Neue Nachbarschaften entstehen - Die Renaissance des gemeinnützigen Wohnungsbaus
Die vorliegende Publikation ist die zweite, die sich aktuell dem Zürcher Wohnungsbau widmet. Der Katalog "Zürcher Wohnungsbau 1995-2015" dokumentiert verschiedene Wohnbauten unterschiedlichen Massstabs im Grossraum Zürich, das hier besprochene Buch "Wohngenossenschaften in Zürich - Gartenstädte und neue Nachbarschaften" untersucht die in den letzten Jahren zu verzeichnende Renaissance des gemeinnützigen Wohnungsbaus in der Stadt Zürich. Neben der architektonischen Auseinandersetzung mit den einzelnen Projekten geht Dominique Boudet - Herausgeber der Publikation - auch den treibenden Kräften hinter dem Aufblühen der Zürcher Genossenschaften nach. Wie schon der Untertitel des Werkes "Gartenstädte und neue Nachbarschaften" verrät, liegt der Schwerpunkt des Buches auf den Auswirkungen der neu entstehenden Siedlungen auf den städtischen Raum und die sich wandelnde urbane Gesellschaft.
Das gedruckte Werk zu den Nachforschungen Dominique Boudets erschien bei Parks Books neben der deutschen Ausgabe auch als französische und englische Version. Die unterschiedlichen Publikationen sind nicht nur eine direkte Übersetzung aus dem Deutschen, sondern sind mit einem der Sprachkultur angepassten Titel - "Nouveaux Logements à Zurich - La renaissance des coopératives d’habitat" und "New Housing in Zurich - Typologies for a Changing Society" - versehen.
Die akribische Dokumentation einzelner Projekte, gebaut oder in Planung, untersucht die verschiedenen Bausteine vom Städtebau bis hin zur Typologisierung der Wohnungseinheit. Dabei werden die vorgestellten Bauten und Projekte in sechs Kategorien - Verdichtung, Parkstadt, Grossform, Bestätigung der Strasse, Häuserblock und neue Nachbarschaften - für eine klarere Übersicht gruppiert.
Ausgewählte Siedlungen werden aus zusätzlichen Perspektiven untersucht, um dem Leser die verschiedenen treibenden Kräfte hinter dem Zürcher gemeinnützigen Wohnungsbau näher zu bringen. Zum Beispiel erläutert Felix Bosshard, Präsident der Genossenschaft GBMZ, die Siedlung Klee aus der Sicht des gemeinnützigen Bauträgers, im Text "Die Geschichte einer Eroberung" wird die Entstehungsgeschichte der noch neuen Genossenschaft Kalkbreite dokumentiert und die Alterssiedlung Helen-Keller von Abraha Achermann Architekten wird aus der Sicht der Architekten vertieft untersucht.
Diverse Essays und Interviews von Caspar Schärer, Partrick Gmür, Daniel Kurz, Axel Simon, Peter Ess und Irina Davidovici werden als vertiefende Lektüre zwischen die Projekte eingeschoben, um die Komplexität des genossenschaftlichen Wohnungsbaus aus unterschiedlichen Standpunkten zu durchleuchten.
Abgerundet wird die über zweihundert Seiten dicke Publikation durch eine tabellarische Bestandsaufnahme der gemeinnützigen Siedlungen in Zürich von 2000 bis 2016.
Die These von Dominique Boudet ist, dass die Verdichtung und der Städtebau in der Stadt Zürich durch den Siedlungsbau, oftmals durch gemeinnützige Bauträgerschaften, erfolgt. Neben der umfassenden Dokumentation der einzelnen Projekte untersucht die vorliegende Publikation auch die Verantwortung der entstehenden Siedlungen gegenüber der Stadt und dem öffentlichen Raum und wie mit bestehender Stadtstruktur, wie zum Beispiel der Gartenstadt, künftig umgegangen werden kann. Mit den neuen Genossenschaftsbauten entsteht nicht nur eine weitere Siedlung im bestehenden Gefüge, sondern ein Stück Stadt.
Die umfangreiche und äusserst gelungene Publikation eignet sich als Lektüre nicht nur für Fachpersonen rund um das Thema Architektur, sondern für alle Leser, die sich für den wandelnden Lebensraum der Stadt Zürich interessieren.
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