Brigitte Schwaiger: Wenn Gott tot ist

Fragmente einer zerrissenen Seele

Brigitte Schwaigers erstes Buch, "Wie kommt das Salz ins Meer", verkaufte sich allein im deutschsprachigen Raum über 500'000 mal. Dieser Erfolg, so Benedikt Föger, der Verleger des Czernin Verlags, im Vorwort zu "Wenn Gott tot ist", habe unter anderem zum Vorschein gebracht, dass sie an Depressionen und einer schizoiden Persönlichkeitsstörung litt. Die Autorin hat sich in ihrem autobiografischen Bericht "Fallen lassen" darüber ausgelassen. Und auch in "Wenn Gott tot ist" kommt sie auf ihre Borderline-Erkrankung zu sprechen.

Sie schreibt in diesen unvollständigen Memoiren so wie ein Kind denkt und redet. Und das ist als Kompliment gemeint, denn unser Erwachsenengetue ist nur aufgesetzt, ist reine Fassade.

"Meine Mutter hat ein Parfum, das heisst Chanel 5. Und sie führt ein Tagebuch. Sie hat durchscheinende Nachthemden und einen schwarzen, mit Gold verzierten Rock, den sie aber nicht anzieht, weil er sehr teuer ist. Der Vater hat viele Krawatten und bekommt jedes Jahr zum Geburtstag, zum Vatertag und zu seinem Namenstag eine neue. Auch zu Weihnachten. Der Papa schenkt uns Kindern nichts. Er arbeitet eh das ganze Jahr für uns und sagt: 'Ich schenke euch meine Liebe.'"

Lustig und tragisch, dieses Paar durchzieht das ganze Buch..

Sie wächst katholisch auf und wundert sich über diese eigenartige Lehre ("... und dann die Kirche voller Bilder und Statuen, und es hiess doch: Mache dir kein Bild!"). Sie wundert sich auch über ihre Nazi-Eltern. "Im Geschichtsunterricht lernen wir nichts über Gaskammern, und die Eltern sagen, die Gaskammern seien nach dem Krieg erst von den Amerikanern gebaut worden, sie wüssten das."

Sie heiratet einen Macho-Spanier, trennt sich wieder von ihm und es beginnen die Jahre, "in denen ich nicht begriff und (bis heute) nicht begreife, warum ich leben muss und wozu." Sie leidet unter Depressionen, nimmt ständig Valium, geht zur Therapie, verschweigt jedoch viel.

Sie geht ein Verhältnis mit Friedrich Torberg ein, der einundvierzig Jahre älter ist als sie. Er unterstützt sie, tritt für sie ein. Als er im November 1979 stirbt, fühlt sie sich zuerst befreit und dann verlassen.

Sie landet auf dem Sozialamt, dann in der Psychiatrie. Tabletten und Alkohol. Sie leidet an Wahnvorstellungen, Anfang 2004 zwei Selbstmordversuche. "Der Borderliner", zitiert sie, "sucht sein Leben lang die Liebe, und wenn sie kommt, kann er sie nicht ertragen, er flüchtet."

Brigitte Schwaiger geht mit ihrem Schicksal nicht weinerlich um, sie beklagt sich nicht, sondern notiert, was ihr zustösst, versucht zu fassen, was ist. Sie berichtet unprätentiös, wirkt immer mal wieder fragil und verwirrt und vor allem sehr menschlich.

"Wenn Gott tot ist" ist ein sehr berührendes Buch.

Wenn Gott tot ist
Wenn Gott tot ist
Memoiren
112 Seiten, gebunden
Czernin 2012
EAN 978-3707604245

Rein in den Gatsch

Ein amüsanter Gesellschaftsroman mit spitzen Dialogen und kantigen Pointen. Lesegenuss vom Feinsten.

Damenschach

Der Mann, der Robinson Crusoe wurde

Daniel Defoe verdiente sein Geld als besserer Leichenfledderer bis er die Geschichte eines Todgeweihten las, der sein Abenteuer überlebte: Alexander Selkirk gab das Vorbild für Defoes Romanhelden Robinson Crusoe ab.

Robinson Crusoe

Geschichte der französischsprachigen Literatur

Eine französische Literaturgeschichte für Studenten und interessierte Laien.

Französische Literaturgeschichte

Vorbild Hedy Lamarr

Hedy Lamarr wird in dieser illustrierten Ausgabe dem jüngeren Publikum vorgestellt.

Hedy Lamarr

Bewältigende Sprachgewalt

In "Risse" beleuchtet Klüssendorf die Brüche im Leben eines von Enge, Zorn und Begehren charakterisierten Heranwachsens in der DDR

Risse

AWopBopALooBop­ALopBamBoom: Little Richard

Little Richard erfand nicht nur den Rock'n'Roll, sondern gilt heute als Vorläufer der Queer-Bewegung. Eine neue Biographie zeigt u. a., wer alles bei ihm klaute.

Little Richard