Baldwin von seiner wütenden und seiner zärtlichen Seite
"Baldwin macht mit Worten, was das Meer mit Wellen macht, lässt sie fließen und schlagen, rollen und weichen, sich auftürmen und mit einer Verneigung entschwinden", schrieb Langston Hughes bei Erscheinen des Originals, "Notes of a Native Son", in einer Rezension in der New York Times. Das war 1958. Im Vorwort zu einer Ausgabe des Textes von 1984 schreibt James Baldwin aus seinem französische Exil: "Das braucht Zeit, Jimmy. Das braucht Zeit". In neun weiteren Essays wird in diesem neu erschienen Band die Geschichte des anderen Amerika erzählt.
Across 110th Street
Die USA, seine Heimat, hatte er Richtung Frankreich verlassen. Der Rassismus war dort zwar auch vorhanden - gegen die Algerier - aber für ihn als Ausländer, er war dort der "Amerikaner", zumindest erträglicher. "Ich liebe Amerika mehr als jedes andere Land auf der Welt, und aus genau dem Grund nehme ich mir heraus, es unablässig zu kritisieren." Baldwin musste das sagen, denn viele nahmen ihm seine Kritik an den herrschenden Zuständen in den USA übel, dabei sprach er nur die Erfahrung von mehr als dreihundert Jahren Unterdrückung aus. Ein Essay widmet sich dem Aufwachsen in Harlem, jenem Bezirk New Yorks, der als der schwärzeste gilt. Manche sprechen sogar von einem Ghetto. "Across 110th Street" heißt ein berühmter Song, der sich genau dieser unsichtbaren Grenzen zwischen Schwarz und Weiß widmet: "Harlem is the capital of every ghetto town/Help me sing it". James Baldwin singt dieses Lied, erzählt von den schwarzen Medien des Viertels, dem Amsterdam Star, der People's Voice, Ebony u. a. Es gebe wahrscheinlich mehr Kirchen in Harlem als in irgendeinem anderen Ghetto dieser Stadt und genau dort begann auch die Karriere des Baptistensohnes: als Prediger. Als solcher bemerkt er auch den Hass von Schwarzen auf Juden, die einfach nur den Weißen symbolisierten. "Georgia hat den Scherzen und Harlem den Juden", so Baldwin. Sein nächstes Essay führt ihn dann genau dorthin: "Reise nach Atlanta". In ihm erzählt er die Geschichte der Progressive Party und den "The Melodeers", die wohl heute noch herzhaft über ihre Reise lachen dürften.
"Von einem Sohn dieses Landes"
"I don't eat them either, give me a cup of coffee and a Hamburger", soll Muhammad Ali einmal auf die "freundliche" Aufforderung "Schwarze werden hier nicht bedient" geantwortet haben. Das war damals gang und gäbe und James Baldwin erzählt in der Titelgeschichte, "Von einem Sohn dieses Landes", wie er diesem Standardsatz begegnete. Aber eigentlich geht es in dem Essay nicht nur um den alltäglichen Rassismus in den USA, sondern um den Abschied von seinem Vater. Er gehörte zur ersten Generation in Freiheit, noch seine Großmutter war Sklavin gewesen. Als er stirbt, wird James klar, dass er nie mit ihm gesprochen hat. Seine Bitterkeit, sei nun die seine, schreibt Baldwin, dieselbe die seinen Vater umbrachte, könnte auch ihn umbringen. "Die Erkenntnis, dass seine Grausamkeit, die körperliche wie die seelische, ein Symptom seiner Krankheit war, half uns damals nicht, ihm zu vergeben. (...) Bis jemand begriff, dass er krank war, bestand schon keine Hoffnung mehr auf Heilung." Die ältere Schwester seines Vaters, seine Tante, begleitet ihn zum Begräbnis und ist wohl mehr ergriffen als James selbst, denn sie sieht auch ihr eigenes Sterben, im Sterben ihres Bruders. "Sie gehörte wahrscheinlich zu den wenigen Menschen auf der Welt, die ihn geliebt hatten", schreibt Baldwin über seine Tante, "und ihr ständiger Streit bewies nur ihre starke Verbundenheit". Die Predigt erzählt von einem Mann, "den keiner von uns je gesehen hatte - einen fürsorglichen, geduldigen und nachsichtigen Mann, eine christliche Inspiration für alle, die ihn kannten, ein Vorbild für seine Kinder". Aber er erinnert sich auch an das einzige Gespräch, das er je mit seinem Vater hatte: "Du würdest lieber schreiben als predigen, oder?"
Drei weitere Essays widmen sich seiner Zeit in Frankreich. Die letzte Geschichte erzählt von Baldwins Erfahrungen in einem Bergdorf in der Schweiz, wo Menschen lebten, die damals noch nie einen Schwarzen gesehen hatten: "Ich war einfach ein lebendes Wunder." Voller Einfühlungsvermögen für die von der Welt abgeschnittenen Bewohner des Dorfes, gießt Baldwin seine Überlegungen und Betrachtungen in eine wertvolle Erzählung über Missverständnisse und die alles verbindende Kraft der Liebe. Zehn Essays, die James Baldwin von seiner wütenden und seiner zärtlichen Seite zeigen, Analyse und Argument mit intimen Einblicken.

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