Liebesbeziehungen heute
Soziologen sprechen von Transformationsprozessen und beschreiben die Signaturen der Postmoderne. Fluide geschlechtliche Identitäten sind nur ein Beispiel dafür. Die Lebenswelt in Europa und den USA scheint sich grundlegend gewandelt zu haben. Festgestellt wird zunehmend auch Bindungslosigkeit und Beziehungsunfähigkeit. Neben einer Wiederkehr des antiken Hedonismus, der Fixierung auf den Lustgewinn, scheint es bisweilen so zu sein, als seien vielen Menschen heute stabile Wertordnungen abhandengekommen. Junge Paare wünschen sich sehnlich nicht die Lebensgemeinschaft auf Probe, sondern eine Liebe fürs Leben. Aber sind sie reif dafür? So viele Erwachsene haben reichlich sexuelle Erfahrungen gemacht. Doch sind sie heute wirklich erwachsen? Christopher West analysiert eine Vielzahl von Problemen, die mit der sogenannten sexuellen Revolution verbunden sind und empfiehlt eine Neubesinnung auf Ehe, Familie und das christliche Menschenbild.
Der "Sinn des Leibes" sei verloren gegangen. Es herrsche eine "totale Finsternis". West beschreibt, dass heute Begriffe wie Mann und Frau in eine gänzliche Unschärfe geraten seien. Somit würden Sexualität und Geschlecht "bedeutungslos", die Beziehungen unklar – die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein. Die monogame Ehe wie die sexuelle Differenz würden nicht mehr beachtet. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sollen eingeebnet werden: "Angenommen, ein außerirdisches Wesen aus einer geschlechtslosen Galaxie landet auf der Erde, um den Menschen zu studieren. Käme es aus einer solchen Welt, wäre der Unterschied zwischen Mann und Frau wahrscheinlich das Erste, das ihm auffiele." Die Zeugung zeige die harmonische Wechselwirkung, die in der geschlechtlichen Beziehung besteht. Das Kind ist nicht allein lebensfähig, Mann und Frau stehen in der Verantwortung, es aufzuziehen. Als Dammbruch sieht West die Empfängnisverhütung an, die früher "moralisch verpönt" war, nun aber das Begehren und die Zweisamkeit von der Zeugung entkoppelt. Die Empfängnisverhütung verfinstere den "Sinn für den Leib" und damit auch für Ehe und Familie. West schreibt: "Weise Männer und Frauen im Laufe der Geschichte haben immer verstanden, dass die Fruchtbarkeit das Licht ist, das die sexuelle Beziehung erhellt, und dass ihre Unfruchtbarmachung einen langen Schatten auf die Zivilisation werfen würde." Doch war die sexuelle Revolution nicht ein emanzipatorischer Fortschritt? Wurde eine neue Freiheit in der Liebe und in den Beziehungen möglich. West spricht indessen von zunehmender Treue, zerbrochenen Ehen und Scheidungen: "Trennt man Sex von Babys, so trennt man auch Sex von der Ehe – sowohl im Prinzip als auch in der Praxis. Solange die natürliche Verbindung zwischen Sex und Babys bestehen bleibt, erkennen wir intuitiv, dass der Geschlechtsverkehr die Domäne derjenigen ist, die sich verpflichtet haben, Kinder großzuziehen." Zugleich habe die "Einführung von Verhütungsmitteln" auch zur "Normalisierung von homosexuellem Verhalten" geführt: "Wenn man den Orgasmus von der Fortpflanzung abkoppelt, warum muss der Organismus dann eine Erfahrung sein, die auf das andere Geschlecht beschränkt ist?" Doch diese Überlegung von West ist problematisch, die Argumentation nicht stichhaltig. In der griechischen und römischen Antike waren gleichgeschlechtliche Beziehungen, die Sexualität miteinschlossen, ein stabiler Bestandteil der Lebenswirklichkeit, bis hin zu den unsäglichen Formen der Päderastie, die nicht nur in Philosophenzirkeln stattfand. Der Autor erkennt eher die Auflösung des klassischen Verständnisses von Ehe und Familie und verbindet dies mit einer Zunahme von Partnerschaften, bei denen die Zeugung von Nachwuchs von vornherein ausgeschlossen ist.
Christopher West legt der Leserschaft eine Orientierung am christlichen Menschenbild nahe und verweist auf die Anthropologie, die Johannes Paul II. entfaltet hat. Der Leib des Menschen mache sichtbar, was sonst unsichtbar bleibe: "Dein Leib ist nicht etwas, das du hast oder neben dir besitzt. Dein Leib bist du." Weiterhin führt er aus: "Was wir unserem Körper oder unserer Seele antun, tun wir uns selbst an; und was unserem Körper oder unserer Seele angetan wird, wird uns selbst angetan." Wir seien heute "blind" dafür geworden, dass der Leib ein "Zeichen des Geistigen und Göttlichen" sei: "Unser Körper bzw. unser Leib ist natürlich nicht göttlich. Aber er ist das stärkste Zeichen des göttlichen Geheimnisses in der gesamten Schöpfung. Ein Zeichen ist etwas, das uns auf eine Wirklichkeit jenseits seiner selbst hinweist und uns diese transzendente Wirklichkeit in irgendeiner Weise gegenwärtig macht." Mann und Frau seien aufeinander bezogen, füreinander geschaffen und bestimmt, die als "Ebenbild Gottes" im Sakrament der Ehe miteinander und mit Gott vereint. Das Eheleben sei der Ort, an dem Ehemann und Ehefrau die göttliche Liebe verkörpern sollen: "Die Sexualethik der Kirche beginnt, einen schönen und überzeugenden Sinn zu ergeben, wenn sie in diesem göttlichen Licht verstanden wird. Die Lehre der Kirche ist keine prüde Liste von Verboten. Sie ist ein Ruf, unsere eigene Großartigkeit, unsere eigene gottgegebene Würde anzunehmen."
Christopher West schöpft aus dem Fundus der Lehre der Kirche und aus dem Neuen Testament. Damit legt er einen Gegenentwurf zu zeitgenössischen Moralvorstellungen und auch Moralphilosophien vor. Möchten sich Frauen und Männer von heute darauf einlassen? Eines bleibt festzuhalten: Dass die sexuelle Revolution zu einem Zuwachs an Glück und Zufriedenheit geführt hat, lässt sich empirisch nicht nachweisen. Dass der Verlust von Bindungs- und Beziehungsfähigkeit heute, gleichzeitig verknüpft mit Egoismus und Selbstverwirklichungsfantasien, die es natürlich auch unter religiösen Menschen geben kann und gibt, eine Tatsache ist, die schwerlich geleugnet werden kann, dürfte auch eine zutreffende Diagnose dieser Zeit sein. Christopher West behauptet, dass die modernen Verhütungsmittel keinen Fortschritt darstellen, sondern zahlreiche negative Folgeerscheinungen mit sich bringen. Er legt ausgesprochen unzeitgemäße Gedanken in einem säkularen Zeitalter vor. Wären Männer und Frauen heute glücklich und zufrieden, so müssten sie sich damit wahrscheinlich nicht beschäftigen. Da es sich aber offensichtlich anders verhält, könnte die Lektüre dieses schmalen Bandes durchaus lohnend sein.
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