Unglaubwürdige Schicksalsverknüpfungen führen zum Fall
Nach drei ordentlichen Kriminalgeschichten ("Alpenrauschen"(2008), "Nervengift"(2006) und "Verrat in Zürich West"(2005)) wagt sich die Churerin Sabina Altermatt mit "Fallhöhe" an ihren ersten Roman. Das Thema verspricht einiges und erinnert ein klein wenig an "Das Wochenende" von Bernhard Schlink. Personen, die sich einst zwangsläufig nahe gestanden haben, beschliessen, gemeinsam ein Wochenende zu verbringen. Bei Schlink ist der Anlass die Freilassung eines ehemaligen RAF-Mitgliedes, bei Altermatt ein wenig gemässigter, eine Klassenzusammenkunft. Fünfzehn Jahre nach Abschluss des Gymnasiums treffen sich die Mittdreissiger zu einer Wanderung in den Glarner Bergen. Wegen schlechter Ausrüstung und ebenso schlechtem Wetter, endet die als Rundgang gedachte Exkursion in einer Berghütte, in der die einzelnen Beziehungsgeflechte aufbrechen und die Situation eskaliert.
Dass es sich bei den Hauptfiguren um ein besonderes Grüppchen Leute handelt, wird bereits bei den einleitenden Szenen klar, in denen die Personen klassisch und dem Klischee gemäss vorgestellt werden: Marina, lesbische Mutter eines fünfzehnjährigen Sohnes; Eveline, kontrollsüchtig und hysterisch; Fridolin, Anwalt, Vater zweier Kinder und untreuer Ehemann; Adrian, verlobt mit Bindungsängsten und Sandra, aus Kanada angereist, mit dem Ziel, sich nach dem Klassentreffen durch Sterbehilfe von ihrem Krebsleiden erlösen zu lassen. Niemand scheint sich auf die Klassenzusammenkunft zu freuen - warum die Leute überhaupt hingehen, bleibt unklar.
Das Spannungsfeld einer Klassenzusammenkunft ist ein weites und den meisten Leserinnen und Lesern bekannt. Schnell wird in alte Rollen geschlüpft, gruppendynamische Strukturen und Muster verändern sich auch nach Jahren nicht. Bei "Fallhöhe" ist das nicht anders, dabei fällt auf, dass bereits bei der Begrüssung gestichelt und mit Gemeinheiten gefoppt wird, was in Anbetracht der fünfzehn Jahre ohne Kontakt doch erstaunt. Ist es bei solchen Treffen nicht so, dass zuerst ein gewisses Unbehagen dominiert, man eher vorsichtig an die einstigen Bekannten heran geht und sich erst mit der Zeit eine Vertrautheit einstellt, die Raum für alte Konflikte ermöglicht?
Ebenfalls erstaunlich ist, wie schlecht die inzwischen 35jährigen mit den Problemen ihrer Jugendzeit umgehen können (zur Verteidigung der Protagonisten sei gesagt, dass es, glaubt man den Erzählungen, einst tatsächlich ziemlich erschreckend abgegangen ist). Alle scheinen sie noch von den letzten Jahren am Gymnasium traumatisiert und kaum weiter gekommen zu sein. Natürlich ist Adrian auch nach fünfzehn Jahren noch in die sterbende Sandra verliebt, welche trotz Krebs im Endstadium die fünfstündige Wanderung ohne Bedenken mitmacht. Und selbstverständlich ist der Vater von Marinas Sohn ebenfalls im ehemaligen Klassenverband anzusiedeln, nein, nicht Adrian, denn er hatte einen Gummi benutzt, damals, "oder etwa nicht? Oder hatte Marina gesagt, sie nehme die Pille? Er konnte sich nicht erinnern. Auf seiner Stirn bilden sich Schweisstropfen." Bleibt also nur Frido. Marina erinnert sich, als wäre es gestern gewesen: "Er öffnet seine Hose und lässt sie fallen, schiebt ihren Slip zur Seite, stösst sein Glied in sie hinein. Sie schreit auf, drückt ihn mit den Beinen zurück. Es ist zu spät."
Trotzdem kommt es zu einer Art von Happy-End. Alle schreiten lebend aus der Geschichte hervor - sogar Sandra verzichtet auf die lang ersehnte Todesspritze. In den Armen ihres aus Kanada angereisten Dave liegend, schreibt sie Adrian, der einstigen Jugendliebe, eine SMS mit dem Inhalt, "dass sie noch lebe'. Schliesslich stehen die Zeiger der Kirchturmuhr erst auf elf.
Die 1966 geborene Sabina Altermatt mag als Krimiautorin zu überzeugen, mit dem Roman "Fallhöhe" ist ihr der Anschluss an die Krimi-Erfolge leider nicht gelungen. Die einzelnen Schicksale, die beim Klassentreffen zusammen geführt werden, sind zu konstruiert und über weite Strecken einfach zu dramatisch aufgebauscht. Die Geschichte ist schlicht unglaubwürdig.
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