Vergessene Erinnerungen im Scheinwerferlicht
Der kleine Toni schaut durch das Loch in der Decke hinauf und begreift, dass zuoberst im Haus gar nicht Schluss ist. Giuliano Musios Debütroman "Scheinwerfen" beginnt wie ein Märchen. Verborgenes entdecken und in Tiefen vordringen - das können die Weingarts, verfügen sie doch infolge der Initiation, die meist im Alter von etwa 25 Jahren erfolgt, über die Fähigkeit, durch Berühren anderer Menschen, Bilder von deren verdrängten oder in Vergessenheit geratenen Erinnerungen zu sehen.
Packend und in einer schnörkellosen Sprache erzählt der Berner Autor Giuliano Musio von der Macht des Wissens und des Erinnerns. Was geschieht, wenn wir auf einmal durchsichtig und somit durchschaubar sind, und nicht mehr selber darüber entscheiden können, was wir preisgeben und was nicht? Und umgekehrt: Wollen wir von unseren Gegenübern tatsächlich alles wissen?
Während die eine Seite der Familie Weingart glaubt, von einem Fluch belegt zu sein, und sich jegliche Ausübung des Handauflegens verbietet, versteht der andere Zweig, angeführt von Mutter Magda, das Scheinwerfen als Gabe, mit der sich ein florierendes Geschäft machen lässt. Nach dem Tod ihres Mannes Emil führt sie den Familienbetrieb eifrig weiter, ist dabei allerdings auf die beiden Söhne Toni und Julius, sowie auf die Nichte Sonja angewiesen, da sie als angeheiratete Weingart über keinerlei Gabe verfügt.
Das Klientel, das die Praxis der Weingarts aufsucht, ist bunt gemischt: Jemand will wissen, wo der Schlüssel verlegt wurde, andere suchen nach verlorenen Kindheitserlebnissen, während wieder andere ihre Traumata aufzuklären wünschen.
Als auf einmal die kurioseste Figur im Buch, der etwas minderbemittelte Halbbruder Res, Emils unehelicher Sohn, anklopft und ins Geschäft miteinsteigt, gerät einiges durcheinander. Ungewolltes kommt ans Licht und was als eine Art Familienroman begonnen hat, entwickelt sich allmählich zum Thriller. Dass am Ende ausgerechnet Res, der einen so fürchterlich nervt, die stimmigste und stärkste Figur im Buch ist, lässt - in einem positiven Sinn - etwas ratlos zurück. Er, der Antiheld, dem nichts richtig gelingt, ist (gerade auch im Vergleich zu seinen Halbbrüdern Julius und Toni, die manchmal etwas eindimensional auftreten) äusserst präzise dargestellt. Wäre er, der sich eigentlich nur nach Zugehörigkeit sehnt, etwas sympathischer, hätte es auch ein Buch allein über ihn werden können. Allerdings sind Sätze wie "Gut gegoogelt ist schon halb gebumst" mit der Zeit etwas schwer erträglich, da können sie noch so gut zu Res passen.
Dass der Text phasenweise etwas überladen wirkt, ändert nichts an der Tatsache, dass "Scheinwerfen" eine äusserst originelle und dazu noch rasant erzählte Geschichte ist. So schnell legt man das Buch nicht aus der Hand und zurück bleibt die etwas beklemmende Gewissheit, dass das Vergessen unter bestimmten Umständen eben doch eine ganz gute Sache ist.
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