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Dimitri Kiselew: Spacewalker

Spacewalker: der Spaziergänger im All

"Nein, Papa, ich bin nicht gerannt, ich bin geflogen." Der Wettlauf ins All während des Kalten Krieges zwischen den USA und der UdSSR wurde 1965 vorerst für die Sowjetunion entschieden: der erste Mensch im Weltraum war Alexei Leonow und der Militärflieger Pawel Beljajew saß am Steuer der Raumkapsel, die die beiden in die Umlaufbahn der Erde brachte. "Spacewalker" ist ein beeindruckender, bildgewaltiger Film, der auf historischen Tatsachen beruht und sogar amerikanische Produktionen desselben Genres in den Schatten stellt, oder sollte man sagen: in den Erdschatten?

An der Nabelschnur im All

An einem Kabel, das aussieht wie eine Nabelschnur, zieht sich Alexei, der erste Weltraumspaziergänger, wieder in die Schleuse der Kapsel hinein, doch er muss noch die Kamera mitnehmen, denn der Schleusenschlauch soll später abgesprengt werden, sobald er sich wieder in der Raumkapsel befindet. Der Raum ist eng bemessen und in der Schleuse kann sich Alexei kaum umdrehen, aber dann muss er noch die Luke von Hand schließen, doch er ist verkehrt, mit dem Kopf voraus, in die Schleuse eingetaucht. Nervenkitzel und höchste Spannung erwarten die Zuseher bei dieser russischen Science-Fiction-Produktion, die trotz der Ernsthaftigkeit des Themas immer wieder Humor und Situationskomik beweist. Der Blick, den Alexei als erster Mensch der Welt auf die Welt wirft, bleibt auch dem Zuseher dieses Films unvergesslich, weswegen man sich "Spacewalker" unbedingt auf einem großen Bildschirm ansehen sollte.

Karrusell-Ritt einmal um die Erde

Besonders beeindruckend ist auch die visuelle Bildsprache dieses Weltraumfilms. Als Alexei bei der Dekomprimierung der Schleuse kurz Weltraumluft einatmet, löst sich ein Speicheltropfen oder eine Träne aus seinem Gesicht und schwirrt über seinem Kopf, darin spiegelt sich der Raumfahrer mit seinem CCCP-Helm und es entsteht eine schöne Mise en abyme, in der sich der Kosmonaut auch selbst von außen wahrnimmt. Rückblenden in seine Kindheit während der Raumfahrt werden am Ende des Films gekonnt zu einem Puzzle zusammengesetzt, das eine wunderschöne literarische Erzählung aus der Geschichte des ersten Weltraumspaziergangs macht. Die eigentlichen Schwierigkeiten machte aber nicht die Reise ins All, sondern die Rückreise, denn sie müssen nach erledigter Arbeit noch weitere 22 Stunden im All bleiben und als "Karussell"-Ritt einmal um die Erde drehen. Das Wiedereindringen in die Erdatmosphäre mittels Handsteuerung gehört zu einem der wunderbarsten Momente der Cinematographie, denn sie stellt selbst Kubricks "2001" in den Schatten der leuchtenden Farben der verglühenden Raumschiffteile. Als die Kosmonauten in weißen Dressen im schneebedeckten Wald der Taiga notlanden, greifen sie auf das gute alte Morsealphabet zurück, A-O-A: alles ist in Ordnung. Aber ist wirklich alles in Ordnung?

Besonders wertvoll und sehenswert

Ein mitreißender, visuell sehr prächtig gemachter Film mit einer wunderschönen Bildsprache, den man unbedingt gesehen haben muss. Die Freundschaft der beiden Kosmonauten, Pawel und Alexei, wird auch im letzten Moment, der Szene mit der Leuchtpistole, in eindrückliche Bilder umgesetzt. Großes Gefühlskino, visuell prächtige Umsetzung. Einmalig und unvergleichbar. Erscheint exklusiv im limitierten 2-Disc-Blu-ray-SteelBook inklusive der 3D- und 2D-Version, produziert von Action-Spezialist Timur Bekmambetov ("Hardcore", "Wanted", "Wächter der Nacht - Nochnoi Dozor").


von Juergen Weber - 11. November 2017
Spacewalker
Dimitri Kiselew (Regie)
Spacewalker

capelight 2017
Laufzeit: 137 Minuten
EAN 4042564177213