Die belebte Natur
Der aufwändige Katalog mit 176 farbigen Abbildungen im Katalogteil und weiteren kleinen im Textteil wurde anlässlich einer großen Ausstellung über den norwegischen Expressionisten Edvard Munch im Museum Barberini in Potsdam veröffentlicht. "Der Schrei" dürfte in der Fassung als Lithographie oder Gemälde beinahe jedem bekannt sein. In dieser Ausstellung stehen weniger der Mensch und seine Emotionen im Zentrum als die Landschaft in ihrer eigenen Wirkkraft.
Munchs künstlerische Auseinandersetzung mit Landschaften und den Orten, an denen er häufig weilte, fanden trotz seiner beeindruckenden Gemälde bisher zu wenig Beachtung. Betrachtet man sein Werk weniger vor dem Hintergrund seiner Lebensgeschichte als "unter dem Aspekt seines Verhältnisses zu Natur und Landschaft […], erschließen sich neue Sichtweisen auf den Künstler" (S. 10), wie Jay A Clarke in ihrem Beitrag überzeugend darlegt.
Munch malte in kühner Buntheit blaugrüne Kohl- und gelbgrüne Getreidefelder, rosa-violette Thüringer Schneelandschaften, Sturm und Regen in braun und lila, norwegische Strände mit Steinen und runden Felsbrocken in blau, gelb und rosarot, die wie Augen im Mondschein oder Köpfe wirken, sich vor Früchten biegende Apfelbäume, verwilderte Gärten und dunkle Wälder. Die Natur ist lebendig und mit Bedeutung angereichert. Orte werden nicht einfach abgebildet, sondern "zu Objekten mit atmender, sinnlicher Lebenskraft." (S. 22)
Jill Lloyd analysiert vornehmlich Munchs Bilder von Kulturlandschaften und zeigt auf, wie seine Gemälde die Grenzen zwischen Natur und Mensch abtasten. Der Künstler setzt die Natur letztlich als etwas ins Bild, "das größer ist als die über sie hereinbrechenden Zerstörungskräfte der modernen Zivilisation, als etwas, auf das die Menschen keinen Einfluss haben und das sich rächen wird: Dies ist der Grund, warum seine Naturgemälde heute eine besondere Aussagekraft haben." (S. 36) Vor diesem Hintergrund interpretiert Lloyd den Schrei als ein Bild, das die Grenze zwischen Mensch und Natur überwindet. "Mensch und Natur sind zusammengeschweißt in einem Drama, das seinen Lauf nimmt und aus dem es anscheinend kein Entrinnen gibt." (S. 37)
Wie sich Munchs monistische Weltsicht, derzufolge "alles Seiende ewiger Teil eines universellen Ganzen ist" (S. 54) im Werk des Malers zu erkennen gibt, erläutert Trine Otte Bak Nielsen. Die Vorstellung von Kristallisation als "Bindeglied zwischen Leben und Tod" spiegelt sich in vielen Bildern Munchs, in denen Verstorbene in ein lichtes Reich der Kristalle übergehen, aus denen später wieder neues Leben erwächst: "Auch im härtesten Stein ist Leben", nichts ist tot, "die Materie lebt", so Munch in seinen Aufzeichnungen 1927 bis 1934.
Für Arne Johan Vetlesen hingegen ist die Natur in Munchs Bildern "Kulisse und stumme Zeugin des Schmerzes, den der Mensch in seinem Leben erfährt". Er schließt sich somit der vorherrschenden und eher konventionellen Auffassung an, dass der Maler "die menschlichen Dramen […] nachdrücklich in den Vordergrund stellte" (S. 61).
Insgesamt handelt es sich um eine sehr empfehlenswerte Lektüre und ein spannendes und schönes Buch, das dem Leser und Betrachter den Zugang zu Munchs Bildern erleichtert.
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