Naturschutz auf dem Prüfstand
Naturschutz - das klingt gut und dass er notwendig ist, sehen eigentlich auch alle ein. Wer kann schon etwas gegen den Schutz von Natur haben? Antideutsche, die ihn als "Heimatschutz" kritisieren? Doch in diesem Buch geht es weder um diese noch um rechtsradikale Herangehensweisen. Es schaut sich die Praxis des globalen Naturschutzes mit seinen Reservaten und Schutzgebieten genauer an.
Gewidmet ist "Naturschutz und Profit - Menschen zwischen Vertreibung und Naturzerstörung" von Klaus Pedersen den "Naturschutzflüchtlingen dieser Welt". Während es gemeinhin bekannt ist, dass der Klimawandel nicht nur für steigende Meeresspiegel und sich ausbreitende Wüsten sorgt, sondern auch für damit in Zusammenhang stehende Flüchtlingsströme, ist in den Medien der BRD kaum die Rede von Vertreibungen, die infolge des Naturschutzes passieren. Dass diese Vertreibungen keine "Versehen" oder Ausnahmen sind, sondern auch von NGOs wie dem WWF einkalkuliert werden, weist dieses Buch anhand von Beispielen aus Uganda, Tansania und Mexiko nach. Es scheint also grundsätzlich etwas faul am NGO-Naturschutz zu sein, er nehme keine Rücksicht auf die Menschen. Der Grund hierfür sei nach Pedersen unser zerstörerisches Gesellschaftssystem, die Marktwirtschaft mit ihrer Orientierung am Wert und Profit statt an den Bedürfnissen der Menschen. Die zentrale These des Buches lautet daher, dass die Umwelt, die natürliche Lebensgrundlage, nicht erhalten werden könne, wenn "naturzerstörerische gesellschaftliche Verhältnisse akzeptiert" (S. 13) und gleichzeitig Ausgleichsflächen als Kompensation ausgewiesen würden, also Natur unter Schutz gestellt werde.
Pedersen beleuchtet zu Beginn das Konzept Naturschutz und zeigt am Yellowstone-Nationalpark, dass schon im 19. Jahrhundert die dortige indigene Bevölkerung mithilfe der US-Armee vertrieben worden sei, um nachher eine vermeintlich unberührte natürliche Landschaft zu präsentieren. Diese Naturschutzpolitik ziehe sich seither durch die Geschichte.
Neben den Verlierern dieser Politik geht Pedersen auch auf die Gewinner und deren Motive ein: Naturschutz diene nämlich nicht nur als Kompensation bzw. als Legitimation für den rücksichtslosen Umgang mit der restlichen, nicht unter Schutz gestellten Umwelt, sondern diene westlichen Staaten und Konzernen zur Ausbeutung der genetischen Biodiversität dieser Räume: Pharmaunternehmen, Entwicklungshilfeorganisationen wie die deutsche GTZ und Universitäten erkundeten den "genetischen Pool" des unter Schutz gestellten Gebietes, also z. B. Heilpflanzen - meist in Kooperation mit der lokalen Bevölkerung. Anschließend würden die gewonnenen Erkenntnisse bspw. zu Medikamenten verarbeitet, versehen mit einem Patent, das die Pharmaunternehmen besäßen. Beteiligt an den Gewinnen, die das neue Produkt abwirft, werde die lokale Bevölkerung nicht. Im Gegenteil: Dieser wird durch das Patentrecht sogar noch verboten, die Pflanze zu benutzen, ohne vorher ein Nutzungsrecht gekauft zu haben. Diese "Biopiraterie" führe dann zu Fällen wie dem des Niembaums in Indien, wo der Preis für Niemsamen seit der Patentierung explodiert und für die örtliche Bevölkerung nicht mehr erschwinglich sei.
Das Buch gewährt also tiefe Einblicke in die gängige Praxis des globalen Naturschutzes und dessen Auswirkungen. Besonders leicht lesen lässt es sich angesichts der vielen Abkürzungen und Fakten leider nicht, außerdem weist der Index Lücken auf: so verweist er bei der Suche nach der GTZ nur auf eine Seite, obwohl diese Gesellschaft weitaus öfter im Text vorkommt. Trotzdem: Ein notwendiges Buch, auch zur Auseinandersetzung mit NGOs wie dem WWF.

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