Ernest Rossi

Öfter mal eine Pause

Ernest L. Rossi, Schüler und später Mitarbeiter des bekannten Psychotherapeuten Milton H. Erickson, legt in diesem Buch bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse offen: Alle Menschen durchlaufen einen ultradianen (= mehrmals täglichen) Rhythmus, der sich aus 90 bis 120 Minuten der Aktivität mit einer 15 bis 20minütigen Phase der Ruhe zusammensetzt. Vor ein paar Jahren noch hatte die Wissenschaft diesen Ruhe-Aktivitäts-Zyklus nur auf die Schlaf-, Traumphase bezogen, da er hier besonders auffällig ist (REM-Phasen). Heute weiss man, dass dieser Rhythmus auch im Wachzustand abläuft und dass er von grundlegender Bedeutung für unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und unsere Leistungsfähigkeit ist. Diese ultradianen Rhythmen werden als Kommunikationsmuster zwischen Körper und Seele gesehen, denn die Ausschüttung von Botenmolekülen (sie steuern unsere seelisch-körperlichen Aktivitäten) unterliegt ebenfalls diesen Rhythmen. So "will" der Körper innerhalb von 90 bis 120 Minuten eine 20minütige Phase der Regeneration durchlaufen (ultradiane Heilreaktion), dies ist eben an der Ausschüttung entsprechender Botenmoleküle erkennbar. Da wir aber mit unseren Aktivitäten ebenfalls Einfluss auf die Ausschüttung von Botenmolekülen nehmen, indem wir beispielsweise arbeiten, Sport treiben (Kortisol, Adrenalin) oder Schokolade essen (Insulin, Endorphin), können wir den natürlichen ultradianen Rhythmus übertünchen. Eine Missachtung des natürlichen Bedürfnisses, sich auszuruhen und neue Kraft zu schöpfen, um sich anschliessend wieder wohlzufühlen, führt zu Stress und Erschöpfung (ultradianes Stresssyndrom). Der Erschöpfungszustand ist nicht sofort erkennbar, da der Körper bei fortgesetzter Anstrengung Stresshormone ausschüttet und so Leistungssteigerungen ermöglicht. Mit der Zeit kommt es aber zu funktionalen Störungen (z.B. Konzentrationsschwäche) und der Mensch wird zunehmend reizbar, taktlos und überempfindlich (psychische Störungen) bis hin zu Depressionen. Ein weiterer Schritt sind dann körperliche Zeichen (Kopfweh, Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Störungen der Herztätigkeit, etc.). Da in der heutigen Gesellschaft das Bedürfnis sich auszuruhen, meist als ein Zeichen der Schwäche interpretiert wird, ignoriert die Mehrheit die inneren Signale und betreibt so Raubbau am eigenen Körper. Dabei wird übersehen, dass dauerhafte Leistungssteigerungen (wie sie ja heute gefordert werden) dann erbracht werden können, wenn der Seele-Körper-Einheit die Möglichkeit gegeben wird, Eindrücke zu verarbeiten und sich zu erholen. Das Rezept ist einfach: Innerhalb von 90 bis 120 Minuten eine 20minütige Pause des Nichtstun und Entspannen einlegen (es sich bequem machen, am besten sich hinlegen). Dem wird wohl manch ein Arbeitstätiger entgegenhalten, dass er an seinem Arbeitsplatz nicht so viele Pausen machen kann. Rossi bietet in diesem Fall Alternativen an, gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass solcher Arbeitsstress vielfach selbstproduziert ist und sich viele sehr wohl ab und zu eine 20minütige Pause leisten könnten. In dem Buch erklärt Rossi die wissenschaftlichen Grundlagen der ultradianen Rhythmen und zeigt, wie man den eigenen Rhythmus erkennen und wie man im Alltag (in der Arbeitswelt, Familie, im Sport, in der Schule) auf ihn eingehen kann und welche Zusammenhänge zu Fragen der Sexualität, Ernährung, Gewichtskontrolle und des Suchtverhaltens bestehen. Dieses Buch richtet sich an alle und nicht nur an solche, die kurz vor dem Kollaps stehen (wie das der deutsche Untertitel suggeriert). Es ist wünschenswert, dass mehr Menschen diese wissenschaftlichen Erkenntnisse kennen und umsetzen würden. Eine Folge wäre zum Beispiel ein entspannterer zwischenmenschlicher Umgang in der Gesellschaft. Es muss betont werden, dass es sich nicht um ein weiteres dieser etlichen Management-, Lebenshilfe-, Gesundheitskonzepte handelt, das Geheimnis besteht ganz einfach darin, ab und zu nichts zu tun, sich zu entspannen und den Körper baumeln zu lassen. Rossis Ratschläge sind einfach umzusetzen und zeigen grosse Wirkung!

20 Minuten Pause