Die lange Hand des Krieges
Können uns Bilder von Kriegsopfern eigentlich überhaupt noch rühren? Oder hat uns die Bilderflut mittlerweile immun gemacht gegen Fotoaufnahmen vom Leiden anderer? Wer sich Zeit nimmt, sich mit Fotos auseinanderzusetzen (sie immer mal wieder, und in verschiedenen Stimmungen, anguckt, sie an sich heranlässt, sich über sie Gedanken macht), weiss, dass es auch in Zeiten, in denen wir mit Bildern zugeschüttet werden, immer wieder Aufnahmen gibt, die uns erreichen, sowohl aesthetisch als auch emotional.
Fotos betrachten ist eine persönliche Sache. Was man in Fotos sieht und in sie hineinliest, hängt unter anderem davon ab, wie und wo man erzogen wurde, und in welcher Zeit man aufgewachsen ist. Anders gesagt: wer zur Zeit des Vietnamkrieges gross geworden ist, wird vermutlich Till Mayers eindrückliche Aufnahmen von Truong Thi Thuy (sie brachte vier Kinder mit Missbildungen durch Agent Orange zur Welt) und ihrer Familie mit anderen Augen ansehen als jemand, der noch nie davon gehört hat, dass amerikanische Bomber jahrelang Gift über die Dörfer versprühten, so dass auch heute noch junge Frauen Angst haben, missgebildete Kinder auf die Welt zu bringen (Am Rande: Mayer schreibt, ganz als ob er an die Beweisführungsideologie der Juristen glaubt, dass es sich bei Truong Thi Thuys Kindern um "mutmassliche" Agent Orange-Opfer handle.). Den Fotos ist eine einfühlsame Geschichte beigegeben, doch leider fehlt, was fast allen Fotobüchern fehlt: Informationen darüber, wie die Bilder entstanden sind.
"Abseits der Schlachtfelder" dokumentiert Schicksale aus elf Ländern. Neben Vietnam sind es Äthiopien, Deutschland, der Irak, Japan, Kambodscha, Myanmar, die palästinensischen Autonomiegebiete, Sierra Leone, die Ukraine sowie die USA.
Die USA? Deutschland? Japan? Ja, die USA, denn da gibt es zum Beispiel den Vietnam-Veteranen Barry Romo, in dessen Kopf der Krieg bis heute nicht zu Ende gegangen ist. Und ja, Deutschland, wo etwa der durch den Zweiten Weltkrieg zum Kriegswaisen gewordene Andreas Kerner lebt, dessen Vater in Kriegsgefangenschaft starb. "Der Verlust schmerzt ihn noch heute", erfahren wir und die Bilder bestätigen dies. Und ja, Japan, wo bis heute Überlebende der Atombombe an Krebs sterben. Auch Sadae Kasoaka hat so ihre Eltern verloren.
Es gehört zu den Eigenarten von Fotobüchern, die sich der Darstellung der Realität verschrieben haben, diese in schwarz/weiss darzustellen, obwohl doch so recht eigentlich die Wirklichkeit farbig ist. "Abseits der Schlachtfelder" macht hier keine Ausnahme. Leider? Schwer zu sagen, es hat sich eben so eingebürgert, man hat sich daran gewöhnt ... und ist nicht immer glücklich damit.
Es spricht sehr für dieses Buch, dass es uns die sogenannten "Kollateralschäden" der Kriege vor Augen führt. Es spricht weiter für diesen schmalen Band, dass er mit einem guten gestalterischen Auge, mit Gespür und Intelligenz hergestellt worden ist. Dazu kommt, dass die Auseinandersetzung mit diesen Bildern und Geschichten nicht nur lohnt, sondern geradezu geboten ist.

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