LaChapelle: Fotografie der Inszenierung
David LaChapelle zeigt Miley Cyrus als Schmetterling auf dem Cover der Box seines neuen Buches "Lost & Found", das im XL-Format (27,8 x 35,5 cm) soeben beim renommierten TASCHEN-Verlag erschienen ist. Seine fünfbändige Anthologie, die mit LaChapelle Land (1996) begann und auf das Hotel LaChapelle (1999) und später Heaven to Hell (2006) folgten, wird damit fortgesetzt und zeigt Arbeiten, die noch nie zuvor in Buchform veröffentlicht wurden. Der Titel des Bildes mit Miley Cyrus: "I walk out of my prison". Ob damit das Puppen- resp. Kokonstadium eines Schmetterlings gemeint ist, oder das Teenager-Dasein der Künstlerin, eröffnet sich dem Leser und Betrachter der knallbunten Fotos von David LaChapelle bei der Lektüre von "Lost + Found. Part I": David LaChapelle geht bei seiner Arbeit so genau wie ein Chirurg vor und es bleiben keine Antworten mehr offen.
Religiöse Konflikte
Die sorgsame Inszenierung seiner Bilder erfordert sicher viel Vorbereitungszeit, denn was da an Farben und Accessoires aufgeboten wird, kennt man von keinem anderen Fotografen. Besonders gerne verwendet LaChapelle auch religiöse Motive, die er in die moderne, technoide Landschaft unserer Gegenwart einpflanzt und dafür adaptiert. Das Bild "The Rape of Africa" (dt.: Die Vergewaltigung Afrikas) sowie auch "Keeping up with the Kardashians" sind auf doppelte Größe ausklappbar. Auf ersterem zeigt er mit schweren Waffen spielende Kinder und links und rechts thronen ein weißer König und eine schwarze Königin, die Koptenkreuze und anderes Gold angehäuft haben. Auch "Make Love not Walls" ist vor demselben Konflikt zu interpretieren: es zeigt einen nackten Mann vor einem regenbogenfarbenen Panzer aus buntem Plastik vor einer Mauer mit Stacheldraht und einem Herz als Loch in der Mauer. Aber nicht nur christlich-jüdisch religiöse Elemente verwendet David LaChapelle, sondern auch antike Mythen, etwa wenn er Katy Perry, die gleich mehrmals vorkommt, auf einem Foto als Sirene in einer "synthetischen See" zeigt.
Sexuelle Eskapaden
Ein anderer Schwerpunkt seiner Fotos sind sinnliche Inszenierungen von Popgrößen wie Katy Perry, Lady Gaga, Lana Del Rey oder Grace Jones. Ein Foto zeigt Pamela Anderson mit dem Titel "Everybody knows her face", aber was David LaChapelle noch zeigt, liegt sanft schlummernd auf der Sofakante. Gut getroffen ist auch der Titel eines Fotos von Uma Thurman, die sich auf einem Sofa räkelt: "Too Glam to Give a Damn": zu glamourös, darauf etwas zu geben. David LaChapelle demontiert aber auch den menschlichen Körper, indem er ihn verwundet oder zusammengeflickt und genäht zeigt oder Wachsfiguren abbildet, die in ihre Einzelteile zerlegt sind und so eine einschüchternde Aussage bekommen. Die Tochter von Kurt Cobain und Courtney Love, Frances Bean Cobain, zeigt er in einem Krankenhaus mit offener Tür: About A Girl, heißt dieses Foto, das seinen Titel einem Nirvana-Song entlieh. Britney Spears wird ebenfalls mehrmals gezeigt, einmal liegt sie nackt in der Badewanne, ein andermal macht sie auf Hip Hop. Eine weinende Hillary Clinton, die gleichzeitig in die Kamera lacht, oder ein gefallener Ikarus auf einem Trümmerfeld von entsorgten Bildschirmen, Carmen Carrera im Garten Eden: David LaChapelles Fotos sehen aus wie knallbunte Bonbons und gehen genauso gut runter, man muss nur lange genug daran lutschen.
Weitere Werke zeigen Landschaften, in der aus Pappe und Abfall gebaute Modelle von Industrieanlagen in leuchtende, acidfarbene Glitzerwelten verwandelt werden, altmeisterliche Blumenstillleben versteckt oder gespenstisch illuminierte Tankstellen in gründunklen Dschungeln erleuchtet werden. Weiters sind in "Lost + Found. Part I" zu sehen: Julian Assange, Isabella Blow, David Bowie, Naomi Campbell, Sharon Gault, Daphne Guinness, Whitney Houston, Kris Jenner, Kendall Jenner, Bruce Jenner, Kylie Jenner, Dwayne Johnson, Eartha Kitt, David LaChapelle, Amanda Lepore, Nicki Minaj, Sergei Polunin, Keith Richards, Rihanna, Chris Rock, Amber Rose, Andy Warhol, Kanye West, Pharrell Williams, Amy Winehouse und viele andere…
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