Polina im Aufwind
Eine Frau geht ihren Weg. Das heißt, eigentlich ist Polina noch ein Kind, als der Film einsetzt und ein junges Mädchen, als er sich in wunderbaren Bildern fortsetzt. Kaum wo wurde der Übergang zwischen Kindheit und Erwachsenwerden mit einem so schönen Bild umgesetzt wie in "Polina": die Kleine geht mit ihrem Vater auf die Jagd in einen schneebedeckten Wald und als dieser einen Hasen schießt, setzt sich die Geschichte mit der Jugendlichen Polina fort.
Literarischer Realismus
Wie viele andere junge Mädchen im postsowjetischen Russland soll auch Polina eine Bolshoi-Balletttänzerin werden. Ihre Eltern haben alles dafür gegeben, ihr diese Ausbildung zu ermöglichen und ihr Vater hat sich sogar Geld bei der Mafia geborgt. Auch Polina möchte tanzen, wenn auch nicht unbedingt am Bolshoi. Als sie sich bei der Ausbildung in den Franzosen Adrien verliebt, wittert sie eine Chance und setzt sich mit ihm nach Südfrankreich ab, wo sie bald die Rolle des Schneewittchens in einer modernen - nicht klassischen - Tanzproduktion bekommt. "Alle meine Choreographien handeln von der Abwesenheit", sagt die französische Choreographin, gespielt von Juliette Binoche, und entlässt Polina, nachdem sie sich den Fuß verstaucht hat. Aber Polina gibt nicht auf und kämpft sich in Antwerpen durch, wo sie bald ihre "15 Minuten" bekommt.
Poetische Surrealität
Ein wunderbares Schlußbild, das an den oben erzählten Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter anknüpft, macht aus dieser wunderschönen Erzählung ein herrliches Märchen über enttäuschte Erwartungen und große Hoffnungen. Die raue Wirklichkeit des Ostens mit seinen häßlichen Industriestädten wird authentisch vermittelt und Polina, die ihren Weg trotz aller Widerstände geht, ist ein tolles role model für junge Mädchen, die ebenfalls gerade auf ihrem Weg "nach oben" sind. Eine moderne Entwicklungsgeschichte, die zeigt, dass man nicht die Träume seiner Eltern verwirklichen muss, sondern die eigenen. Auch wenn das manchmal schmerzhafter ist und weh tut. Beeindruckend sind aber auch die vielen poetischen Bilder und Tanzeinlagen der Balletttänzerinnen und natürlich Professor Bojinski, der Polina etwas Wichtiges auf den Weg in den Westen mitgibt.

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