Dokumentation einer langlebigen Lüge
Will Eisner, der Anfang 2005 verstorbene Großmeister des amerikanischen Comics-Strips, hat sich in seinem letzten Buch "Das Komplott" mit einer der lang wirkendsten Lügen der Weltgeschichte befasst - der Mär von der angeblichen jüdischen Weltverschwörung.
Kaum ein anderes Schriftstück hat den Antisemitismus in der Welt so sehr befördert, wie die "Protokolle der Weisen von Zion". Dabei handelt es sich um ein Buch aus dem Jahr 1898, in Paris verfasst von Matwej Golowinski, einem russischen Verbannten, der im Auftrag des zaristischen Geheimdienstes "Ochrana" arbeitete.
Ziel war es, mit einer angeblich aufgedeckten jüdischen Verschwörung von den starken sozialen Spannungen in Russland abzulenken. Der Antisemitismus blickt in Russland auf eine lange Geschichte zurück und die Juden wurden - wann immer nötig - als Feindbild aktualisiert.
Das Buch erlangte schnell Bedeutung und traurige Berühmtheit. Obwohl eigentlich eine eher plumpe Fälschung, der Autor Golowinski hatte schlicht aus demlängst vergessenen Büchlein "Gespräche in der Unterwelt" des Franzosen Maurice Joly abgekupfert, fand es rasende Verbreitung in der Welt.
"Die Protokolle" sind als Gesprächsbuch verfasst. In insgesamt 24 Sitzungen planen die Verfasser die Unterhöhlung des Weltwirtschaftssystems und der politischen Strukturen mit dem Ziel, die jüdische Weltherrschaft zu errichten.
Hitler bezog sich explizit auf die angeblichen Dokumente, Henry Ford ließ sie in seiner Zeitung "Dearborn Independent" als Quelle zitieren (er distanzierte sich später davon) und bis heute finden sie in den Kreisen islamischer Fundamentalisten rege Verbreitung im Kampf gegen Israel. Obwohl die "Protokolle" mehrfach als Fälschung entlarvt wurden (bereits 1921 zum ersten Mal), verloren sie ihre scheinbare Authentizität nie.
Will Eisner zählt zu den bedeutendsten US-amerikanischen Comic-Zeichnern und gilt als Erfinder der "graphic novel". Bereits 1942 erlangte er mit der Reihe "The Spirit" Weltruhm. "Das Komplott" stellt seine letzte große Arbeit dar.
Eisners harte schwarz-weiß-Zeichnungen richten sich weniger an ein jugendliches Publikum, seine Geschichten sind geprägt von inhaltlicher Tiefe und atmosphärischer Dichte.
Eisner, selbst Kind jüdischer Eltern, trieb lange Jahre die Frage nach jüdischer Identität und Antisemitismus um. Themen, mit denen er sich in vielen seiner Bücher beschäftigt.
Mit "Komplott" verfolgte er das Ziel, mit den Mitteln der graphischen Erzählung breite Bevölkerungsteile für das Thema zu interessieren. Und das gelingt ihm voll und ganz. Der Band spricht an, ohne zu belehren, ist dabei ebenso lesbar wie spannend. Insbesondere für den pädagogischen Umgang mit Rechtsextremismus und Antisemitismus ist er sehr zu empfehlen. Es bleibt zu hoffen, dass Eisner sein Ziel erreicht, "einen weiteren Nagel in den Sarg dieses schrecklichen, vampirähnlichen Betrugs zu schlagen."
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