Das Standardwerk des Personalmanagements

Der „Berthel/Becker“ ist, dass lässt sich ohne Übertreibung so formulieren, seit vielen Jahren die „Bibel“ für alle, welche sich intensiv mit dem Personalmanagement (PM) befassen. Seinen exzellenten Ruf verdankt dieses Standardwerk den beiden Autoren, die seit Jahrzehnten als renommierte Experten des PM gelten: Jürgen Berthel [†] war Inhaber des Lehrstuhls für BWL an der Uni Siegen, Fred G. Becker ist Inhaber des Lehrstuhls für BWL an der Uni Bielefeld und verantwortet das Werk seit der 8. Auflage allein. Das Buch, das sich seit seiner ersten Auflage in 47 Jahren erfolgreich als Standardwerk entwickelt und etabliert hat sowie zwischenzeitlich auf rund 1.000 Seiten erweitert wurde, beinhaltet alles Wesentliche, was nötig ist, um das Thema „PM“ vollumfänglich abzudecken.

Nach Ansicht des Verfasserduos umfasst ein modernes PM „alle Funktionen, die das Ziel haben, Humanressourcen für die betriebliche Aufgabenerfüllung bereitzustellen und effizient einzusetzen. Es ist dabei aktiver und integrierter Teil des strategischen wie operativen Managementprozesses sowie integraler Bestandteil der Arbeit aller Führungskräfte primär zur organisatorischen Zielerreichung. Zentrale Bestandteile sind einerseits die Systemgestaltung und andererseits die Verhaltenssteuerung“. Ausgehend von diesem spezifischen Verständnis des PM – dabei wird von den Autoren begrifflich zwischen PM und Human Resource Management (HRM) bewusst nicht unterschieden – wird der thematische Bogen im Lehrbuch mit seinen fünf Teilen weit gespannt:

Teil 1 „Grundlagen des Personal-Managements“ befasst sich neben einer Einführung in die betriebliche Personalarbeit mit dem Begriff, Inhalt und der Grundkonzeption des PM. Es werden u. a. die typischen Entwicklungsphasen des PM als relativ junge betriebswirtschaftliche Disziplin skizziert, personalspezifische Basisbegriffe im Zusammenhang geklärt und Grundprinzipien des PM thematisiert. Zudem wird zwischen primären und sekundären Personalsystemen unterschieden sowie die Notwendigkeit eines differenziellen PM begründet.

Teil 2 „Organizational Behavior“ widmet sich der wissenschaftlichen Disziplin, „die sich mit der Erhebung, Beschreibung, Erklärung und Prognose menschlichen Verhaltens in Betrieben beschäftigt.“ Die Verfasser greifen hierbei auf Erkenntnisse aus der ökonomischen Managementforschung wie der verhaltenswissenschaftlichen Forschung und der Neuroökonomie, welche letztlich alle für die betriebliche (Personal-)Managementarbeit von Belang sind, zurück. Neben ausgewählten Erklärungsansätzen zum Mitarbeiterverhalten werden die unterschiedlichen motivationstheoretischen Modelle erörtert, um die Fragen nach den Motiven, nach der Motivation und nach der Volition zu beantworten. Weitere Kapitel setzen sich mit dem Konzept der Leistungsdeterminanten, vor allem mit den Bestimmungsgrößen des Wollens und Könnens zur Leistung, einschließlich deren interaktiven Verknüpfung, sowie mit Erkenntnissen über die Gruppenarbeit und vor allem über die Personalführung bzw. über das Führungsverhalten auseinander.

Teil 3 „Primäre Personal-Managementsysteme“ behandelt die einzelnen Felder der klassischen Personalarbeit. Die Handhabung dieser Teilsysteme ist einerseits die Basis der Verhaltenssteuerung des Personals, andererseits findet die entsprechende Personalarbeit normalerweise arbeitsteilig zwischen Linienvorgesetzten und dem Personalbereich statt. Ein einführendes Kapitel über die betriebliche Personalforschung informiert vor allem über die Entwicklungen in der Arbeits- und Arbeitsmarktforschung sowie in den Bereichen der Qualifikations-, Eignungs- und Evaluierungsforschung. Zudem wird vor allem die Planung des betrieblichen Personalbedarfs erörtert. Die weiteren Kapitel widmen sich der Personalbedarfsdeckung, -bindung und -freisetzung sowie der Personalentwicklung und Anreizsysteme, insbesondere den Ausgestaltungen unterschiedlicher Vergütungssysteme.

Teil 4 „Sekundäre Personal-Managementsysteme“ dient eher nur mittelbar der Personalarbeit. Dabei sind vornehmlich die Aufgabenträger aus dem Personalbereich gefragt. Diese Teilsysteme sind entweder Grundlage des gesamten PM (etwa wie die strategisch-orientierte Personalarbeit und Personalverwaltung) oder begleiten das PM in seinen unterschiedlichen Funktionsfeldern und Teilprozessen. In diesem Zusammenhang werden vor allem das Personalcontrolling und die Arbeitsbedingungen sowie das Arbeitsrecht und die Arbeitsbeziehungen thematisiert.

Teil 5 „Spezielle Aspekte eines Personal-Managements“ setzt sich zuerst mit dem strategisch-orientierten PM auseinander. Wegen der besonderen Bedeutung wird dieses Teilsystem aus pragmatischen Gründen dem abschließenden Teil zugeordnet, obwohl es eigentlich ein Element des sekundären Personalsystems darstellt. Die beiden letzten Kapitel widmen sich den Besonderheiten des internationalen PM und der Rolle der Ethik in der praktischen Personalarbeit.

Personalforschung und Personalpraxis entwickelten sich gerade im letzten Jahrzehnt in einigen Bereichen dynamisch, was entscheidend mit der Verschiebung vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt verbunden ist. Zudem werden KI-Tools und deren Lösungen verstärkt für verschiedene Personalfunktionen eingesetzt, etwa in den Bereichen Recruiting und Personalentwicklung. Derartige Entwicklungen wurden in die überarbeitete und aktualisierte jüngste Auflage einbezogen, ohne den Fehler zu machen, nur kurzlebigen Moden hinterherzulaufen. Damit ist das Werk wieder auf den neuesten Stand gebracht worden. Neben der systematischen Strukturierung und der fundierten inhaltlichen Bearbeitung der für das PM relevanten Aspekte kann das Buch auch in methodisch-didaktischer Hinsicht, u. a. aufgrund seiner guten Verständlichkeit aber auch wegen der Leitfragen am Anfang sowie der Wiederholungsfragen zum Ende eines jeden Kapitels, überzeugen. Hinzu unterstützen zahlreiche konkrete Anwendungsbeispiele aus der Unternehmenspraxis, vertiefende Themenkästen und über 200 zweifarbige Abbildungen das Verständnis für die Zusammenhänge. Treffend und gelungen sind auch die pointierten Kommentare der Autoren, mit denen die diversen Forschungserkenntnisse als auch aktuelle Themen versehen werden und nicht selten zum Schmunzeln verleiten. Ein abschließendes umfangreiches Literaturverzeichnis erleichtert zudem eine Vertiefung in Spezialthemen des PM.

Fazit: dieses Buch kann sowohl als Lehrbuch als auch als Nachschlagewerk für das Studium und die Praxis des PM bzw. HRM nach wie vor bestens empfohlen werden!