Literaturgeschichte der Moderne
Drei Bücher, die sich - weit gefasst - mit der deutschsprachigen Literatur der Moderne befassen. Diese beginnt nach der Darstellung Bunzels im Sammelband "Romantik" bereits im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Das Lehrbuch von Dagmar Lorenz befasst sich mit der "Wiener Moderne", einer literarischen Strömung zur Wende des 19. zum 20. Jahrhundert in Wien. Teil der Literaturszene jener Zeit war unter anderem Arthur Schnitzler, mit dem sich Jacques Le Rider im dritten hier besprochenen Buch befasst
Moderne und Romantik
Doch was ist eigentlich die "Moderne"? Bunzel erklärt sie prozesshaft: ein umfassender soziokultureller Umstrukturierungsprozess setzte ein, der mit der funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft in einzelne soziale Subsysteme so weit fortgeschritten war, dass die gesellschaftlichen Teilbereiche selbständig wurden und sich voneinander abschlossen. So auch die Kunst mit der Literatur, die sich zunehmend nicht mehr für andere Zwecke wie dem Lobpreis Gottes oder der Wissensvermittlung einspannen ließ. Die Kunst beansprucht Autonomie und differenziert sich weiter aus. Das Besondere an der Epoche der Romantik ist nun, dass sie die "erste Entdifferenzierungsbewegung der deutschen Literaturgeschichte" (S. 9) war. Programmatisch zeigt sich das in der "progressiven Universalpoesie", die Friedrich Schlegel formuliert hat und die alles Getrennte wieder in Harmonie vereinigen will.
Dem Herausgeber Bunzel gelingt es, diesen großen Bogen der Zusammenhänge auf dem verständlichen Niveau eines Lehrbuchs zu spannen. Die folgenden Aufsätze im Sammelband befassen sich jeweils mit den Unterepochen der Früh-, Mittel- und Spätromantik sowie einzelnen Autoren von den Schlegelbrüdern über Novalis bis Eichendorff. Auch die Schriftstellerinnen bleiben ebenso wie die europäische Dimension der Epoche nicht unerwähnt und erhalten einen eigenen Beitrag.
Für das Studium der Germanistik und insbesondere zur Prüfungsvorbereitung dieser wichtigen Literaturepoche eignet sich dieses Lehrwerk besonders, gerade auch weil die Autoren und ihr Werk in Beziehung zur Romantik gesetzt werden.
Moderne in Wien
Auch in Lorenz' "Wiener Moderne" geht es um den Begriff der Moderne. Hier wird für ein Lehrbuch relativ intensiv auf die fachliche Diskussion eingegangen. Auch die Frage "Warum Wien?" wird versucht zu beantworten. Die Stärke des Buches liegt in der Darstellung der Bewegung des Jungen Wiens mit ihren Schriftstellern wie Schnitzler und Hofmannsthal. Auch dieses Buch punktet damit, die Autoren und ihre literarischen Produkte durch die Folie der Epoche zu betrachten. Hilfreich ist außerdem das umfangreiche Personenregister.
Moderner Schnitzler
Nur mit einem Künstler beschäftigt sich hingegen Jacques Le Rider: Arthur Schnitzler. Doch hierin liegt freilich auch die Stärke des Buches. Nicht nur die sehr bekannten Erzählungen und Dramen "Traumnovelle", "Leutnant Gustl" und "Fräulein Else" werden von Le Rider analysiert, sondern unter anderem auch weniger bekanntes wie "Sterben" und "Das weite Land". Ebenso kommen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zu kurz: Le Rider stellt Schnitzlers Haltung und Verhalten gegenüber dem sich ausbreitenden Antisemitismus und während des Ersten Weltkriegs dar. Die Themen Tod und Geschlechterverhältnisse im Werk Schnitzlers füllen jeweils ein eigenes Kapitel. Auf den Schriftsteller Schnitzler zugeschnitten, bietet die Monographie Le Riders eine willkommene Ergänzung zur umfangreichen Literatur über die Wiener Moderne.
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