Ein Buch wie ein Ticket in eine längst vergangene Epoche
Es gab eine Zeit, in der das Reisen noch ein Abenteuer war. Von dieser Zeit erzählt dieser Prachtband aus dem Taschen-Verlag, der nicht nur Abbildungen von Schiffsplakaten, Fotos von Grand Hotels und die wichtigsten Reiserouten enthält, sondern auch eintauchen lässt in eine Welt, in der das Reisen auch ein Kulturaustausch war und nicht nur Tourismus. Aber schon Mark Twain soll sich über die immer gleichen Ausführungen seines Dragoman beschwert haben. Das aus dem Arabischen stammende Wort Dragoman stammt von turjuman und bedeutet eigentlich "Dolmetscher". So führte etwa die Entzifferung der Hieroglyphen 1822 durch Jean-Francois Champollion zu einer wahren Ägyptomanie und natürlich hatte auch die Daguerrotypie (die erste Fotographie) und der Ägyptenfeldzug Napoleons (1798) zum ersten touristischen Ansturm auf Ägypten beigetragen. Aber natürlich schrumpfte die Welt schon im 19. /20. Jahrhundert durch die technischen Erfindungen, die die Länder scheinbar immer näher aneinanderrückten: Graf Zeppelin umrundete die Welt 1929 in 20 Tagen und vier Stunden.
Memoires d’un touriste
Auch die Route 66 soll in jenen Tagen (1926) entstanden sein, John Steinbeck hatte ihr in "Früchte des Zorns" ein Denkmal gesetzt. Angefangen hatte "The Grand Tour" aber eigentlich mit Michel de Montaigne, der insgesamt 17 Monate auf Reisen war, davon vier zu Pferde. Der Ire Thomas Nugent habe einen ersten Reiseführer mit dem Namen "The Grand Tour" aber erst im 18. Jahrhundert geschrieben, als auch Johann Wolfgang von Goethe schon in Italien unterwegs war, und Stendhals "Memoires d’un touriste" erschien erstmals 1838. In Calais soll es damals noch einen Zug gegeben haben, der direkt zum Pier fuhr, um sich von dort Richtung Orient einzuschiffen. Leider wurde der Seebahnhof aber 1994 geschlossen. Überhaupt waren Züge damals noch fahrende Paläste, etwa der Train Bleu, wo man Künstlern wie Coco Chanel, Jean Cocteau, F. Scott Fitzgerald oder Peggy Guggenheim begegnen konnte. Die Fahrt von Paris nach Nizza hatte damals allerdings noch 16 (!) Stunden gedauert.
Neapel sehen und staunen
"Il n’y a presque personne qui n’ait souhaité de voir Naples. Pour moi, je l’ai désiré si fort et si longtemps, que je m’étais construit dans la tete un Naples moitié vrai, moitié imaginaire qu’il fallu démolir entièrement", schrieb Paul de Musset über die damals wohl schönste europäische Stadt, Neapel, das selbst seine hohen Erwartungen noch zu übertreffen vermochte. Aber auch Zentraleuropa wurde damals schon bereist, Wien oder Prag genauso wie Karlsbad oder Marienbad und in Budapest konnte man in den famosen Orient-Express, einen Zug direkt nach Istanbul einsteigen. Dass die Reisenden natürlich auch die Länder veränderten, die sie besuchten, zeigt etwa die Geschichte von den Mumienhändlern Kairos, die tatsächlich Mumien von der Straße weg verkauften, wie beeindruckende Bilder in diesem Fotoband zeigen. Auch die Pyramiden, die zum Schauplatz prächtiger Hollywood-Filme wurden, waren damals noch begehbar. "A step is full as high as a dinner-table", soll sich Mark Twain über die Höhe der Stufen der Gizeh-Pyramide beklagt haben. Auch in der Verfilmung von Agatha Christies Roman "Tod auf dem Nil" (1978, mit Peter Ustinov als Poiret) wird den Schauspielern dieses Vergnügen noch zuteil. Der Großvater von Ustinov, Baron Ustinov, war übrigens an der Gründung des American Colony Hotel (1902) beteiligt. "Non è il mondo che sia piccolo", sagt der Italiener, "siamo noi, che sono grandi": Es ist nicht die Welt klein, sondern wir sind so groß.
Ein prächtiges Buch, das Mut zum Reisen macht. Die Reiserouten führen nicht nur durch Europa, sondern auch in den Fernen Osten, Russland, Indien oder Amerika. Eine Reise mit vielen prominenten Begleitern sowie wunderschönen alten Werbe-Reiseplakaten, Fahrkarten, Werbezetteln, Broschüren, Speisekarten, Gepäckaufklebern und anderen Ephemera. Ein Buch wie ein Ticket in eine längst vergangenen Epoche des Abenteuers und des großen Staunens: ins Goldene Zeitalter.
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