Alltag im Dritten Reich
"Wie lebten die Menschen früher?" ist die Basis jeder Beschäftigung mit Geschichte. Alltagsgeschichte beantwortet diese Frage unmittelbar und kann durch das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten mit der heutigen Gesellschaft immer wieder verblüffen. Die Unterschiede zu aktuellen Gepflogenheiten machen dagegen deutlich, dass - zum Teil unbemerkte - Entwicklungen vor sich gehen.
Die Zeit des Nationalsozialismus liegt noch nicht lange zurück, aber im Hinblick auf die alles beherrschende Politik und den Krieg stellt sich auch hier die Frage, was damals anders oder ähnlich war. Das Buch "Und morgen gibt es Hitlerwetter!" ist ein Sammelsurium an Informationen vor allem zum Alltag, aber auch zu Politik und Wirtschaft. Gisela und Hans-Jörg Wohlfromm haben diese Darstellung bewusst gewählt und stellen die verschiedenen Beiträge in beliebiger Reihenfolge vor, um die Fakten für sich sprechen zu lassen.
Das Buch ist unterteilt in drei Abschnitte zu den Themengebieten Alltag im Reich, die Partei und ihr Führer sowie Kriegssplitter. Aufgenommen wurden neben kurzen Abhandlungen und Begriffserklärungen auch Zitate aus Zeitungen, Berichten oder Korrespondenz, Liedtexte sowie Listen mit Statistiken und anderem. Ergänzt werden die Textteile durch zahlreiche Abbildungen.
Eine Reihe verschiedener Sujets zeigt der Teil "Alltag im Reich" auf: die Erklärung für die Einführung der Eintopfsonntage oder des ADEFA-Zeichens im Textil-Einzelhandel; Abbildungen sowohl der Sütterlin- als auch der Normalschrift; Leseempfehlungen für Beamte, die Entwicklung der Studentenzahlen, Nahrungskonsum, Firmensignete oder Sopade-Berichte zur Judenverfolgung. Über die Partei und den Führer erfährt der Leser, wie viele Attentate auf Hitler verübt wurden, wie Teile des Parteiprogramms lauteten oder welche First Ladys es gab. Hier lernt man auch Witze über Hermann Göring, Rudolf Heß, Josef Goebbels oder Hitler kennen und wird auf den Zusammenhang zwischen Göring und dem Getränk Jägermeister hingewiesen. Dazu kommt u.a. eine Liste der Intelligenzquotienten von Gefangenen in Nürnberg. Der dritte Teil, "Kriegssplitter", umfasst Dinge wie die Gaueinteilung, die britischen Regeln im Falle einer Invasion, Mickey Mouse, Rüstungsproduktion, die USA aus NS-Sicht, Kollaborateure, deutsche Fanta und die Bedienung von Panzerfäusten. Im Anhang finden sich unter anderem die Anmerkungen mit zahlreichen Literaturhinweisen.
Die Sammlung des Historiker-Paares Wohlfromm erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jedoch kommen auch Themen vor, die in anderen Zusammenhängen selten erwähnt werden, wie z.B. der Umgang mit Menschen anderer Hautfarbe oder Hitlers Beschäftigung selbst mit Kleinigkeiten wie der Rechtschreibung. Es wurden auch Beiträge aus der Nachkriegszeit aufgenommen, die z.B. Aufschluss über Namensänderungen, die Gefangenen von Nürnberg oder das Verhalten österreichischer Neonazis geben.
Ansonsten finden diejenigen, die sich schon mit dem Nationalsozialismus beschäftigt haben, viel Bekanntes und möglicherweise wenig Kurioses. Leider fehlt ein Sachregister, das eine Nutzung des Buches als Nachschlagewerk und Wegweiser zur Literatur erleichtern würde. Für viele Leser hält die Sammlung jedoch sicher Interessantes bereit, wenn man die kurzen Beiträge durchblättert. Ein Werk zum Durchlesen ist "Und morgen gibt es Hitlerwetter!" nicht, aber es kann zum Nachdenken über den Alltag im Nationalsozialismus anregen.
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