Ein großer Deutscher
Der deutsche Außenminister Walther Rathenau wurde am 24. Juni 1922 in Berlin-Grünewald ermordet. Der Großindustrielle, Bankier, Publizist und spätberufene Politiker fiel einem Anschlag reaktionärer Freikorps zum Opfer. Voraus ging ein überaus bewegtes Leben als Manager, Publizist, Mäzen und Politiker.
Rathenau, Sohn und geschäftlicher Nachfolger des legendären AEG-Gründers Emil Rathenau, zählte zu den bedeutendsten Männern seiner Zeit. Beruflich gelangte er zu großem Reichtum und nahm Einfluss auf die Wirtschaft des ganzen europäischen Kontinents. Von Hause aus Chemiker und Industrieller wurde Walther Rathenau in Berlin als Bankier berühmt. Die Anzahl seiner Aufsichtsratsmandate war legendär.
Der deutsche Kaiser, das Militär und zahllose Unternehmer nutzten Rathenaus Fähigkeiten und Kontakte. Als Jude gesellschaftlich stigmatisiert blieben ihm Aufstieg und Anerkennung allerdings verwehrt. Zudem musste er seine Homosexualität zeitlebens verbergen. Augrund seines aufbrausenden Charakters fiel es ihm schwer, echte Freundschaften zu schließen - Einsamkeit und die Suche nach Liebe prägten Rathenau. Ironischerweise lässt er sich gegen Ende seines Lebens auf eine Beziehung mit einem alternden Nazi ein, der als Verleger von antisemitischen und schwulenfeindlichen Rundbriefen das deutsche Militär geistig aufrichten wollte.
In Erinnerung geblieben ist Rathenau der deutschen Öffentlichkeit in seiner Rolle als Außenminister bei den Verhandlungen um den Vertrag von Rapallo 1992. Durch den Vertrag nahm Deutschland diplomatische Beziehungen zu Russland auf, vereinbarte wirtschaftliche Hilfen und Handelsbeziehungen nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung; beiderseits verzichtete man auf Forderungen aus der Zeit des Krieges und auf den Ersatz von Zivilschäden. Allerdings war er, wie Wolfgang Brenner nachzeichnet, keineswegs der geachtete handlungsfähige Politiker, als den Rathenau sich gern selber sah. Stattdessen fungierte Rathenau zwischen Reichskanzler Joseph Wirth und den verhandlungsführenden deutschen Staatssekretären eher als schmückendes Beiwerk. Die als solche empfundene Demütigung konnte der geltungssüchtige Rathenau nicht verwinden.
Wolfgang Brenner gelingt es meisterhaft, Rathenaus schwierige Persönlichkeit darzustellen, sowie seine vielfältigen beruflichen Leistungen als kritischer Publizist, rastloser Unternehmer und Kunstliebhaber aufzuzeigen. Akribisch zeichnet er Rathenaus Rolle in der Politik seiner Zeit nach. Spannend wie ein Kriminalroman liest sich die detaillierte Geschichte des Mordanschlags, die Brenner offen legt. Wer sich für die ambivalente Person Rathenaus interessiert, ist mit dieser detaillierten Biographie hervorragend bedient.

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