The Presence of Something Past

Ulrich Wüsts Fotografien

Ulrich Wüst wurde 1949 in Magedeburg geboren, studierte von 1967 bis 1972 an der Hochschule für Architektur und Bauwesen, Weimar, arbeitete von 1972 bis 1983 als Stadtplaner und Bildredakteur und seit 1984 freischaffend als Fotograf. Seine Arbeit hat sozialdoku­mentarischen Charakter in der Tradition der "Anderen Leipziger Schule", die in den 1970er-Jahren in der DDR entstand und für ihre dokumentarischen Fotografien bekannt war. Sein Stil erinnert auch an die "Neue Sachlichkeit", der August Sander zuzurechnen ist, oder die "Düsseldorfer Photoschule" von Bernd Becher und Hilla Becher. In den 1980er-Jahren begann Wüst, eine Reihe von Projekten zu entwickeln, die sich mit der urbanen Landschaft in der DDR auseinandersetzten. Dabei fotografierte er vor allem Architektur, Strassenszenen und Stadtlandschaften. In den letzten Jahren hat Wüst seine fotografische Arbeit auch auf andere Teile Deutschlands und Europas ausgeweitet.

Ulrich Wüst, Dodendorfer Strasse, from MORGENSTRASSE, Magdeburg 1998–2000 © Ulrich Wüst
Ulrich Wüst, Sudenburger Strasse, from MORGENSTRASSE, Magdeburg 1998–2000 © Ulrich Wüst
Ulrich Wüst, HELLERSDORF. Berlin 1998 © Ulrich Wüst
Ulrich Wüst, Kraatz 2018, from RANDLAGE. Die Gemeinde Nordwestuckermark/VILLAGE EDGE. The Municipality of Nordwestuckermark © Ulrich Wüst
Ulrich Wüst, Schapow 2018, from RANDLAGE. Die Gemeinde Nordwestuckermark/VILLAGE EDGE. The Municipality of Nordwestuckermark © Ulrich Wüst
Ulrich Wüst, Palast der Republik. Berlin, April 1985, from NOTIZEN/NOTATIONS, 1984–1986 © Ulrich Wüst

Nun ist die erste Monografie über das Werk von Ulrich Wüst erschienen. Verfasst von Gary van Zante, dem Kurator der Sammlungen für Fotografie, Design und Architektur am MIT Museum, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, bietet das Buch einen umfassenden Einblick in Wüsts Arbeiten und seine Ideen. Es werden 16 fotografische Serien von 1978 bis 2019 vorgestellt, jeweils eingeleitet von einem Text, der den historischen und biografischen Kontext, die Entstehungsweise sowie Gedanken Ulrich Wüsts beleuchtet. Wüst fotografierte zwar vor allem urbane Motive, oft menschenleer, meist schwarz-weiss. Aber nicht nur.

Seine Fotografien zeichnen sich durch Präzision und Klarheit aus. Die Kompositionen sind oft symmetrisch, mit klaren Linien, meist in einer urbanen Umgebung, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken mag. Gänzlich unspektakuläre Motive werden so eingefangen, dass sie eine poetische Schönheit und manchmal beklemmende Ruhe ausstrahlen. Dieser Fokus auf unscheinbare Motive hat in der DDR die Zensurbehörde auf den Plan gerufen, auch wenn eigentlich keine schlüssigen Argumente für eine Zensur sprechen würden, war das Abbilden des Ist verdächtig genug. Aber wieso soll man das Dokumentieren der DDR-Architektur verbieten? Das wäre ja an sich schon ein komisches Zeichen. Wüst tat nichts Illegales oder Provozierendes. So blieb er unbehelligt bis Mitte der 1980er-Jahre, ab dann wurde aber seine Arbeit nicht mehr zugelassen. Das lag wohl nicht zuletzt an seiner Serie "Die Pracht der Macht", die sich damit beschäftigt, wie sich Macht architektonisch und skulptural niederschlägt. Provokation genug.

Das hochwertige Buch zeigt verschiedene Serien von Wüsts Dokumentationen urbaner Landschaften, nicht nur aus der DDR, sondern auch neueren Datums, bspw. aus Magdeburg oder Berlin, sowie Portraitarbeiten oder auch Fotografien von Gegenständen mit inventorischem Charakter. Dadurch, dass nicht nur Fotografien abgebildet sind, sondern in den Texten auch auf Hintergrund und Kontext eingegangen wird, gibt das Buch sowohl dem an Fotografie als auch dem an Geschichte und Kultur interessierten Leser viel her.

The Presence of Something Past
Ulrich Wüst (Fotografie)
The Presence of Something Past
Ulrich Wüst Photographs
320 Seiten, gebunden
Englisch
Kerber 2022
EAN 978-3735605849

Andy Warhol, eingefangen von Steve Schapiro

"Andy Warhol and Friends" widmet sich in Fotografien und Essays den Factory-Jahren 1965/66 in N.Y.C. und L.A.

Andy Warhol and Friends

Newtons Hommage an seine Heimatstadt

Helmut Newton wuchs in Berlin auf, musste fliehen und kehrte in den Siebzigern zurück nach Berlin, Berlin ...

Helmut Newton - Berlin, Berlin

LIFE in Hollywood

LIFE. Hollywood zeigt in zwei Bänden unveröffentlichte und bekannte Fotos der besten Zeiten die Hollywood je hatte: Das Goldene Zeitalter und New Hollywood im XL Großformat.

LIFE. Hollywood

Eine Fotografie und seine Wirkung

Eine interessante Buchreihe des Schirmer/Mosel-Verlages widmet sich ikonischen Fotografien und ihren Interpretationen.

Blick von Williamsburg, Brooklyn, auf Manhattan, 11. September 2001

Edward Hopper: Fenster in die amerikanische Seele

Edward Hopper wurde zum ikonischsten Maler Amerikas und gemeinhin zum Begriff von dem, was wir uns unter "Amerika" vorstellen ...

Edward Hopper New York

Mehr Seele in der Architektur

Durch seine schräge Herangehensweise schafft das Buch einen Raum für neue Ideen und öffnet die Tür zu einer Architektur, die die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen berücksichtigt.

KUNST BAU PUNK