Und wie sieht der "Ruck" nun aus?
Noltes hier versammelte Aufsätze zur Entwicklung und Zukunft Deutschlands bleiben zu sehr an der Oberfläche. Eine Diagnose ohne Therapie.
Riskante ModerneLobeshymne auf Benjamin Franklin
Morgan legt 300 Jahre nach Benjamin Franklins Geburt eine lesenswerte Biographie vor. Er spart nicht mit Lob - dafür aber mit Kritik.
Benjamin FranklinDas Konzentrations- und Vernichtungslagersystem der Nationalsozialisten
Ein siebenbändiges Werk, das sich eingehend mit dem Konzentrations- und Vernichtungslagersystem der Nationalsozialisten auseinandersetzt. Es verdeutlicht, wie tief Deutschland von dem Terrorsystem durchdrungen war.
Der Ort des TerrorsVorgänge und Verhältnisse in einem I.G. Farben Werk
Eine bemerkenswerte Studie über die Vorgänge und Verhältnisse in einem I.G. Farben Werk während des Nationalsozialismus.
HoechstDer deutsche Bankier
Eine grosse Biographie über den mächtigsten deutschen Bankier des letzten Jahrhunderts.
Der Bankier - Hermann Josef AbsDas Leben des Napoleon Bonaparte I
Eine empfehlenswerte Biographie über den kleinen Korsen mit schwieriger Kindheit, der es bis zum Kaiser brachte.
NapoleonIdentifizierung im Mittelalter
Valentin Groebner untersucht in diesem Buch die Anfänge der Identifizierung von Personen im Mittelalter und deren weitere Entwicklung im Verlauf der Frühen Neuzeit.
Der Schein der PersonDie Alpen - Eine Kulturlandschaft
Werner Bätzing, Professor für Kulturgeographie an der Universität Erlangen-Nürnberg, hat sich mit diesem Buch wahrhaft interdisziplinär mit dem Kulturraum Alpen befasst. Einleitend macht er auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam, der meist vernachlässigt wird: das spezifische Bild, das man - unbewusst - im Kopf hat, wenn man mit Hinblick auf Ökologie, Tourismus, Landwirtschaft oder Politik von den Alpen spricht. Der Autor weist dabei drei historische Alpenbilder nach, die typisch sind für die Naturwahrnehmung der jeweiligen Epochen: als Erstes die schrecklichen, gefährlichen Alpen, die "montes horribiles" der Römer; diese Wahrnehmung der Natur als bedrohlich wird lange aufrecht erhalten. Ab dem Mittelalter entsteht eine neue Sicht, die sich mit Aufklärung, Herausbildung der modernen Naturwissenschaften und schließlich Industrieller Revolution am Ende durchsetzt: die ästhetische Naturwahrnehmung, die schönen, idyllischen Alpen mit ihren scharfen Kontrasten zwischen lieblicher Kulturlandschaft und schroffen Bergen. Im 20. Jahrhundert wandeln sich die Alpen zur Freizeitarena, zur imposanten Kulisse für Bergsteiger und Skifahrer. Heute dominiert nicht mehr ein Alpenbild, sondern jede einzelne der zahlreichen unterschiedlichen Aktivsportarten hat ihre eigene Wahrnehmung der Alpen, und zwar als ideales Sportgerät. Viele Umweltschützer dagegen erheben das romantische Alpenbild des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts - die Alpen als Idylle - zur Norm und aktualisieren das antike Bild der schrecklichen Berge neu, jetzt allerdings, um die Gefahren der Umweltzerstörung auszumalen. Ihr Ideal spiegelt aber nicht die Realität, sondern ist ein Alpenzerrbild, "das alle wirtschaftlichen Aktivitäten in den Alpen ausblendet und verdrängt" (S. 18). Folgenreich ist, dass sprunghafte Naturprozesse, also Bergstürze, Muren, Hochwasser, Lawinen oder Stürme, die man gemeinhin als Naturkatastrophen bezeichnet, aus geographischer Sicht geradezu typisches Charakteristikum des Naturraums Alpen sind. Diese Dynamik ist die zentrale Eigenschaft junger Hochgebirge wie den Alpen und direkt verantwortlich für viele typische Hochgebirgsformen und charakteristische Vegetationsentwicklungen. Denn: "Auf Grund labiler Gesteinsschichtungen, steilem Relief, hohen Niederschlägen, kurzer Vegetationszeit und ausgeprägten Temperaturextremen laufen viele Naturprozesse in Form einer sprunghaften Dynamik [...] ab." (S. 42) Die Alpen wären ohne solche "Katastrophen" nicht die Alpen. Der Sachverhalt fordert allerdings besondere Sorgfalt bei Eingriffen in die Natur. Die Alpen sind in ihrer gegenwärtigen Erscheinung keine Natur-, sondern eine Kulturlandschaft, so beispielsweise die Almen. Die Waldobergrenze entspricht fast in den gesamten Alpen nicht mehr der natürlichen Baumgrenze; sie wurde vom Menschen um ca. 300 Höhenmeter nach unten gedrückt, um die wirtschaftlich wichtigen Almen zu vergrößern. Da aber diese wirtschaftliche Bedingtheit der Kulturlandschaft Alpen auch von engagierten Umweltschützern oft nicht gesehen wird, erhalten "viele richtige Kritikpunkte [...] eine falsche Stoßrichtung" (S. 18). So wiederlegt Bätzing die verbreitete Ansicht, Subsistenzwirtschaft sei natürlicher als die spezialisierte Landwirtschaft mit Produktion für den Markt, extensive Nutzungsformen seien verträglicher für die Natur als intensive, eine Ausweitung der Nutzung gehe automatisch mit einer zunehmenden Umweltzerstörung einher. Die entscheidende Frage ist, wie der Mensch die Alpen nutzt. Ein Schlüsselbegriff ist dabei die "Reproduktion", also Reparatur- und Pflegearbeiten, die zur Stabilisierung jeglicher Kulturlandschaft geleistet werden müssen. Gerade die Natur eines Hochgebirges verlangt dem Nutzer ein großes Maß an Ausgleichs- und Schutzmaßnahmen ab wegen der erwähnten Sprunghaftigkeit. Es gibt also keine an die Natur angepasste oder ihr gemäße Nutzung, sondern jede Nutzung bedeutet einen Eingriff in die Natur und erfordert einen gewissen Aufwand an Stabilisierungsarbeit, um ihre eigenen Ressourcen nicht zu zerstören. Sehr eindrücklich schildert der Autor die verschiedenen Maßnahmen und Regelungen, welche die alpinen Agrargesellschaften trafen, um ihre eigene Subsitenzgrundlage zu erhalten, und die letztlich erst die von uns heute als "Alpennatur" so hoch geschätzte, abwechslungsreiche und teils liebliche, kleinräumige und artenreiche Kulturlandschaft hervorbrachte. Mit dem Niedergang der Landwirtschaft werden vormals genutzte Flächen aufgegeben. Überlässt man diese Flächen nun sich selbst, stellt sich nicht automatisch und schnell "Wildnis" oder gar der frühere Naturzustand wieder her. Je nach Lage können nach Schätzung des Autors die Sukzessionsprozesse Jahrhunderte dauern, bis wieder ein stabiles Ökosystem entstanden ist. Lässt man auf diesen vom Menschen gestalteten Arealen eine ungestörte Naturentwicklung zu, entsteht nach einer vorübergehenden Zunahme der Artenvielfalt für lange Zeit eine sehr artenarme Ersatzgesellschaft, die zugleich ökologisch labil ist. Da einerseits Intensivierung der Landwirtschaft in günstigen Lagen, andererseits Extensivierung oder Aufgabe unrentabler Flächen inzwischen weit vorangeschritten sind, ist eine flächenhafte Labilisierung der Landschaft festzustellen. Nach Ansicht des Autors ist daher eine "Zunahme von menschlich verursachten Naturkatastrophen in den Alpen" unvermeidlich (S. 248). Durch die veränderte bzw. eingestellte Nutzung der Alpenlandschaft ist ihr Ökosystem gegenüber der Vergangenheit deutlich instabiler geworden. Die globale Klimaveränderung kommt hinzu; und so zieht Bätzing das beunruhigende Fazit, "dass die ökologische Stabilität der Alpen in Zukunft nicht mehr gesichert ist." (S. 252). Der besondere Artenreichtum der Kulturlandschaft Alpen wurde vom Menschen im Laufe von Jahrhunderten geschaffen, kann aber bei Verbrachung innerhalb von 5 bis 20 Jahren verloren gehen. Und hier liegt der eigentliche Verlust. Der Autor gelangt zu der deprimierenden Gesamtbilanz: "Die Alpen verschwinden" (S. 314). Nicht in dem Sinn, dass das Gebirge verschwände, aber die Alpengebiete verlieren ihren Charakter als eigenständiger Wirtschafts- und Lebensraum. Die Alpenrandregionen und großen Haupttäler werden "vervorstädtert", die unzugänglichen Gebiete entsiedelt, die bäuerliche Kulturlandschaft verbuscht, die zuvor kleinräumige und vielfältige Landschaft wird eintönig und abweisend, ihre Biodiversität nimmt ab. Natürlich schlägt Bätzing auch Lösungswege vor, sie sind in diesem Buch allerdings nicht detailliert ausgearbeitet. Die wichtigste Botschaft ist hier: Die Alpen brauchen eine gesunde ökonomische Grundlage, die aber keine Monostruktur sein darf. Und: Verschiedenen Alpenregionen der Staaten Österreich, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Frankreich, Italien, Monaco und Slowenien müssen ihre Interessen in Europa gemeinsam vertreten und untereinander kooperieren, am besten im Rahmen der Alpenkonvention, anstatt sich auf die nächste außeralpine Metropole auszurichten. Beispiel für eine derartige Fehlentscheidung sind die Schweizer Kantone Graubünden und Glarus, die beschlossen haben, enger mit der Stadt Zürich zusammenzuarbeiten, anstatt miteinander und den übrigen angrenzenden Alpenregionen. Dies wird nur die beklagte Vervorstädterung beschleunigen. Alpenorte und -täler sollten nicht untereinander konkurrieren, sondern sich über ein gemeinsames Konzept einigen. Bätzing nennt als Beispiel den Ausbau der Transitstrecken durch die Alpen. "Die Konkurrenz zwischen Tirol (forcierter Autobahnbau) und der Schweiz (Bevorzugung der Schiene) sorgte dafür, dass die sinnvolle und vernünftige Schweizer Transitverkehrspolitik immer mehr zum inselhaften Phänomen wurde", anstatt dass man sich gemeinsam in Europa stark gemacht hätte (S. 341). Heute beklagen ja gerade die Tiroler die verfehlte Politik der Vergangenheit, sehen aber nicht, dass man das Verkehrsdesaster selbst verursacht hat. Das Buch von Werner Bätzing beleuchtet die Alpen aus den unterschiedlichsten Richtungen und ermöglicht so einer breiteren Öffentlichkeit, das Gebirge als das wahrzunehmen, was es ist: eine Kulturlandschaft, die als Hochgebirge zwar nicht in weltweiten Dimensionen, aber innerhalb Europas einmalig ist. Bätzing vermittelt so vielfältige Einsichten und Ansichten der Alpen, dass es unmöglich ist, in einer Rezension auch nur annähernd auf alle wichtigen Aspekte einzugehen. Man kann das Werk nur allen Liebhabern dieses Gebirges wärmstens ans Herz legen. Sowohl Menschen, die sich für die Umwelt engagieren, als auch Politiker können hier Denkanstöße finden. Aber auch der Tourist wird Aspekte entdecken, die ihm ein tieferes Verständnis der bereisten Region vermitteln, als das konventionelle Reiseführer vermögen.
Die AlpenEmpfehlenswerte Kurzeinführung in den Konfuzianismus
Konfuzianismus ist die ethisch-politische Lehre des Konfuzius. Sie wurde unter den Herrschern des alten China zur Staatslehre entwickelt. Mit ihr konnten sie über 2000 Jahre lang ihre herrschende Stellung in China behaupten. Konfuzius, einer der grossen Denker des alten China, wird in China K'ung fu-tzu genannt. Dabei ist K'ung der Nachname und fu-tzu eine ehrende Anrede, wie etwa "Meister". Er lebte in einer Zeit, in der die feudale und soziale Ordnung zerfiel und die Herrscher nach Erweiterung von Macht und Territorium strebten. Konfuzius sah in der Vernachlässigung des Zeremoniells und der Ethik den Grund für die Wirren seiner Zeit. Er strebte die Wiederherstellung einer auf Menschenliebe und Achtung vor der Autorität fussenden Feudalordnung an. Im Alter von 50 Jahren wurde er zum Justizminister ernannt und fünf Jahre später zum Premier. Doch seine Ideale konnte er nicht verwirklichen. Später widmete er sich ganz der Lehre, wobei bemerkenswert war, dass er auch Menschen aus dem einfachen Volk unterrichtete und so das bisherige Privileg der Adligen auf Bildung aufhob. Konfuzius starb 479 v. Chr. im Alter von 72 Jahren. Zu seinen Lebzeiten fanden seine Gedanken wenig Beachtung. Erst viele Jahre später wurde die konfuzianische Lehre zur Staatslehre erhoben, denn mit ihr liess sich die autokratische Herrschaft rechtfertigen. Konfuzius wurde daraufhin von vielen Herrschern verehrt. Mit der Instrumentalisierung des Konfuzianismus wurde auch sein Inhalt verändert. Heute wird mit dem Konfuzianismus der erstaunliche Wirtschaftsboom in den asiatischen Ländern erklärt, während Max Weber in ihm vor einiger Zeit noch einen der Hauptgründe für das Zurückbleiben Chinas im internationalen Wettbewerb sah. Hans van Ess legt in seiner Darstellung besonderes Gewicht auf das selbständige Wirken der konfuzianischen Gedanken und der Tradition des Konfuzianismus und bietet damit eine kurze Gesamtdarstellung aus einem Zeitraum von 2500 Jahren. Dabei wird deutlich, dass die gesamte Bandbreite des Konfuzianismus die Gedanken des Gründers weit hinter sich lässt und dass Konfuzianismus nicht ohne weiteres definiert werden kann.
Der KonfuzianismusAmerikanische Geschichte
Für viele verkörpert der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika die grösstmögliche Machtfülle, die einer Einzelperson zukommen kann. Diese Sicht resultiert aus der amerikanischen Verfassung (die Exekutive wird pauschal dem Präsidenten untergeordnet) und aus der hohen Medienpräsenz des Präsidenten. Dabei wird übersehen, dass der Präsident insbesondere innenpolitisch stark in seinen Möglichkeiten eingeschränkt ist. Der mächtige Gegenspieler ist der Kongress. So gestaltet sich der politische Alltag in den USA über weite Strecken als ein Machtkampf zwischen Präsident und Kongress, wobei es eine untergeordnete Rolle spielt, ob die Partei des Präsidenten im Kongress in der Minder- oder Mehrheit ist. Die Fraktionsdisziplin ist, im Gegensatz zu den meisten europäischen Parlamenten, wenig ausgebildet. Wer jeweils mehr Macht auf sich vereinigen kann, variierte in der amerikanischen Geschichte stark und ist zu einem grossen Teil von der Persönlichkeit des Präsidenten abhängig. Jürgen Heideking, der Herausgeber des vorliegenden Buches, ist im März 2000 bei einem Verkehrsunfall gestorben. Trotzdem konnte eine dritte, durchgesehene und aktualisierte Ausgabe erscheinen, betreut von Christof Mauch. Und das ist sehr erfreulich, denn das Buch ist aus geschichtlicher Sicht sehr interessant und ist ausserdem ein spannendes Lesebuch. Auf jeweils etwa zehn Seiten werden sämtliche amerikanischen Präsidenten portraitiert. Dabei wurde der Schwerpunkt nicht auf amüsante Anekdoten, sondern auf eine kritische Deutung der historischen Epochen mit den Leistungen, Versäumnissen oder Fehlentscheidungen des Präsidenten gelegt. Der persönliche Hintergrund des Amtsinhabers wurde auch nicht ausser Acht gelassen. So weicht manch ein vereinfachtes Bild einer differenzierten Betrachtungsweise. Lyndon B. Johnson bleibt nicht nur der machtbesessene Kriegstreiber, der die USA in den Vietnam-Krieg führte, Ronald Reagan nicht nur der Schauspieler der militärisch massiv aufrüstete oder Bill Clinton nicht nur der Präsident, der mit Frau Lewinsky fremd ging. Die Autoren, Spezialisten für die jeweilige Epoche, haben es verstanden, die wesentlichen Ereignisse, bei denen der US-Präsident eine Rolle spielte, zusammenzufassen und die charakterlichen Stärken und Schwächen, sowie die politische Haltung des Präsidenten in Zusammenhang zu bringen. So wird auch die Behauptung, es spiele sowieso keine Rolle, ob ein Demokrat oder Republikaner Präsident wird, widerlegt.
Die amerikanischen PräsidentenDemokratie: Eine Diagnose
Das Gespräch mit Antonio Polito, Korrespondent der La Republica in London, macht Ralf Dahrendorfs Engagement für politische Fragen deutlich. Sehr differenziert legt er die Krisen der Demokratie als Regierungsform in der heutigen Zeit dar. Das Büchlein, aufgeteilt in zehn Kapitel von Globalisierung über Europa und Amerika bis Ethik, liefert eine umfassende Bestandesaufnahme der Demokratie und ist durch die Form als Gespräch sehr angenehm zu lesen. Dahrendorf setzt sich mit den Fragen auseinander, über die insbesondere die Parlamente dringend debattieren sollten, es aber zu wenig tun: - Wie soll mit der zunehmenden "Abwanderung" der Entscheidungsmacht von den nationalen Demokratien im Zuge der Globalisierung umgegangen werden? - Weshalb ist die Bewegung der Globalisierungsgegner eine legitime und ernstzunehmende Folge der Entwicklung? - Wie wird die Europäische Union demokratischer? - Wo bleibt der europäische "demos"? - Ist die US-Demokratie auch heute noch ein Vorbild? - Ist eine Kontrolle der Medien, die eine wichtige Funktion als Vermittler zwischen Politik und Volk haben, nötig? - Populismus als Rückkehr zu Autoritarismus? - Kann in Mehrheitsentscheiden über ethische Fragen bestimmt werden? Solchen und anderen Fragen geht Dahrendorf ausführlich und überzeugend nach. Er sieht einen der grössten Verluste in der zunehmenden Schwächung der Parlamente und in der damit in Zusammenhang stehenden Tendenz, dass Entscheidungen jenseits aller Kontrollen getroffen werden, während die Bevölkerung desinteressiert und apathisch bleibt. Visionen für die Zukunft kommen leider nur ansatzweise zur Sprache, obwohl Dahrendorf diese zweifelsohne hat. Wünscht man sich von dem Buch einen Überblick über die anstehenden Probleme demokratischer Regierungen, ist man nach der Lektüre sicher befriedigt. Der Titel lautet ja auch "Die Krisen der Demokratie" und lässt daher nicht zuviel erwarten.
Die Krisen der DemokratieKlassiker kompakt
Die Auseinandersetzung mit Klassikern gehört zu den Grundlagen eines wissenschaftlichen Faches. Da es ein wohl unmögliches Unterfangen ist, sämtliche Schriften dieser grossen Denker selber zu studieren, ist der Interessierte auf Arbeiten angewiesen, die sich eingehend mit dem Werk eines Klassikers befasst haben und dessen wesentliche Beiträge zu einem Fach auf den Punkt bringen. Solche Zusammenfassungen, Beurteilungen oder Analysen können ebenfalls dicke Bücher werden, es ist aber auch möglich, in recht kurzen Texten die wichtigen Elemente des Werkes zu vereinigen, selbstverständlich mit der Inkaufnahme des Verlustes der ursprünglichen Differenziertheit. So kann die Leserin, der Leser ohne viel Zeitaufwand einiges über die Denkweise, Hauptgebiete, Forschungsprobleme und deren Lösungsansätze der Grössen eines Faches erfahren. Mit den beiden Bänden, Klassiker der Soziologie, hat Dirk Kaesler eine solche Sammlung kurzer Texte herausgegeben. Die meisten Autoren der Beiträge sind Soziologieprofessoren und selber zum Teil nicht unbekannt (z.B. Ralf Dahrendorf, Lewis A. Coser oder Hans Joas). Sie stellen auf jeweils etwa 15 bis 25 Seiten das Leben und Werk eines Klassikers vor. Der Auftrag an die Autoren - in den Worten Kaeslers - war: "..., im Stil einer "dichten Beschreibung" (Clifford Geertz) in das jeweilige Leben und Werk des soziologischen Klassikers einzuführen, dessen zentralen Argumentationslinien, seine Intentionen und seine Wirkungsgeschichte transparent zu machen. Es sollte vor allem deutlich werden, welcher Enstehungskontext für das Gesamtwerk relevant war und für welchen Typus von Soziologie es repräsentativ wurde." (Vorwort Band 1, Seite 7) Man kann sagen, die Autoren haben sich an diese Vorgaben gehalten. Besonders geschätzt habe ich an den Beiträgen, dass, wie es Kaesler sagt, Wert auf den Entstehungskontext des jeweiligen Schaffens gelegt wurde. Die Soziologie ist ja bekanntlich keine Wissenschaft, die in einem geschützten Labor ihr Wissenspotential immer weiter vergrössern kann, indem sie auf den Erkenntnissen der Vordenker aufbaut. Die Themen und der Nutzen der Soziologie steht immer in unmittelbarem Zusammenhang mit der jeweiligen gesellschaftlichen Situation. So ist auch ein Klassiker nicht von seinem Lebensumfeld unabhängig. Das Werk eines Klassikers hat aber Relevanz für die damalige, die heutige und die (vorstellbar) zukünftige wissenschaftliche Soziologie, so Kaesler. Will man sich über das Werk der grossen Denker der Soziologie und deren Relevanz für heute informieren, ist man mit diesen beiden Bänden bestens bedient. Hätte der Herausgeber sich ausserdem noch die Mühe gemacht, ein Sachregister mit den wichtigsten soziologischen Themen und Begriffen zu erstellen, damit zum Beispiel der Student auf der Suche nach den Gedanken eines Klassikers zu einem bestimmten Gebiet schnell fündig wird, wäre der Wert zusätzlich vergrössert worden.
Klassiker der SoziologieEin vorzügliches Nachschlagewerk
Dieses Lexikon versteht sich als Wegweiser durch die Politikwissenschaft und als fachwissenschaftliches Nachschlagewerk. In Zentrum stehen, wie dem Untertitel zu entnehmen ist, Theorien, Methoden und Begriffe, also weniger die Phänomene der Politik selbst. Insgesamt 144 Autorinnen und Autoren verschiedenster wissenschaftlicher Disziplinen haben Beiträge geleistet. Dank der vielfältigen Vernetzung der etwa 1300 Begriffe können ganze Teilgebiete schnell erschlossen werden. Stichwörter werden jeweils in einem ersten Abschnitt kurz erklärt, dann wird genauer auf die entsprechenden Theorien, Konzepte, Ansätze, Methoden und Forschungstechniken, also auf das Instrumentarium, mit dessen Hilfe wissenschaftliche Ergebnisse erzielt werden, eingegangen. Am Ende eines Artikels findet man Verweise auf zusammenhängende, wichtige Stichwörter und je nach Stichwort Literaturhinweise. Wie die Herausgeber es im Vorwort bereits sagen, ist es sehr zu begrüssen, dass dieses empfehlenswerte Werk in die Beck'sche Reihe aufgenommen wurde. Denn sonst ist bei solch umfangreichen Werken meist der Preis eine unangenehme Begleiterscheinung.
Lexikon der PolitikwissenschaftMensch und Natur
Das vorliegende Werk basiert auf einer Ringvorlesung am Historischen Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Beiträge stammen von Experten aus Deutschland und der Schweiz. Die junge Disziplin Umweltgeschichte ist ein weiträumiges und interdisziplinäres Forschungsfeld. Eine allgemeine Definition ist nicht einfach zu finden. Sie könnte etwa - gemäss Wolfram Siemanns einleitendem Beitrag (Umwelt - eine geschichtswissenschaftliche Grundkategorie) - lauten: Die Umweltgeschichte soll die "Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur" erforschen. Eine solche Definition unterstreicht die Komplexität dieser Disziplin. Anstatt sich den Kopf zu zerbrechen, wie denn eine abstrakte Definition lauten könnte, sollte man die Beiträge lesen, denn sie geben ein gutes Bild: Hansjörg Küster Die wissenschaftliche Botschaft der Umweltgeschichte für den Umgang mit der Natur, Umwelt und Landschaft Küster betont die Dynamik und plädiert für ein neues Verständnis von Ökologie, dass nicht auf Zuständen, sondern auf Entwicklung beruht. Rolf Peter Sieferle Nachhaltigkeit in universalhistorischer Perspektive Sieferle entwickelt als erstes sein Konzept von Nachhaltigkeit und wirft dann aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit einen Blick in die Vergangenheit, auf Jäger und Sammler, Agrargesellschaften aber auch auf die industrielle Transformation. Christian Pfister Energiepreis und Umweltbelastung Zum Stand der Diskussion über das 1950er Syndrom Pfister geht der umweltgeschichtlichen These nach, der 1950 einsetzende Schub des globalen Energieverbrauchs sei mit den "Billigpreisen" für fossile Energieträger zu erklären. Franz-Josef Brüggemeier Eine trostlose Gegend? Umwelt im Ruhrgebiet 1800-2000 Laut Brüggemeier kann anhand des Ruhrgebiets gezeigt werden, wie gross Umweltprobleme werden können, aber auch dass deutliche Verbesserungen möglich sind. Ulrike Gilhaus Umweltgeschichte in der Praxis Das Westfälische Industriemuseum Gilhaus befasst sich mit Westfälischen Industriemuseum, ein dezentral organisiertes Landesmuseum für Industriekultur, das für einen neuartigen Museumstypus steht. Winfried Schenk Historische Geographie. Umwelthistorisches Brückenfach zwischen Geschichte und Geographie Schenk positioniert dieses Fach in der Wissenschaftslandschaft anhand der fachspezifischen Fragestellungen und Methoden. Albrecht Lehmann Aspekte populären Landschaftsbewusstsein Lehmann entwickelt vom Standpunkt der Volkskunde eine erfahrungsgeschichtliche Perspektive zum Landschaftsbewusstsein. Joachim Radkau Nachdenken über Umweltgeschichte Radkau setzt sich grundlegend mit der Vereinigung von Geschichte und Natur auseinander.
Umweltgeschichte