Von leeren Phrasen und anderen netten Sätzen
Dieses Buch fasst Texte zusammen, teilweise Vorträge, die in den vergangenen zehn Jahren zu unterschiedlichen Themen entstanden. Zwar hat sich Marianne Gronemeyer bemüht, diese fünf großen Abschnitten zuzuordnen: "Sicherheit und Sorge im Alltag", "Lebensphasen unter dem Zwang des Konsums", "Bildung im Angebot", "Widerstand und Anpassung" und zuletzt "Passagen". Dennoch hat die Zusammenstellung etwas Zufälliges. Vieles ist zu kurz angerissen und nicht ausgearbeitet. So ist das Kapitel "Zukunftsfähig durch lebenslanges Lernen" zwar für jeden als Kritik am trostlosen deutschen Volkshochschulwesen erkennbar und verständlich. Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind und wie sich die Autorin sinnvolle Erwachsenenbildung vorstellt, wird nur ansatzweise deutlich.
Sicher enthält das Buch viele gute Ideen und unkonventionelle Ansätze, die sich zu durchdenken lohnen. Die Idee, nicht die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland als das eigentliche Problem zu sehen, sondern die Konsumwut und die daraus resultierende Abhängigkeit von Geld, weist einen Weg, den jeder einzelne gehen könnte. Der Gedanke ist, dass die "Besitzer" eines Arbeitsplatzes gegenüber den "Habenichtsen" nicht wirklich privilegiert, sondern "im Arbeitsprozess drangsaliert und vollständig erpressbar" sind (S. 19). Unsere "Freiheitsspielräume können wir nur zurückgewinnen, wenn wir unseren Geldbedarf einschränken, auch wenn es so scheinen mag, als würden wir Unabhängigkeit durch mehr Geld gewinnen." Mehr Geld hält uns aber in der heutigen, "barbarischen Logik" von fehlenden eigenen Zielsetzungen und gestiegenem Leistungsdruck und Risiko im Beruf gefangen (S. 22). Zu den "unerlässlichen Funktionsprinzipien" der Konsumgesellschaft gehören jedoch "Überabhängigkeit und Überverbrauch" (S. 160), also Suchtverhalten. Somit können aus der Konsumgesellschaft heraus weder Lösungen für Probleme wie Arbeitslosigkeit oder zu großen Verbrauch von knappen Ressourcen gefunden werden, noch ist sie in der Lage, Sucht, auch Drogensucht, wirksam zu bekämpfen.
Speziell über die Schule macht sich die Autorin spannende Gedanken. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Vereinheitlichung durch vorgegebene Lernstandards nicht zu Gerechtigkeit und schon gar nicht zu Chancengleichheit führt, dass aber diese Standards "uns um das Beste bringen, um den größten gesellschaftlichen Reichtum, nämlich die unendliche Verschiedenheit der Menschen und die unbegrenzte Fülle, die in dieser Verschiedenheit zu suchen und zu finden wäre" (S. 81f). Da nämlich jedes Kind anders ist und andere Voraussetzungen in die Schule bringt, ist Chancengleichheit durch Standardisierung der Lernziele nicht zu erreichen.
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