Entwurf einer anderen Welt
Jamestown, Virginia, 1607. John Smith und das Algonkin-Mädchen Pocahontas gründen den ersten Staat der künftigen USA. Der "Einwanderer" und die "Eingeborene" stehen als Symbol für die Vermischung der beiden unterschiedlichen Ethnien und eine Zukunft mit gleichen Rechten für beide. Warum es dann allerdings doch ganz anders gekommen ist, das beschreibt der deutsche Professor für Kunst und Theorie und Verfasser des Monumentalwerks "Männerphantasien" (1977/78), das 2019 ebenfalls bei Matthes & Seitz in einer gebundenen Neuauflage erschien.
Gier nach braunem Gold
Pocahontas habe der Legende nach dem rotblonden englischen Captains sogar das Leben gerettet, denn ihr Vater wollte ihn auf einem Steinblock hinrichten lassen. Aber nicht nur das: Pocahontas ermöglichte auch den anderen ersten Siedlern Amerikas in Jamestown das Überleben in den ersten harten Wintern. Die englischen Offiziere und Soldaten fanden sich selbst zu schade, Mais zu pflanzen und so wären die Neuankömmlinge beinahe verhungert. Pocahontas als "Uhrmutter aller Amerikaner" fungierte als Gründungsmythos und "amerikanische Taufe", wie die amerikanischen Künste sie in den Jahrhunderten danach entworfen haben. Auch das zeigt Theweleit in vielen Abbildungen, Standfotos oder Werbebildsujets für die Virginias Indianer gleichgesetzt wurden mit Tabak. Genau diesen Tabak macht Theweleit auch für die spätere Vertreibung der Indianer von der Atlantikküste Richtung Pazifikküste verantwortlich. Die bodenauslagende, intensive Tabakpflanze verödete die Felder und machte immer neue Anbauflächen notwendig, um den in Europa gesteigerten Bedarf, die "Gier nach dem braunen Gold" zu stillen.
Durst nach Mythos
Und was hat Shakespeares "The Tempest" mit all dem zu tun? Das Stück, das kurz vor der Jamestown-Siedlung entstand, handelt vom England am Beginn des Zeitalters der Auswanderung. Englische Landbarone und protestantische Theologen, denen die anglikanische Staatskirche nicht radikal genug, d. h. zu weltlich ist, wie etwa die vielzitierten "Pilgrim Fathers" verlassen 1621 mit der Mayflower ihre Heimat, um in Amerika einen Gottesstaat zu errichten. "New England ist ihnen der Staat der religiösen Erneuerung", schreibt Theweleit und wurde zum Gründungsmythos der Nordstaaten, während die "völkische Vermischung" von Virginia eher den Südstaaten als identifikationsstiftende Metapher gereichte. Als quasi dritten Teil gibt es in vorliegendem Band 1 auch eine Bildergeschichte "des Indianischen" von 1600 bis jetzt und einen bibliographischen Anhang mit Anmerkungen und Fußnoten über 130 Seiten. Aber: jede Zeile ist gleich unterhaltsam und inspirierend. Klaus Theweleit beschreibt in seinem auf vier Bände (alle bei Matthes & Seitz) extrapolierten Mammutwerk (jeder Band hat mehr als 700 Seiten) eine Welt, in der der Mythos oft genauso die Realität miterschafft wie umgekehrt. Ein außergewöhnlicher Entwurf einer anderen Welt.
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