digitale Trendsetter - wie z. B. Alphabet, Apple oder Microsoft - oder erfolgreiche deutsche Mittelständler - wie z. B. Herrenknecht, Rossmann, Trumpf oder Würth – sie alle sind Unternehmen, welche sich in der Auseinandersetzung mit einer veränderten Unternehmensumwelt und den damit verbundenen Anforderungen an die Unternehmen erfolgreich bewährt haben. Aber warum haben sie sich so und nicht anders verhalten? Wodurch haben sie sich von ihren Konkurrenten unterschieden? Weshalb sind sie mit Krisen anders umgegangen oder haben Chancen schneller und zielgerichteter ergriffen? Das sind typische Fragestellungen, mit denen sich das Strategische Management beschäftigt.

Die beiden Autoren des schon über viele Jahre bewährten Klassikers, Franz Xaver Bea (früherer Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Planung und Organisation, an der Uni Tübingen) und Jürgen Haas (seit ca. 25 Jahren in leitenden Funktionen im Strategiebereich der Deutschen Telekom tätig) vermitteln dem Leser einen umfassenden und aktuellen Wissensstand in allen wesentlichen Bereichen des Strategischen Managements. Beispiele für die Vielzahl von Themen sind Balanced Scorecard und BCG-Matrix, Blue Ocean Strategy und Business Reengineering, CSR und CRM, EVA und EIS, Outsourcing und Strategische Netzwerke, SWOT-Analyse und Shareholder-Value. Dabei wird deutlich, dass es sich neben Planungsthemen u. a. auch um Problemstellungen der Organisation und des Informationsmanagements handelt. Eine größere Rolle spielt zunehmend die Unternehmenskultur, bei der es um die Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensmuster geht, welche das Entscheiden und Handeln der Mitglieder der Unternehmung prägen. Auch hierzu haben unternehmerische Globalisierungsbestrebungen einen beachtlichen Einfluss, da unterschiedliche kulturelle Werte und Normen aufeinandertreffen.

Die Verfasser gehen vom Strategic-Fit-Ansatz aus, der die drei Ebenen Intra-Planungs-Fit, Intra-System-Fit und System-Umwelt-Fit umfasst, und gliedern ihr Werk, im Anschluss an die einführenden Grundlagen, nach den von ihnen unterschiedenen Subsystemen des Strategischen Managements:

Teil 1 Grundlagen befasst sich mit dem Gegenstand und den Aufgaben des Strategischen Managements sowie mit den Ansätzen der Strategieforschung und deren weiteren Entwicklung.

Teil 2 Strategische Planung setzt sich zuerst mit den Grundlagen der strategischen Planung und der strategischen Zielbildung (Funktionen, Hierarchie und v. a. Kennzahlen) auseinander. Danach wird umfassend die Umweltanalyse behandelt, bei der es um die Sensibilisierung für die Umweltproblematik, die Identifikation der relevanten Umweltsegmente sowie um das Aufspüren von Chancen und Risiken aus der Umwelt geht. Als Ergebnis der folgenden Unternehmensanalyse erhält man ein System von Stärken und Schwächen eines Unternehmens. Ausgangspunkt für die sich daran anschließende Strategiewahl ist die Lückenanalyse. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Vielzahl der Strategiearten zur Schließung der strategischen Lücke sowie die hierbei unterstützenden strategischen Instrumente. Abschließend werden Fragen der Strategieimplementierung bearbeitet.

Teil 3 Strategische Kontrolle bezieht sich auf den die Planung begleitenden kontinuierlichen Prozess. Dieser besteht aus der strategischen Prämissenkontrolle, der Planfortschrittskontrolle und der Kontrolle der strategischen Potenziale. Im Rahmen eines solchen Kontrollsystems müssen die Träger, der Prozess, die Techniken, die Bereiche und die Organisation der Kontrolle festgelegt werden.

Teil 4 Informationsmanagement geht davon aus, dass Informationen einen strategischen Erfolgsfaktor darstellen. Das Management externer Informationen befasst sich mit den Veränderungen der Unternehmensumwelt und setzt hierzu Prognose- und Projektionsverfahren ein, während sich das Management interner Informationen auf Projekte, Potenziale und Prozesse bezieht. Dabei kommen u. a. Wertkettenanalyse, Target Costing, Prozesskostenrechnung sowie die lebenszyklusorientierte Kosten- und Erlösrechnung zum Einsatz. Es wird auch unterstrichen, dass das Informationsmanagement zunehmend durch das Wissensmanagement ersetzt wird und computergestützte Informationssysteme unterstützend herangezogen werden, etwa durch Management-Informationssysteme (MIS), Decision Support Systeme (DSS) und Data Warehouse in Verbindung mit Data Mining.

Teil 5 Organisation macht deutlich, dass die Bedeutung der Organisation für das Strategische Management nicht selten unterschätzt wird. In diesem Zusammenhang sei an die typische Aussage erinnert: "Die Strategie war hervorragend, aber die Umsetzung hat nicht funktioniert." Zuerst werden traditionelle Organisationsmodelle vorgestellt. Danach wird aufgezeigt, dass sich aus Umweltveränderungen neue Anforderungen an die Organisation ergeben, die zu einer Reihe neuer Organisationsmodelle führten: Prozess- und Teamorganisation, lernende und flexible Organisation sowie Kooperation. Beispiele aus der Unternehmenspraxis zeigen, dass Strategieänderungen Strukturänderungen nach sich ziehen (Alfred Chandler: "Structure follows Strategy"), so dass sich ein weiterer Abschnitt mit dem organisatorischen Wandel auseinandersetzt.

Teil 6 Unternehmenskultur unterstreicht die strategische Bedeutung dieses Bausteins und referiert u. a. das Phänomen der Unternehmenskultur, deren Einflussfaktoren sowie die Wirkungen und nur begrenzt mögliche Gestaltung der Unternehmenskultur.

Teil 7 Strategische Leistungspotenziale befasst sich mit den spezifischen Stärken, die es ermöglichen, die Unternehmung in einer veränderlichen Umwelt erfolgreich zu positionieren. Dementsprechend werden hier Ansätze des strategischen Beschaffungsmanagements (z. B. Sourcing-Strategien), des strategischen Produktionsmanagements (z. B. Industrie 4.0 und Lean Production), des strategischen Marketing (z. B. E-Commerce im Rahmen der Multi-Channel Strategie), des strategischen Finanzmanagements (z. B. Going Public), des strategischen Personalmanagements (z. B. Diversity Management) und des strategischen Technologiemanagements (z. B. Pionier- und Imitationsstrategien) erörtert.

Dem Wissenschaftler Bea und dem Praktiker Haas ist der Mix aus einer fundierten wissenschaftlichen Darstellung und einem durchgehend hohen Praxisbezug sehr gut gelungen. Das Konzept wird durch etliche methodisch-didaktische Elemente unterstützt. Hierzu gehören u. a. zahlreiche Beispiele aus der Unternehmenspraxis, eine Vielzahl von Abbildungen und optischen Hervorhebungen sowie Zusammenfassungen und Wiederholungsfragen in jedem der Hauptteile. Damit ist dieses Lehrbuch allen, die sich im Studium und in der Praxis mit den Grundlagen und den weiterführenden Problemstellungen des Strategischen Managements auseinandersetzen wollen, zur Lektüre bestens zu empfehlen.


von Bernd W. Müller-Hedrich - 16. August 2019
Strategisches Management
Franz Xaver Bea
Jürgen Haas
Strategisches Management

UTB 2019
645 Seiten, broschiert
EAN 978-3825287535