Wenn ein Toter weiter mordet

Ein Kriminalroman der Extraklasse. Unbedingt lesen!

Der vierzehnte Stein

Literarische Spurensuche in Frankreich

Nestmeyer war auf literarischer Spurensuche in der Provence und Côte D'Azur. Er hat einige interessante Entdeckungen gemacht.

Provence und Côte D\'Azur

Das Leben des Napoleon Bonaparte I

Eine empfehlenswerte Biographie über den kleinen Korsen mit schwieriger Kindheit, der es bis zum Kaiser brachte.

Napoleon

Hintergründe zu Hexenverbrennungen in Frankreich

Über die Hintergründe der Hexenverbrennungen in Frankreich.

Füsse im Feuer

Das Königreich Westphalen und der Einfluss Frankreichs

Da das Rheinische Recht in jüngerer Zeit vermehrt erforscht wird, ist umso begrüßenswerter, dass mit Neddens Dissertation nun eine Arbeit über eine kurzzeitig parallele, später aber ganz anders verlaufene Entwicklung vorliegt.

Die Strafrechtspflege im Königreich Westphalen (1807 bis 1813)

Die Rätselhaftigkeit eines alten Sonderlings

Es ist ein Zeichen seiner Prosakunst, dass er Herrn Sommers Lächerlichkeit genauso wie die seinem Schicksal innewohnende Tragik darzustellen weiss, ohne sich auch nur ein einziges Mal im Ton zu vergreifen.

Die Geschichte von Herrn Sommer

Die provozierende Gleichgültigkeit

Albert Camus gelang mit dem schmalen Roman "Der Fremde" der Durchbruch. Ulrich Matthes trifft den richtigen Ton, um die Eigenart der Hauptperson wiederzugeben.

Der Fremde

Europas wildes Herz

Wer bei der Lektüre von Ralf Nestmeyers Reiseführer "Haute-Provence / Hautes-Alpes" den Titel ignoriert, könnte meinen, er befände sich in einem Land fernab Europas - mit gleichsam rauen, wie reizvollen Landschaften, stolzen, zurückhaltenden und vor allem wenigen Menschen. Das Gegenteil ist der Fall: Der Autor führt uns mitten hinein in Europas wildes Herz, den äußersten Südosten Frankreichs zwischen den Skigebieten der Seealpen und mediterranen Badeorten wie St-Tropez. Wer hätte gedacht, dass selbst in der sommerlichen Hochsaison viele ruhige und entrückte Orte nahe der Cote d'Azur dem Einkehr Suchenden Abstand und Entspannung geben können? Die Region: Welt der Wunder Ralf Nestmeyer ist ein Kenner der Region, nicht nur hinsichtlich ihrer aktuellen Reize und Reiserouten, sondern vor allem ihrer Geschichte und Gesellschaft. Wussten Sie, dass die Wurzeln von mehr als 20.000 Mexikanern im Ubaye-Tal liegen? Dass Lioux kein Indianerstamm, sondern ein provenzalisches Dorf ist? Oder dass Europas größter Canyon im Verdon-Tal liegt? Wem die Reise in die Neue Welt zu lang oder zu teuer ist, der kann also bequem in unser Nachbarland fahren, um dort Wunder und Welten zu entdecken, die man sonst auf anderen Kontinenten glaubte. Ab dem 19. Jahrhundert gingen zwei Drittel der jungen Männer des verarmten provenzalischen Ubaye-Tals nach Mexiko, um dort ihr Glück zu suchen. Trotz des Vorsatzes, nur so lange in Mittelamerika zu bleiben, bis Wohlstand und Erfolg gesichert wären, kehrten gerade zehn Prozent der Emigranten wieder in ihre südfranzösische Heimat zurück - die überwiegende Mehrheit integrierte sich nach und nach in die aufstrebende mexikanische Gesellschaft. Die wenigen Heimkehrer stellten ihren Reichtum indes deutlich zur Schau und errichteten prunkvolle Herrenhäusern und Mausoleen anstelle simpler Gräber, welche auch heute noch in der Gegend um Ubaye bewundert werden können. Das provenzalische Dorf Lioux zeigt Eindrücke ganz anderer Art: Direkt hinter dem Ort steigt eine mächtige Felswand hundert Meter senkrecht in die Höhe. Landschaftlicher Höhepunkt der Haute-Provence ist aber sicherlich der Grand Canyon du Verdon: Auf 170 Kilometern schneidet die Verdone einen tiefen Riss in die Erde, bis sie schliesslich südlich von Manosque in die Durance mündet. Wer dem Lauf des mitunter reissenden Flusses von 2.500 Meter Höhe bis zum Ende folgen möchte, dem hat Nestmeyer anhand von Karten und Bildmaterial einige Impressionen beigefügt. Für Nase, Mund und Auge Die Qualität der Fotos hat sich in diesem neuen Reiseführer des Michael Müller Verlages markant verbessert. Es heisst jetzt "Mittendrin" statt "Nah dabei"! Vor allem die Aufnahmen üppiger Lavendelfelder, welche eine der wirtschaftlichen Haupteinnahmequellen der Region sind, lassen den Leser fast den würzig-frischen Duft erahnen, der zusammen mit den lila Lavendelblüten die Landschaft der Provence charakterisiert. Nestmeyer kommt von den Kräutern auf die Küche und vergisst nicht, die provenzalischen Gaumenfreuden zu beschreiben, denen wie kaum in einer anderen Gegend Frankreichs Majoran, Estragon, Rosmarin, Thymian beigefügt werden, welche an nahezu jeder Hauswand zu gedeihen scheinen. Allerdings wäre es für den Leser hilfreich, das Kapitel der Kulinaria noch etwas mehr zu behandeln, denn es erscheint im Gesamtkontext des Reiseführers etwas knapp. Zwar beschreibt der Autor die Haute-Provence wiederholt als herb und rustikal, doch dies gilt bestimmt nicht für die deftige Küche, die nicht nur Lamm, Wild und Geflügel im Ofen zu Kunstwerken verwandelt, sondern sich auch in Poseidons Garten des nahen Mittelmeeres bedient. Durch die Geschichte zur Seele Die Stärke Nestmeyers, durch erworbene Kenntnis und genaue Beobachtung der Menschen der Haute-Provence, ihrer Geschichte, Wirtschaft und Kultur bis zu Ihrer besonderen provenzalischen Sprache zu beschreiben und damit tief, aber behutsam in ihre Seele einzudringen, scheint bisweilen nicht frei von Akribie. Dies ist für den praktischen Zweck eines Reiseführers natürlich nicht abträglich, doch es fällt bei Themen wie der Gastronomie und der Freizeit eben auf, dass sie spartanischer behandelt werden als soziale und historische Themen. Je nachdem, was der Leser von einem Reiseführer erwartet, ist dies aber genau der Unterschied und vielleicht auch Pluspunkt gegenüber vergleichbarer Reiseliteratur: Wenn der Urlaub in erster Linie ein Entdecken sein soll, so überlässt es der Autor den Reisenden, wo sie ihre Sinne kitzeln können und liefert Hintergründe und Fakten, die sich sonst nur schwer erschliessen lassen. Fazit Insgesamt betrachtet, ist es dem Michael Müller Verlag erneut geglückt, einen rundum praktischen wie informativen Reiseführer herauszugeben. Vor allem der historische und kulturelle Kontext ist spannend beschrieben. Nestmeyer, der bereits fünf Reisebücher über französische Reiseziele publiziert hat, besteht auch die sprachliche Reise auf einem dünnen Grat zwischen Pragmatismus und kritischer Betrachtung. Gerade die Fussnoten respektive Arten- und Naturschutz sind ein Plus für einen modernen Reiseführer. Wünschenswert wäre, neben einer differenzierteren Betrachtung von Küche und Freizeit auch eine breitere Darstellung der Reisetipps für Behinderte, Familien, Senioren und Gays. Der Aufbau des Reiseführers "Haute-Provence / Hautes-Alpes" folgt einer klaren und übersichtlichen Struktur: Nach einer allgemeinen Einführung erfährt der Leser Wissenswertes zu Geschichte, Geographie und Gesellschaft. Zur eigenen Recherche folgen Buchhinweise zur Region. Danach bekommt der Leser praktische Reisetipps von A bis Z. Erst nach dieser Grundlage geht der Autor auf die einzelnen Reiseziele ein, welche er in sieben Kapitel - topographisch betitelt - unterteilt. Jedes Kapitel beinhaltet die klassischen Tipps zu Lage (stets per Kartenhilfe!) Unterkunft, Gastronomie, Literatur und lokalen Adressen, aber auch Anekdoten, Eigenarten und Geschichten zur Region. Sachlich, wie es überhaupt das ganze Buch ist, regt der Autor dazu an, dem Verlag eigene Reisetipps, Kritik oder Hinweise nach dieser ersten Auflage zu senden, die in kommenden Ausgaben berücksichtigt werden könnten. Bereits jetzt ist eines sicher: Wer in das wilde Herz der Haute-Provence aufbricht, ist bestimmt gut beraten, den Reiseführer "Haute-Provence / Hautes-Alpes" als Pulsmesser ins Gepäck zu geben.

Haute-Provence

Logo statt Logos

2001 erschien "39,90" von Frédéric Beigbeder in Deutschland. Was man von diesem Buch, das in Frankreich für einen der üblichen Skandale sorgte, für das Leben im 21. Jh. lernen kann ist: Sich nicht auflehnen, sondern sich enthalten. So, wie Octave, der sympathisch unsympathische Held des Romans, der der Werbefirma, bei der er angestellt ist, nicht kündigen will, sondern sich lieber vom System der "zerebralen Vergiftung" feuern lassen möchte, um in den Genuss der Arbeitslosenversicherung zu kommen. Zitiert werden sowohl Goebbels, Marx als auch die Bibel. Und trotz der reichlichen Fäkalsprache, der pornographischen Phantasien und der Publikumsbeschimpfung ist dies ein politisch sehr korrektes Buch. Die Frage ist natürlich, aus welchem Blickwinkel man das behauptet. Aus dem Blickwinkel der Aktionäre und Arbeitgebervertreter ist "39,90" sicher ein schlimmes Buch. Aus der Perspektive des zum Verbraucher degradierten Demokratiebürgers ist es eine Offenbarung, ein Versuch, ihm die Würde wiederzugeben. Denn vom Logos der abendländischen Philosophie, so der Autor, seien uns nur noch die Logos der Firmen geblieben. "Kennt ihr den Unterschied zwischen Arm und Reich? Die Armen verkaufen Drogen, um sich Nikes zu kaufen, und die Reichen verkaufen Nikes, um sich Drogen zu kaufen." So schlagwortartig sind viele der Analysen, die Beigbeder uns gibt. Dass dabei keine soziologisch differenzierten Gesellschaftsbilder entstehen, ist klar. Und darum kann es in dem Buch ja auch nicht gehen. Was hier gelingt, ist vielmehr die Darstellung eines Beispiels stellvertretend für die übergreifenden Mechanismen. Seine Drastik und daher seine Wirksamkeit bezieht "39,90" aus der grellen Fiktion, die leider doch wahr sein könnte und deren reale Entsprechungen sich täglich zwischen uns abspielen. Mit witzigbösen Anekdoten, unterhaltsamer Sprache und schmerzhaften Fakten geht der Text daran, das Bild einer harmlosen Globalisierung, von der alle etwas haben, ins rechte Licht zu rücken. "Barbie verkauft weltweit zwei Puppen pro Sekunde. 2,8 Milliarden Erdenbewohner leben von weniger als zwei Dollar pro Tag" oder "zwei Millionen Menschen sind 1998 [in Afrika] an Aids gestorben, vor allem weil Pharmaunternehmen wie die amerikanische Firma Bristol-Myers-Squibb [...] sich weigern, die Preise zu senken." Solche Sätze müssen nicht kommentiert werden und stehen deswegen einfach so mitten im Text, lassen einen kurz aufschauen und den Kopf schütteln, ehe man sich wieder Beigbeders mitreißenden Schilderungen hingibt. Mitreißend sind diese Schilderungen aus der dekadenten Sicht des überbezahlten Texters nicht zuletzt wegen der temporeichen, im Werbebusiness geschulten Sprache, der dargestellten Absurditäten und der ernsten Botschaft, die dieses Buch mitbringt. Und auch das Anekdotenhafte des Romans stört nicht. Vielmehr macht es das Lesen äußerst kurzweilig, ohne dass die Spannung der erzählten Geschichte verloren geht. Das Buch endet, wie es anfängt: in einer Enthaltung. Nur ist es jetzt eine Verweigerung dem Leben gegenüber, dem Leben, das ohnehin zum Werbetrailer verkommen war. Auflehnen kann man sich nicht, so vermittelt uns Beigbeder. Verweigerung ist die einzige Chance, denn sobald man nur irgend etwas tut, macht man mit. Das Dilemma ist, dass die Verweigerung, will sie konsequent sein, Tod bedeutet. Das weiß der Autor und so ist auch Beigbeders Buch eher eine Auflehnung als eine Verweigerung. Das sagt uns schon der zynische Titel: "39,90" war der Preis des Buches in D-Mark.

39.90