Grün angemalter Kapitalismus
Finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der deutschen Partei Die Grünen ist der Autor dieses Buches. Große Überraschungen hält es nicht parat.
"Da läuft was schief" hat Schick bemerkt und so das erste Kapitel überschrieben. Das Wirtschaftswachstum mit seiner verheerenden Umweltzerstörung müsse aufgehalten werden. In der Hauptsache stört ihn jedoch die Macht der Finanzmärkte, die nur aus Geld mehr Geld machen wolle. Dass diese Kapitalverwertung das Grundprinzip des Kapitalismus ist, auch wenn auf diese Weise etwas Nützliches produziert wird, fehlt dem Buch an Erkenntnis.
Als weiteres großes Problem stellt der Grüne die Verflechtungen von Wirtschaft und Politik dar. Deswegen nennt er die Wirtschaft "Machtwirtschaft", die nicht den Menschen dient, wie er es gern hätte. Denn eigentlich sei die Marktwirtschaft ja "eine clevere Idee" (S. 145), meint Schick, weil sich "die Anbieter an den Bedürfnissen der Nachfrager ausrichten müssen" (ebd.). Entweder schummelt Schick hier im Sinne seiner Werbung für die Marktwirtschaft oder "einer der versiertesten Ökonomen im Bundestag", wie der Campus-Verlag ihn nennt, hat einfaches wirtschaftliches Grundwissen nicht drauf: In der Wirtschaftslehre wird dasjenige Bedürfnis genannt, was Menschen brauchen bzw. wünschen, also bedürfen - zum Beispiel Nahrung. In der Marktwirtschaft spielt der Hunger, aber erst dann eine Rolle, wenn aus dem Bedürfnis ein Bedarf wird, indem das Geld für den Kauf vorhanden ist und ausgegeben werden soll. In der Marktwirtschaft wird also Bedarf gedeckt, wenn das entsprechende Angebot da ist. Wer kein Geld hat, hat auch keinen Bedarf - seine Bedürfnisse sind der Wirtschaft dann einfach wurscht. So viel zu Schicks ökonomischer Genauigkeit, auf die er im Buch angeblich Wert legt.
Es verwundert also nicht, dass er ein "überzeugter Marktwirtschaftler" (ebd.) ist, der auf einen "Green New Deal" setzt. Das soll nicht nur ein grünes Konjunkturpaket sein, sondern die Wirtschaft transformieren. Der Staat soll mehr Regeln setzen und ökologisch-soziale Ziele vorgeben, im Sinne des Ordoliberalismus, dem er sich zugehörig fühlt. Wie eine Alternative zur Wachstumswirtschaft unter diesen Voraussetzungen aussehen soll, ist ihm dabei selbst nicht klar.
Außerdem fordert er einen "Kulturwandel im Staat": Es soll strengere Regeln bei Nebenverdiensten von Politikern, Einschränkungen bei Parteispenden, mehr Macht für Parlamente geben und so weiter. Nichts Neues also, bekannte (grüne) Politikvorschläge. Auch wenn manche davon, wie die Forderung nach mehr Transparenz, gar nicht so schlecht sind, sieht Regierungshandeln der Grünen ganz anders aus, wie ein Blick in die Jahre 1998-2005 belegt. Weit entfernt von Forderungen aus dem Programm: Fast alle Atomkraftwerke liefen weiter, die Finanzmärkte wurden dereguliert und das Sozialsystem mit der Agenda 2010 empfindlich beschnitten. Das sollte bei der Lektüre dieses Buches, das natürlich auch Eigenwerbung für die Partei Die Grünen ist, nicht vergessen werden.
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