Erkundung der Einsamkeit
"2030 wird Einsamkeit als Epidemie eingestuft sein." Das zweite Buch der schon in The New York Times, Harper's, The Guardian, Marie Claire, The Atlantic, Vogue und Vanity Fair publizierten Graphic-Novel-Verfasserin Kristen Radtke beschäftigt sich in einer Vielzahl grafischer Kompositionen mit dem Thema Einsamkeit. "Seek you" ist gleichzeitig ein Sachbuch wie eine Graphic Novel, persönliche Erfahrung wie wissenschaftliche Untersuchung.
Signal(l) ins All
Der Titel Seek you bezieht sich eigentlich auf die Amateurfunksprache in der CQ zum Code für Kontaktaufnahme wurde. "Ich suche dich" war eine Botschaft in die Weiten des Äthers als es noch kein Wi-Fi oder Facebook gab. Für Kristen Radtke, deren Vater noch zu den Amateurfunkern gehörte, ist es aber vor allem der Code der Einsamkeit, denn wer kommt schon auf die Idee, Fremden eine Botschaft zu schicken? Eben! Nur einsame Menschen verschicken alleine aus ihrem Zimmer Botschaften in die ganze Welt, oder?
Schon damals wurde Einsamkeit zu einer stillen Krankheit, die sich überall leise in unseren Leben ausbreitet und von der niemand spricht. Denn niemand will diese Gefühle der Einsamkeit teilen, gilt es doch als verantwortungslos und vor allem selbstverschuldet, einsam zu sein. Das führte sogar dazu, dass einsame Menschen als potenzielle Attentäter gehandelt wurden, da Einsamkeit auch Paranoia erzeugte. Kristen Radtke erzählt von der Erfindung der Lachkonserven in Sitcoms, die vor allem dazu dienten, dass sich Menschen alleine vor dem Fernseher zu Hause nicht mehr einsam fühlen mussten. Denn die Lachkonserve begleitete sie und leitete sie an, wann in das gemeinsame Lachen einzustimmen sei.
Die amerikanische Gesellschaft zelebrierte außerdem den einzelgängerischen Cowboy, der ein Bild der Einsamkeit verbunden mit Freiheit und Unabhängigkeit kultivierte. "Stiefel mit Sporen, Grenzen erobern und eine Ich-bin-unabhängig-Ideologie bilden die Grundlagen dessen, was 'amerikanisch' ist", schreibt sie. Dabei wüssten wir spätestens seit der Pandemie, dass eine Person, die eine längere Phase der Einsamkeit durchmacht, in einen sog. Hypervigilanz-Zustand übertreten kann.
Die Äffchen Harry Harlows
"Einsamkeit erreicht im Allgemeinen an drei Wendepunkten im Leben ihren Höhepunkt: Ende 20, Mitte 50 und ab 80." Einen großen Anteil ihrer grafischen Einsamkeits-Studie widmet sie schließlich dem Affenforscher Harry Harlow, der Affen für Experimente missbrauchte, in denen er sein eigenes Schicksal widerspiegelte. Während noch der Verhaltensforscher B. F. Skinner seine eigene Tochter zwei Jahre lang in einer Kiste aufzog, sperrte Harlow Babyaffen in Kisten oder ließ sie auf Drahtgestellersatzmütter los. Aber immerhin war das Ergebnis seiner Studien, dass wir lernten, wie wichtig Berührungen und Umarmungen auch für uns Menschen sind. Es ist bemerkenswert, dass Kristen Radtke diesen Zusammenhang - zwischen Forschung und Forscher - herstellt und wie sie ihre persönlichen Erfahrungen mit Einsamkeit in ihr Buch einfließen lässt.
Natürlich muss sich jeder seinen eigenen Reim auf dieses sensible Thema machen, aber eines dürfte ja wohl allen klar sein: "We are no Self-made Men", wie es schon Arnie so treffend ausdrückte. Das Cowboy-Geschäftsmodell des Überlebens dürfte sich spätestens durch die Pandemie erledigt haben. Wir können nur überleben, wenn wir kooperieren. Eine wichtige Graphic Novel, deren Kassandra-Rufe hoffentlich nicht ungehört verhallen …
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