Werner Bartsch: Desert Birds

Friedhof der Luftfahrzeuge

Am besten könnte man sich den Objekten, die Werner Bartsch mit seiner Kamera festgehalten hat, über das Internet nähern. In Foren, in denen die Benutzer über interessante und teils auch lustige Fundstücke und Kuriositäten diskutieren, die sie über Google Earth finden, sind auch seine Motive immer wieder ein Thema, wenn auch aus der Perspektive aus dem All. Der in Hamburg lebende Werner Bartsch ist Mitglied im Bund Freischaffender Foto-Designer und arbeitet seit langem für internationale Magazine und Agenturen. Für seine Serie "Desert Birds" hat er sich in den Südwesten der Vereinigten Staaten aufgemacht und auf Flugzeuglagerplätzen Bilder von Maschinen eingefangen. Von den Flugzeugen, die entweder ihre Dienstzeitgrenze erreicht haben, nur zwischengelagert sind oder denen die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre die metallenen Flügel an den Boden gebunden zu haben scheint, geht in den gut 110 Bildern eine ganz eigenartige Stimmung aus.

aus Werner Bartsch: Desert Birds
aus Werner Bartsch: Desert Birds
aus Werner Bartsch: Desert Birds

Viele Nutzer besagter Online-Portale bezeichnen die Gelände, auf denen zivile und militärische Flugzeuge zwischengelagert oder abgewrackt werden als Friedhöfe. Sie liegen in der realen Welt oft abseits der großen Städte und Zentren in den Wüsten der USA und sind hunderte Quadratkilometer groß. Genau das ist wichtig, denn den Kunden dieser Orte kommt es darauf an, dass ihre Flugzeuge sicher vor den Einflüssen der Gesellschaft und der Umwelt über einen längeren Zeitraum kostengünstig gelagert werden können. Die Wüsten in Arizona, in denen Werner Bartsch unterwegs war, sind für diesen Zweck ideal.

Und der gespenstische Eindruck, den die vielen mehr oder weniger sorgsam aneinander gereihten Flugzeugrümpfe auf den Betrachter aus dem All machen, ist aus der Bodenperspektive noch viel stärker. Da ist zum Beispiel das Bild "Stranded #3", eine Panoramaaufnahme auf der 11 Flugzeuge deutlich im Licht einer tief stehenden Sonne zu erkennen sind. Der Rumpf, der sich im linken Bildvordergrund vor die Sonne geschoben zu haben scheint, ist verantwortlich für eine Belichtung, die in schwarz-weiß-tönen nur die kargen Pflanzen am Boden hervortreten lässt. Die Flugzeuge sind nur als Silhouetten zu erkennen. Damit ihre Geschichte und ihre Herkunft und Zugehörigkeit auch bei optimalem Licht nicht erkannt werden kann, haben die Arbeiter dieser Friedhöfe die Logos und Marken der Fluggesellschaften abgeklebt. Sie wollen so verhindern, dass die ohnehin streng bewachten Areale keinen Rückschluss auf die wirtschaftliche Situation der Airliner-Kunden ermöglichen. Auch alle Fenster und Öffnungen sind abgedeckt, um dem aggressiven Staub keine Angriffsfläche zu bieten.

In der gleißenden Sonne der Wüste bilden die Flugzeuge einen starken Kontrast zur Landschaft. Ihre stählern glänzenden Silhouetten heben sich ab und schaffen ein Bild von einer einzigartigen Ästhetik zwischen Verfall und Auferstehung. Der Anklang an die Legende aus der Asche seines eigenen Körpers wieder auferstehenden Phönix ist gewollt. Doch ungleich dem Feuervogel, der nach seiner Verbrennung immer wieder in neuem Glanz aufersteht, wartet für einige der Flugzeuge das sichere und endgültige Ende. In seinen Fotografien zeigt Werner Bartsch eine ungewohnte Perspektive auf einen Alltagsgegenstand. Diese geschieht durch das Herausnehmen aus dem gewohnten Kontext - dem Flughafen mit seinen Terminals aus Glas, Stahl und Beton. Angekommen in der Wüste wirken die stählernen Kolosse plötzlich seltsam fremd und schlicht. Die fotografische Technik unterstreicht diesen Eindruck. In fast allen Bildern spielt Bartsch mit Kontrasten und Schärfe, baut geschickt das Licht ein und erzeugt bizarre Eindrücke. Einen ganz bestimmten Blick steuert er durch den Einbau einer Schärfeebene, die zwei Bildbereiche voneinander abgrenzt. Verläuft diese etwa parallel, so sind plötzlich Details zu erkennen, die in den scheinbar im Endlosen verlaufenden Reihen an Flugzeugen sonst einfach untergingen. Der im Kehrer Verlag erschienen Fotoband ist spannend, gelungen und unterstreicht das ambitionierte Programm des Hauses.

Desert Birds
Desert Birds
112 Seiten, gebunden
Kehrer 2010
EAN 978-3868281798

Andy Warhol, eingefangen von Steve Schapiro

"Andy Warhol and Friends" widmet sich in Fotografien und Essays den Factory-Jahren 1965/66 in N.Y.C. und L.A.

Andy Warhol and Friends

Newtons Hommage an seine Heimatstadt

Helmut Newton wuchs in Berlin auf, musste fliehen und kehrte in den Siebzigern zurück nach Berlin, Berlin ...

Helmut Newton - Berlin, Berlin

LIFE in Hollywood

LIFE. Hollywood zeigt in zwei Bänden unveröffentlichte und bekannte Fotos der besten Zeiten die Hollywood je hatte: Das Goldene Zeitalter und New Hollywood im XL Großformat.

LIFE. Hollywood

Ulrich Wüsts Fotografien

Die erste Monografie über Ulrich Wüst, verfasst von Gary van Zante, präsentiert 16 fotografische Serien von 1978 bis 2019. Sie gibt einen umfassenden Einblick in Wüsts Arbeit.

The Presence of Something Past

Eine Fotografie und seine Wirkung

Eine interessante Buchreihe des Schirmer/Mosel-Verlages widmet sich ikonischen Fotografien und ihren Interpretationen.

Blick von Williamsburg, Brooklyn, auf Manhattan, 11. September 2001

Die Bedeutung der Eisenbahn für die gesellschaftliche Entwicklung

Der Kulturwissenschaftler legt in seinem letzten Werk eine umfassende Geschichte der Entwicklung der Eisenbahn und der Moderne vor.

Geschichte der Eisenbahnreise