Acht Tote in Ohio, ein Toter im Karst
Four dead in Ohio: Mit dieser immer wiederholten, rhythmischen Beschwörung endet ein Lied von Crosby, Stills, Nash & Young aus dem Jahr 1970. Zurzeit erschüttert ein neuer Kriminalfall den US-Bundesstaat. Er datiert drei Jahre zurück, steht aber erst jetzt vor der Aufklärung (SPIEGEL-Artikel). Acht Tote hatte es gegeben. Sie inspirierten Peter Rosei zu seinem neuen Roman.
Dies tut der Autor in einem "Quellcode" betitelten Nachwort zu Karst kund. Es ist ein schmaler Band, Rosei reichen 170 Seiten für seine Geschichte. Darin bringt er in einer Art Reigen die in Budapest lebende Jana, den Wiener Journalisten ungarischen Namens und Venedigenthusiasten Kalman, den zwischen beiden Donaumetropolen pendelnden Geschäftemacher Gstettner und den in der Lagunenstadt gestrandeten, klauenden und mit Hehlerware dealenden Slowenen Tone zusammen.
So deckt Roseis Roman schon mal einen Großteil der ehemaligen k.u.k. Monarchie ab. Deren Geschichte und Tradition beeinflusst die Windungen der Handlung, manchmal überraschend und seltsam anmutend, doch stets in literarisch-ästhetischem Schwung. Jana ist wegen eines Geigers, der sich bald aus der Handlung verabschiedet und nur ganz zum Schluss, um den Ring zu schließen, noch einmal erwähnt wird, in Budapest gelandet. Sämtliche Illusionen über ein hauptstädtisch glanzvolles Leben verflüchtigen sich ebenso rasch wie die Liebe zum blassen Gabor. Um aus dem Elend herauszukommen, wirft sich Jana dem windigen, aber in seinen Gefühlen zu ihr authentischen Gstettner an den Hals. Parallel dazu knüpfen Kalman und Tone in Venedig eine Beziehung (Tone wird zu Tonio und Kalman, Thomas Mann lässt grüßen, sein Aschenbach) und setzen sie in Wien fort. Das Band zwischen ihnen erweist sich stärker als dasjenige, das Kalman unterdessen in Wien, Gstettner betrügend, zu Jana geknüpft hat.
Gstettner spannt Gabor Jana aus, verliert sie an Kalman, der sich in Tonio verguckt, dem wiederum alles egal ist, was ihn nicht hindert, mit Jana ins Bett zu gehen. Am Ende landet das Quartett – Gabor bleibt außen vor – im Karst, aus dem Tonio stammt. Hier geschieht ein Mord, an Kalman, den verübt zu haben Gstettner und Tonio sich gegenseitig bezichtigen und der trotz polizeilicher Aufarbeitung ungesühnt bleibt.
Karst ist kein Krimi, auch keine Reiseerzählung. Es ist die Analyse eines Beziehungsgeflechts, das ist ebenso spannend wie tiefgehend, zudem sorgt eine präzise, knappe Sprache für kurzweiligen Lesegenuss. Der Anspruch des Autors freilich, seinen Reigen weder von der Geschichte noch der aktuellen politischen Entwicklung (Rosei bringt sogar das Flüchtlingsproblem ins Spiel) losgelöst sehen zu wollen, beschert dem Rezensenten Kopfzerbrechen. Vielleicht ist es auch seiner Begriffsstutzigkeit geschuldet, dass sich ihm trotz Quellcodelektüre partout nicht öffnen mag, inwiefern der Achtfachmord von Ohio des Autors Inspiration geleitet hat. Dies herauszufinden wäre nun eine Herausforderung für alle Käufer des Buchs, oder?
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