Der Krimi-Klassiker
"Some of us have to work to make a living", sagt ein Bauarbeiter zum anderen als "die" Ridgeway in ihrer Limousine vorbeifährt. Englischer Klassenkampf schon im ersten Satz des Films, der 1978 nach einem Krimi von Agatha Christie 1937 entstanden ist. Als Jacqueline de Bellfort (Mia Farrow) ihrer Freundin Lady Linnet Rigdeway (Lois Chiles) ihren Freund Simon Doyle (Simon MacCorkindale) vorstellt, verlieben sich beide sofort ineinander und machen eine Hochzeitsreise nach Ägypten, wo sie nicht nur alleine zu den Pyramiden durch eine leere Landschaft reiten, sondern diese sogar noch zu Fuß besteigen: beides wäre heute längst nicht mehr möglich, zu viele Touristen haben das Land seither schon besucht. Am Anfang des Films steht: der Verrat.
Gewalt und Gesellschaftskritik
Als sich das Liebespaar auf der Spitze der Cheops küssen will, steht schon Jacqueline auf der obersten Stufe der Pyramide und vermiest den beiden ihren honeymoon, denn sie wird noch mehrmals gerade dann auftauchen, wenn sich das Brautpaar besonders nahe kommt. Jacqueline will sich dafür rächen, dass ihr ihre Freundin den Mann ausgespannt hat, aber der Zuschauer ahnt schon irgendwie, dass da etwas nicht stimmt. Als dann bei den Königsgräbern von Abu Simbel auch noch ein Stein auf das Hochzeitspaar fällt und es beinahe erschlägt, nimmt Hercule Poirot (Peter Ustinov) seine Untersuchungen auf, die schließlich zu der fast schon klassischen Plenumsversammlung wird, in der er alle seine Erkenntnisse zusammenfasst und den Schuldigen entlarvt.
Der Klassiker der Filmgeschichte zeigt atemberaubende Aufnahmen der kulturellen Reichtümer Ägyptens (Luxor, Cairo, Abu Simbel, Karnak, Assuan) ebenso wie glänzende Dialoge und köstliche Amüsements und Lebensweisheiten. "Travelling is more important than arriving", heißt es da etwa, was besonders, wenn man in einem Schiff auf dem Nil unterwegs ist, wohl die richtige Einstellung zu sein scheint. "Very very common, and very very effective" meint Jacqueline in einem bissigen Dialog mit ihrer Konkurrentin Linnet oder "I’m enchanted to see you". Neben den Vertretern der bürgerlichen Gesellschaft werden aber auch deren Usurpatoren ironisch kommentiert, etwa wenn James Ferguson (Jon Finch) das Kapital liest, als er ihn fragt, ob der Sessel frei sei. "In this world’s nothing for free", erwidert er auf die Frage nach einer freien Sitzgelegenheit. "I’m observing the decline oft the capitalist system" erwidert er prägnant ironisch, aber gleichzeitig todernst. Die anderen tanzen fröhlich Tango dazu. Und der Marxist ist aufgrund seines Klassenhasses sofort verdächtig.
Pointen mittels Sprachspielen
"Don’t let evil into your heart so easily, it may make a home there", warnt Poirot die rachsüchtige Jacqueline auch "Jackie" genannt. "If love can’t live there, evil will do just as good", antwortet sie kryptisch. Aber Hercule ist um keine schlagfertige Antwort verlegen "Your embarking on a hazardous journey in troubled waters you face who knows what currents of misfortune". Ustinov spielt den Belgier, der Englisch stets mit einem französischen Akzent spricht, voller Ironie und Überzeugung: "On ne tape pas les bouches avec le vinaigre". Aber auch der deutsche Arzt Dr. Bessner glänzt durch witzige Beiträge zur im Film im Original gesprochenen englischen Sprache, wenn er "übermässig" als "outrageous" übersetzt, weil er verdächtig wird. Als Hercule Poirot von einer Schlange im Badezimmer überrascht wird, ruft er aus: "But it will take more than a serpent to interrupt the investigations of Hercule Poirot!" und beendigt die Ermittlungen mit der klassischen Versammlung aller im Speisesaal. Der große David Niven spielt eine wichtige Nebenrolle. Wie der Mörder enttarnt wird? Das ist sehenswert: schon Moliere soll gesagt haben: "La grande ambition des femmes est inspirer l’amour." Am Ende des Films steht: die Liebe.
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