Praxis und Theorie der PR
"Public Relations. Für immer mehr Medienstudierende ist es ein attraktives Berufsfeld. Für viele Unternehmen ist es eine Managementfunktion, der sie immer größere Bedeutung zumessen, um ihre Interessen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Für Kritiker ist es der Versuch von Unternehmen, sich mittels Greenwashing und Fake News von ihren Sünden zu befreien. Für viele Journalisten sind es mitunter allzu aggressive Versuche, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Und für die Wissenschaft? Für sie ist PR all dies – und noch einiges mehr."
Ausgehend von dieser im Vorwort des vorliegenden Lehrbuchs pointierten Charakterisierung der PR beschreibt Olaf Hoffjann, Professor für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Organisationskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, an der Uni Bamberg, die zwei Zielsetzungen dieses Buchs: Zum einen soll es ein "klassisches Lehrbuch" sein, in dem die zentralen Themen und Fragen des Forschungsfelds PR aus einer kommunikationswissenschaftlichen und organisationssoziologischen Perspektive erläutert werden. Zum anderen versteht sich das Buch als Leitfaden für Studierende und Praktiker, der für die relevanten Themen ein konkretes Orientierungsangebot machen will.
Hierfür wird das Buch in sechs Kapitel eingeteilt. Nach einer Einführung in die Grundlagen eines PR-Verständnisses und in die Systematisierung der PR-Forschung (Kapitel 1) wird zur Strukturierung eine Systematik gewählt, die sich in der Journalistik bereits zu einem Klassiker entwickelt hat: das sog. "Zwiebelmodell" von Weischenberg. Dementsprechend postuliert Hoffjann, dass die jeweilige PR einer Organisation von den verschiedenen Zwiebel-Schichten geprägt ist und legt das Feld der PR schichtweise frei, ausgehend von den Veränderungen und Erwartungen in der Gesellschaft über die Bezugsgruppen und Besonderheiten der jeweiligen Organisation bis hin zu PR-Routinen und PR-Rollen. Die konsequente systemtheoretische Ausrichtung aller Kapitel bildet eine zweite Orientierungsmarke.
- Im Gesellschaftskontext wird gezeigt, wie PR u. a. durch relevante gesellschaftliche Entwicklungen, wie Globalisierung und Digitalisierung, durch ihre eigene Geschichte bzw. Entwicklung sowie durch ethische und rechtliche Standards bestimmt wird.
- Im Bezugsgruppenkontext stehen die Beziehungen zu konkreten Bezugsgruppen der PR im Fokus, etwa Kunden und Aktionäre sowie Politik, Öffentlichkeit und Journalismus. Einerseits entstehen durch Konflikte mit Bezugsgruppen wie Verbraucherschutzverbänden oder Anwohnern erst diejenigen Probleme, welche die PR zu vermeiden bzw. zu lösen versucht, andererseits werden an diese Bezugsgruppen die entsprechenden Mitteilungen seitens der PR adressiert.
- Im Organisationskontext wird untersucht, wie die jeweilige Organisation, etwa ein Unternehmen oder eine Stadtverwaltung, durch ihre Besonderheiten die PR in hohem Maße beeinflussen kann. Mögliche prägende Faktoren können z. B. die Organisationskultur, konkurrierende Kommunikationsfunktionen und der Status der PR innerhalb der Organisation sein.
- Im Funktionskontext stehen die Leistungen und Strukturen der PR selbst im Mittelpunkt. Dabei geht es u. a. um Fragen wie "Welches Problem löst PR in Organisationen?" und "Wie löst PR die Probleme?". In diesem Zusammenhang werden auch Selektionskriterien der PR und verschiedene Ausdifferenzierungen erläutert, welche innerhalb der PR zu beobachten sind, z. B. Public Affairs, Litigation-PR, Corporate Social Responsibility, Presse- und Medienarbeit, Influencer Relations und Influencer Marketing, Issues Management und Krisen-PR.
- Im Rollenkontext geht es um die PR-Akteure selbst, denen trotz der verschiedenen Erwartungen des Umfelds und trotz struktureller Zwänge ein gewisser Spielraum verbleibt. In diesem abschließenden Kapitel wird, im Anschluss an die Vorstellung der zentralen Aspekte des PR-Berufsfelds, untersucht, wie persönliche Einstellungen aber auch das Rollenverständnis und die Ausbildung die Arbeit der PR-Akteure beeinflussen.
Das Buch liefert einen wissenschaftlich fundierten und anspruchsvollen Orientierungsrahmen für alle, welche sich kritisch mit dem aktuellen Stand der Praxis und Forschung der PR – auch unter Berücksichtigung der Schnittstellen zu anderen verwandten Disziplinen – auseinandersetzen wollen. Wer sich jedoch von diesem Werk rezepthafte und sofort umsetzungsreife Lösungen verspricht, sollte sich darauf eher nicht näher einlassen.
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