The singer, not the song
"Is everybody in? Is everybody in? The ceremony is about to begin!" feuert Jim Morrison in seiner "Celebration of the Lizard King" dem Publikum entgegen und ruft unverhohlen zur Revolte auf, die ohnehin nur in einer Katastrophe enden kann. Denn nicht nur Aspekte seiner Texte als Dichter und Songwriter der Doors entstammten der griechischen Tragödie, sondern auch sein Leben (das "strangest life I’ve ever known", wie Jim Morrison es selbst am Ende dieses Biopics von Oliver Stone nennt), dessen Legende der Regisseur zwar mit einigen Hinweisen auf die Impotenz (des anerkannten) Sexsymbols ans Leder will (das, wie man weiß, ja an einer ganz gewissen Stelle in Miami nicht immer alles verbarg), aber ihm dennoch ein würdiges Denkmal als Rocksänger und vor allem Dichter setzt: "I just want to sing the blues, man, get fat, do nothing, go nowhere. Just be."
King of Rock and Cock
Auch Oliver Stone hat sich in seiner Erzählung über den wohl größten Rockstar des 20. Jahrhunderts durchaus an eine poetische Erzählweise gehalten, die, wie gute Prosa, eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss enthält oder anders gesagt: Exposition, Komplikation, Peripetie, Retardation und schließlich: die unvermeidliche Katastrophe. Meisterhaft hat es der von dem Organisten der Band, Ray Manzarek, angefeindete Regisseur verstanden, auch die Songs sowie viele Live-Auftritte der Doors in seine Erzählung einzuweben, sodass deren Poesie sich voll entfalten kann. Auch das restliche Skript ist durchaus mit Humor gestaltet, wie etwa eine der ersten Szenen in Venice Beach, California zeigt: "You got a problem with doors?" fragt Pamela ihren Jim, als er sich zu den Klängen von "Love Street" beim ersten Aufeinandertreffen über ihren Balkon in ihr Zimmer schleicht, um ihr zu offenbaren, dass sie "the one" ist. Ja, er hatte ein Problem mit den Doors.
Pamela und Patricia
Aber es gab da auch noch eine andere Frau in seinem Leben, die Journalistin Patricia Kennealy, die Jim zu dem Schamanen machte, der er gerne sein wollte und seine mystische Seite psychologisch affirmierte. Wäre sein Leben an der Seite dieser Frau anders verlaufen? Schließlich stammte das Heroin, an dem er 1971 in der Badewanne in seiner Pariser Wohnung starb, vom französischen Hausdealer seiner geliebten Pamela "the one" Courson, die es gerne auch mit dem Adeligen trieb. Oliver Stone macht aus Pamela allerdings eher das Opfer, das unter den Sexaffären (Nico im Aufzug) und den Wutausbrüchen des Rockstars litt und sich deswegen in ihre Heroinsucht flüchtete. Val Kilmer stellt Morrison glaubwürdig dar und glänzt nicht nur bei den Live-Auftritten - etwa bei einer fulminanten 5:1-Performance, dem "Smells Like..." der Sechziger, sondern auch in seinen Dialogen. "Girl, we couldn’t get much higher".
Als besondere Extras seien die geschnittenen Szenen erwähnt, die dieser Final-Cut-Ausgabe von Studiocanal beigegeben sind: die Polizistenszene in der Dusche in Miami als Nacktszene, Unknown Soldier , Backdoor Man und viele andere. Ein Must für Doors-Fans und alle Cineasten. Zudem ist dieser Ausgabe noch der Semidokumentarfilm "When you’re strange" von Tom DiCillo (mit Johnny Depp als Sprecher) beigelegt, inklusive einzigartigem, unveröffentlichtem Archivmaterial und ungesehenen Ausschnitten aus einem Kurzfilm von Jim Morrison.
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