Reportagen aus der Türkei
Christiane Schlötzer schrieb seit dem Jahr 2001 für die Süddeutsche Zeitung Reportagen aus der Türkei, die nun in diesem Band nochmals veröffentlicht werden. Was bei einem Artikel in einer Tageszeitung nicht so sehr auffällt, in einem Buch aber etwas enttäuscht, ist die Kürze all dieser Berichte. Kaum hat man Lust auf ein Thema bekommen, ist es schon zu Ende. Bei manchen mag das trotzdem reichen, bei anderen, wie den Reportagen über die Megastadt Istanbul, über die Hauptstadt Ankara oder die Kurden leider nicht. Die Rolle des Islam für die türkische Gesellschaft kommt etwas zu kurz mit nur drei Reportagen - eine über einen Istanbuler Selbstmordattentäter, eine zu Frauen in der Moschee und eine unter dem Titel "Kopftuch und Minirock".
Dafür gibt es viele Beiträge zu ungewöhnlichen Themen, wie den über eine ostanatolische Schülerzeitung oder einen Istanbuler Karikaturisten. Dass die Türkei ein Zentrum der Marken-Piraterie ist, weiß man wohl, doch dass die Hälfte aller dort verkauften Bücher Raubdrucke sind und die Gerichte die Problematik dieses Diebstahls geistigen Eigentums nicht einmal erkennen, verwundert dann doch. Auch dass 1888 knapp ein Prozent der Istanbuler Bevölkerung afrikanische Sklaven waren, weiß nicht jeder, auch nicht jeder Türke. Gern hätte man noch mehr erfahren über das Leben der Menschen "im toten Winkel" an der immer noch geschlossenen türkisch-armenischen Grenze (S. 85) oder über die "intensiv gelebte Doppelmoral" (S. 157) mancher islamisch-konservativer Ehemänner.
Dass die meisten Türken auch kleine Fehler nicht gerne zugeben, dafür umso schneller beleidigt reagieren, ist vielleicht schon manchem Touristen aufgefallen. Dass dies aber, wie nicht nur die Reportagen in diesem Buch zeigen, auch wichtige Politikbereiche betrifft - die afrikanischen Sklaven, den Genozid an den Armeniern, die Zerstörung kurdischer Dörfer durch die türkische Armee, die Unterdrückung der Kultur ethnischer Minderheiten - zeigt auch, wie schwer sich diese Gesellschaft noch immer mit Meinungspluralismus und Selbstkritik tut.
Insgesamt: Das Buch ist spannend geschrieben und abwechslungsreich. Man liest es in einem Stück innerhalb weniger Stunden durch und hat danach das Gefühl, etwas mehr über die Türkei zu wissen als vorher.
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