Zwei Bücher über Sinti, Roma und andere Angehörige einer oft verfolgten Minderheit
Rom, mit kurzem, nicht mit langem 'o', bedeutet 'Mensch', und der Plural Roma entsprechend 'Menschen'. Als solche möchten sich die Angehörigen dieser Volksgruppe auch betrachtet sehen. Desgleichen die Sinti (Singular: Sinto): In Deutschland stellen sie den größten Anteil der ethnischen Minderheit, die im deutschen Sprachraum, nicht immer zu Unrecht übrigens, als "Zigeuner" tituliert werden. Zu der kniffligen Begriffsfrage später mehr …
Die Diskriminierungen gegen, bleiben wir einmal bei der Bezeichnung, Zigeuner fanden bereits im ausgehenden Mittelalter ihren Anfang und haben sich bis in die heutige Zeit fortgesetzt. Negativer Höhepunkt war die Ermordung von mehr als 100'000 Zigeunern, vorwiegend Sinti, in deutschen Vernichtungslagern. Da diese in der perversen Sicht der Nationalsozialisten als Arier durchgingen, musste für ihre Tötung das Konstrukt bemüht werden, es handele sich um asoziale, nicht in den gesunden Volkskörper integrierbare "Elemente".
Heute versprechen sich Rechtspopulisten von einer Sündenbockstrategie zu Lasten der Roma (der Gruppe, die vor allem im zentralen und südöstlichen Europa die Mehrheit unter dem Minderheitenvolk stellt) handfeste politische Vorteile. Manche, deren Namen es nicht wert ist, an dieser Stelle erwähnt zu werden, faseln davon, "Zigeuner" - in diesem Zusammenhang ist der Begriff eindeutig negativ konnotiert! - wieder in Lagern zu konzentrieren.
Manchmal ist es aber auch ein durchaus vorhandener guter Wille, der seltsame Blüten treibt. In Rheinland-Pfalz etwa dürfen Sinti und Roma nicht mehr Zigeuner genannt werden. Eine Zeitlang wurden sie dann tatsächlich unter der Bezeichnung "mobile ethnische Minderheiten" geführt. Als lebte jeder Roma oder Sinti im Wohnwagen! Es ist ja auch nicht so, dass jeder Deutsche Mercedes fährt und sich ausschließlich von Wurst ernährt. Wohl aber kann man dem deutschen Volk nachsagen, die meisten seiner Angehörigen reisten gerne; gleiches gilt für Sinti und Roma. Der Schlüssel für ein unbefangenes Miteinander liegt im Interesse für die andere Kultur und Lebensweise.
Jetzt aber zur Beantwortung der Frage, ob wir 'Zigeuner' sagen dürfen. Ja, sagt Rolf Bauerdick, Autor des Reportagebandes Zigeuner. Begegnungen mit einem ungeliebten Volk. Es gebe unterschiedliche Gruppen in unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Sprachen und Traditionen; von diesen hätten viele nichts dagegen einzuwenden, wenn man sie als Zigeuner bezeichnet. Nun könnte der Einwand folgen, einem Volk ehemaliger Herrenmenschen gezieme dies nicht. Zumal dessen Nachkriegsregierungen sich jahrzehntelang zierten, Überlebenden oder Hinterbliebenen eine Entschädigung zu zahlen; hauptsächlich aus dem Grund, weil mit Zigeunern, anders als mit nach dem Zweiten Weltkrieg in Israel lebenden Juden, kein Staat zu machen und keine internationale Aufwertung qua so genannter Wiedergutmachung zu erreichen war. 'Zigeuner' aber, findet Bauerdick, dürfen auch Deutsche sagen; vorausgesetzt, das Schicksal - auch das aktuelle - dieses Volks liegt dem Sprecher wirklich am Herzen! Tatsächlich zeigt, wer häufig in den Ländern unterwegs ist, in denen viele Zigeuner leben, in der Regel wenig Berührungsängste mit Angehörigen dieses Volks. Auch nicht in der Sprache.
Wer seine Kenntnisse über Sinti und Roma - und über Jenische, Kaldara, Lowara und weitere Volksgruppen - vertiefen möchte, dem liefert ein vor kurzem erschienenes, sehr kompaktes Buch Gelegenheit. Die Autorin Karola Fings ist Historikerin und Stellvertretende Direktorin des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Ihr Titel Sinti und Roma, ein schmales, aber doch umfassendes und informatives Werk, gibt einen guten Überblick über das Volk und seine Volksgruppen, deren Geschichte vor 1933, den Völkermord der Nationalsozialisten und auch die aktuellen Entwicklungen seit 1945 bis heute.
Fings spricht sich übrigens dafür aus, die Angehörigen des Minderheitenvolks entsprechend ihrer Volksgruppe zu bezeichnen - falls dies möglich ist. Mit dem Oberbegriff "Zigeuner" tut sich Fings schwerer als Bauerdick: Für manche Angehörige sei diese Bezeichnung tatsächlich ein Teil ihrer Identität, für andere nur eine despektierliche Titulierung seitens eines bestenfalls desinteressierten Mehrheitsvolks. Bleibt festzuhalten: Da es sich bei dem Minderheitenvolk um alles andere als eine homogene Einheit handelt, ist bei jeder Pauschalisierung und Generalisierung Vorsicht angebracht. Doch auch in der politischen Korrektheit, siehe Rheinland-Pfalz, lauern Fallen.
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