Kindheit nach dem Krieg
Als sein Vater aus dem Krieg heimkehrt, hat er kaputte Beine, aber er zeigt seinem Sohn, was man mit einer Kurzschlussschlinge alles anstellen kann, nicht nur wenn man Überlandleitungen reparieren muss. Seine Mutter - "die alte Kaputtmacherin" - zerstört nicht nur die Schlinge ihres Mannes, sondern auch den Prinz Eisenherz Band Nr. 1., den sich der kleine Junge gegen ein Autogramm von dem Catcher Würger eingetauscht hat. Dadurch bekommt er zusätzliche Schwierigkeiten, denn jetzt ist er rückzahlungsunfähig, ein Umstand, der einen in St. Pauli, Hamburgs Rotlichtviertel, schnell mal das Leben kosten kann. In der Nähe der berüchtigten Herbertstraße tanzen die Mädchen "Kann Kann" oder heißt es doch "Komm Komm"? Der kleine Kalle und seine Freunde machen allerhand Streiche und stellen so ihr Viertel vor, in dem sie in den Vierzigern des vorigen Jahrhunderts mit einer Sprache aufwuchsen, die sich auch heute noch gewaschen hat.
Betty Koketty und ihre Brut
"Du bist eine undankbare Kanalratte", "Ganalratte is rigdig - aber nich undagbar", antwortet Arnold Kalles Vater Ludwig, der eine inzwischen dick geworden, der andere immer noch so ein "Hänfling". "Betty Koketty" macht sich mit ihrem Sohn Kalle auf die Suche nach den beiden Schnapsdrosseln, geht von Kneipe zu Kneipe und findet sie schließlich bei Frieda & James. Schließlich trinkt sie selbst ein Glas Bier und merkt, wie gut es schmeckt und alle Sorgen verblassen lässt. "...wenn du hüt schon schwänzen tust, watt schall den laater ut di warrn?", ruft die Nachbarin des Schanzenviertels dem kleinen Kalle nach, als sie ihn vor dem Schranken in der Herbertstraße sieht. Lupus Schneider alias Würger hat trotz der harten Schale, einen weichen Kern und hilft Kalle aus der Patsche. Aber auch so manchen Gangsterjargon lernt der junge Kalle, den ich hier mit dem Stichwort "als Doppeldecker ins Krankenhaus" nicht unerwähnt lassen will und das als Antwort darauf, was alles schiefgehen kann, wenn man es mit einer macht, die keine Ahnung hat. "’türlich, mit Tung", heißt es da und zeigt, dass man sich auch beim Tanzen noch Verlieben kann, auch wenn es immer welche gibt, die einem sein Glück dann neiden. Auf einem Dampfer im Dunkeln wird dann auch verraten, weswegen der Titel dieser Milieugeschichte so lautet, denn "wenn’s dafür schon "nen Fachausdruck gibt, scheint das ja öfters vorzukommen." Aber wie heißt es so schön bei Wagner: "Der Liebe Wunden kann nur heilen, wer sie schlug!"
Ein amüsantes, lebensnahes Porträt des Aufwachsens in einem der heißesten Viertel Europas, wo Matrosen nicht lange rumfackeln, bevor sie zustechen. Die Zeichnungen von Isabel Kreitz wurden nach dem gleichnamigen Roman von Konrad Lorenz designt und sind sehr authentisch und akribisch im besten Sinne des Wortes. Es entsteht eine Atmosphäre wie zuvor schon im Dritten Mann, nur eben in Hamburg: eine Kindheit "auf St. Pauli" in der Nachkriegszeit ist etwas Besonderes!
Ein Denkmal für die Bluesmen
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