Auf hoher See
Pay Edel Edelsen, ein junger Friese, begibt sich auf nahezu wundersame, abenteuerliche Weise in die Dienste des Weltumseglers Magellan und erlebt Außergewöhnliches auf seinem weiten Weg auf den Ozeanen und in fernen Ländern. Ein eigenwilliges Panorama der Seefahrt entsteht, eingewoben darin sind poetische Momente, nahezu theologische Betrachtungen und Seemannsgarn aller Art, ebenso die Schilderung tragischer Episoden sowie brutaler Gewalt.
Reimer Boy Eilers hat sich ein dreibändiges Werk vorgenommen – und die Lektüre erfordert dann gewiss auch Kondition bei den Lesern, nicht zuletzt Zeit. Durch das flüssig erzählte Epos muss man sich, so wie das erste Kapitel überschrieben ist, auch "durchbeißen", so faszinierend der Reigen der bunten Darstellungen auch ist. Alles hat, manches braucht seine Zeit, das gilt für die Weltumseglung nicht weniger als für die Lektüre. Pay Edel, der junge Abenteurer, erklärt sich: "Mein Bericht über die große Ausfahrt, die ich lieber eine Irrfahrt nennen will, vom Hilligen Eiland in der Nordsee bis zur Insel Bohol am westlichen Rande des Südmeeres, werde ich brav nach dem A und O schreiben, also den Zeitfaden ohne Schlingen vom Anfang bis zum Ende gesponnen." Der Leser atmet auf, muss aber sogleich sich vergegenwärtigen, dass der muntere Erzähler auch "Ausnahmen" zulässt, was auch erlaubt ist – ist doch ein Roman keine Chronik. Auf gewisse Weise erfahren wir dann im Lauf der Geschichte von den Abenteuern eines Friesen, der sich verändert, der quasi vom Schaf zum Fisch wird, im übertragenen Sinne, während er immer wieder an seine Geliebte in der fernen Heimat denkt: "Zu Hause auf der Insel konnte ich nicht schwimmen und habe es verabscheut, mich in das Meer zu tauchen, weil das nicht Menschennatur ist. Wir atmen wie die Schafe, die auch nicht ins Meer gehen, anders als die Fische, die sich mit ihren Kiemen im wässrigen Untergrund am Leben erhalten." So erläutert Pay seine Wandlung zum Lebens- und Überlebenskünstler. Er fährt fort: "Doch ich habe mich mittlerweile umgeschaffen und bin nun auch ein wenig Fisch geworden. So werde ich mich weiter ändern in allem was erforderlich ist, damit ich diese Reise überlebe und die Jungfrau Peerke eines Tages wieder in die Arme schließen kann."
Der Seemann berichtet über das "Evangelium des Entdeckens", schwärmt von der "Algenblüte des Frühlings" und weist zugleich auf die drohenden Gefahren hin, so dass keine Seefahrerromantik entsteht. Wer vom blauen Meer schwärmt, der wird darin nur nass werden und vielleicht sogar ertrinken. Ohne Realismus, vor allem ohne Weggefährten und Freunde überlebt niemand.
Begeistert ist der junge Friese von den Farben Sevillas. In der Stadt gab es Abenteurer und Astrologen, Bettler und Bankiers, auch "Sesselfurzer" und natürlich Seeleute: "Die Straßen waren in Mustern von hellen und dunklen Steinen gepflastert, teils zeigten sie Wellenform, teils Karos. Ich stolzierte durch das reinste Freilichttheater, atemlos, weil ich mir keine lange Weile zum Betrachten gönnen wollte, und zugleich mit betäubten Sinnen, was die bunte Menge bewirkte, welche diese Kulisse bevölkerte, als hätten sich alle Jahrmärkte von Hamburg, Bremen und Amsterdam zusammengetan." Sehr anschaulich wird über Sevilla, im Verlauf des Romans auch über exotische Orte und Landschaften berichtet. Die friesische Nüchternheit wird zudem von der Wirklichkeit korrigiert, etwa wenn der Seefahrer nun anders über den "kirchlichen wie höfischen Segen" nachdenkt. Er dachte, das alles sei nur ein "Spektakel", das "im maßlosen Bombast zelebriert" werde, eine "hohle Sache", aber in Anbetracht der Erlebnisse stellt er fest: "Nein, das ist sie nicht." Pay sagt: "Ich habe am eigenen Leibe erfahren, welch wohltätigen Halt und Stütze uns die Messe später in Seenot gegeben hat. Der erhabene Gottesdienst machte aus unserem Herzen eine Festung, wo draußen auf dem Meer keine andere war. … Es musste erst die Fremde sein, die mir den Blick öffnete."
Über diese Fahrten durch die fremde Welt berichtet Reimer Boy Eilers in diesem Roman, in dem natürlich auch Magellan selbst auftritt. Dieses Buch verbindet Abenteuergeschichten mit Lebensweisheiten – und wer ins Weite hinaus segelt, der bemerkt bald, dass die Seefahrt, gestern und heute, romantisch verklärt werden kann, aber nichts für Romantiker ist. Wer dennoch von den Meeren der Welt sich faszinieren lassen möchte, ohne in Seenot zu geraten, darf dies lesend und sinnierend tun, etwa mit Reimer Boy Eilers' vor Erzählfreude überschäumendem Roman.
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