Des Teufels General?
Erwin Rommel spaltet auch 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Meinungen. Gilt er den einen als genialer Militär, zum Teil sogar als Widerstandskämpfer, so bleibt er für andere der hassenswerte Paladin Hitlers. Ralf Georg Reuths große Biographie liegt jetzt als Taschenbuch vor.
Generalfeldmarschall Rommel war der populärste deutsche Soldat des Zweiten Weltkriegs. Als "Wüstenfuchs" gelangte er zu Weltruhm. Fast zwei Jahre lang leistete er den britischen Truppen in Nordafrika erfolgreich Widerstand, brachte sie mit waghalsiger Kriegsführung mehr als einmal an den Rand der Niederlage. Aber wer war Erwin Rommel? An nicht immer wissenschaftlicher Literatur über den "Wüstenfuchs" mangelt es nicht. Vieles davon verherrlichte den kantigen wie eitlen Schwaben. Ralf Georg Reuth hat mit seinem Buch "Rommel - Das Ende einer Legende" am Denkmal gekratzt.
Ein Leben zwischen den Kriegen
Bereits als Junge wächst in Rommel der Wunsch, Offizier zu werden. Er besucht mit eher mäßigem Erfolg die Offiziersschule. Bestenfalls mittelmäßige Eignung zur Menschenführung wird ihm beschieden. Im Ersten Weltkrieg kämpft Rommel als junger Offizier in der Schlacht am Isonzo. Was in elf blutigen Versuchen zuvor über Jahre nicht gelingt, schafft er. In einer verwegenen Aktion nimmt Rommel mit seinen Männern die als uneinnehmbar geltende Stellung in den Dolomiten.
Kapitulation und Niederlage kann der Berufsoffizier nicht verkraften. Die politischen Wirren der Weimarer Republik sind ihm zutiefst zuwider. Als Truppenoffizier steht er zwar weiterhin in Lohn und Brot und muss das Schicksal vieler entlassener Soldaten nicht teilen, aber seine Verachtung für die Politik ist grenzenlos. Dolchstoßlegende, die politischen Wirren der Weimarer Republik und die Unfähigkeit, die Deutschen zu versorgen, lassen Rommel schier verzweifeln.
Hitlers Entwicklung verfolgt Rommel mit Interesse, seine Verehrung für den "Führer" scheint geradezu grenzenlos. Zu Kriegsbeginn ist er eine Zeitlang sogar militärischer Befehlshaber der Führerhauptquartiers, Hitler also ganz nah. Es folgen erfolgreiche Einsätze als Befehlshaber der Panzerwaffe an Ost- und Westfront.
Auf dem Höhepunkt - Der Sieger von El Alamein
Ab Frühjahr 1941 übernimmt er die Befehlsgewalt im deutschen Afrikakorps. In der nordafrikanischen Sahara beginnt ein fast zweijähriges militärisches "Katz-und-Maus-Spiel" mit den Briten. Rommel gelingen erstaunliche Siege. Seine unkonventionelle Taktik setzt dem Gegner massiv zu. Rommel kämpft immer an der Spitze seiner Truppen, was schnelle Reaktionen möglich macht. Andererseits ist er manchmal stunden- oder tagelang nicht zu erreichen und ständig in physischer Gefahr.
Unabhängig vom militärischen Wert der Aktionen - Was bedeuten schon Geländegewinne in der libyschen Wüste? - wird Rommel zum Star der deutschen Propaganda. Keine Wochenschau ohne heldenhafte Berichte, keine Zeitschrift, die seine Erfolge nicht auf dem Titel bringt. Ein ganzer Tross Kriegsberichterstatter bleibt immer in der Nähe des eitlen Generals, der seine Rolle als Kriegsheld nur zu gern annimmt. 1942, in einer Zeit der militärischen Niederlagen, muss Rommel als Ikone der Deutschen Nation, geformt von Goebbels Propagandamaschine, herhalten.
Aber letztlich scheitert der "Kampf um Afrika". Rommel ist innerlich ausgebrannt. Nach einer schweren Verletzung wird ihm, dem Hitler treu ergebenen Feldmarschall, persönlich die Verteidigung des "Westwalls" gegen die zu erwartende alliierte Invasion übertragen. Letztlich versäumt er den "D-Day" auf Grund eines Zufalls.
Das Ende
Von einem Tiefflieger schwer verwundet, muss sich der Kriegsheld in der Heimat erholen. Rommel glaubt längst nicht mehr an den Endsieg, steht aber in ungebrochener Treue zum "Führer". Er weiß Hitler schlecht beraten und glaubt sogar, genug Einfluss auf ihn zu haben, um Hitler zu Gesprächen über einen Friedensschluss bewegen zu können.
In seiner schwäbischen Heimat kommt er in losen Kontakt zur Bewegung des 20. Juli. Auf Grund gelegentlich geäußerter Unzufriedenheit glaubt man, den gefeierten Kriegshelden auf die eigene Seite ziehen zu können. Wie sich herausstellt, ein fataler Irrtum für alle Beteiligten. Rommel lehnt vorsichtig vorgebrachte Anfragen entschieden ab.
Nach dem gescheiterten Attentat fällt sein Name mehrfach in den Verhören der Gestapo. Doch den Helden der Nation anzuklagen, kommt Hitler nicht in den Sinn. Stattdessen zwingt man ihn zum Freitod, um den, scheinbar seinen Verletzungen erlegenen, Generalsfeldmarschall in einem Staatsakt beisetzen zu lassen. In der Bundesrepublik und Bundeswehr wird Rommel zum Inbegriff des ehrenhaften Soldaten, man macht in wiederum zum Denkmal.
Wer war Rommel?
Ralf Georg Reuth ist ein differenziertes und gut lesbares Portrait gelungen. Knapp und kenntnisreich werden die entscheidenden Stationen im Leben des Mustersoldaten dargestellt, ohne sich in Details zu verlieren. Das hebt das Buch ebenso angenehm von anderen Werken ab, wie die faire und zugleich kritische Betrachtung. Wer Rommel vergöttert oder verdammt sehen will, wird mit dem Band nicht gut bedient. Alle anderen schon.
Rommel war ein glühender Anhänger Hitlers und seiner nationalsozialistischen Eroberungsträume. Ohne Zweifel war er ein herausragender Soldat seiner Zeit, auch wenn er als Feldherr alle entscheidenden militärischen Schlachten verlor. Aber als Widerstandskämpfer taugte der zutiefst unpolitische Soldat nicht. Heute ist es eigentlich unvorstellbar, dass der um Land und Nation besorgte General sich letztlich gewaltsam gegen den "Führer" gestellt hätte.
"Den Nationalsozialismus hatte er in seinem Wesenskern nicht verstanden und den Widerstand auch nicht. Insofern steht Rommels Name für Millionen von Deutschen. Gleichsam als Prototyp spiegelt sich in der Person des Feldmarschalls die deutsche Tragödie wider. Dem Führer, der der gedemütigten Nation ihr Selbstbewusstsein wiedergab, ins Verderben gefolgt zu sein und dabei geglaubt zu haben, nichts als die Pflicht zu tun." Eins bleibt sicher: Erwin Rommel wird die Meinungen auch in Zukunft spalten.
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