Zu jung, um Bestie zu sein
"Wer dieses Buch zuklappt, muss kein anderes mehr zum Thema lesen. All die Versuche von ehemaligen Kindersoldaten, ihren Leidensweg authentisch zu schildern, verblassen neben diesem grandiosen und furchterregenden Roman" wird Bartholomäus Grill von der "Zeit’ auf der vierten Umschlagseite dieses dünnen, schön gestalteten Bandes der Reihe "Meridiane’ des Ammann Verlages zitiert. Das ist gute Werbung, zweifellos, doch da wir alle Bücher ganz verschieden lesen, eine einigermassen schwer zu belegende Behauptung.
Die Sprache in diesem Buch ist gewöhnungsbedürftig: "Ich will aufstehn, aber ich bleib liegen, weil mein ganzer Körper tut weh, und ich hab Angst, dass wer kommt und mir was tut, wenn ich Mucks mach. Vom Truck steigt Mann runter. Der sieht aus wie der Anführer. Ich starr ihn an und seine grüne Jacke, wo überall die Fäden raushängen, und wie er ein- und ausatmet gehn die immer hin und her. Er hat so schmutzige Handschuh an, die sind fast gelb oder braun, und seine Mütze klemmt unterm Arm, da, wo er schwitzt, und ist schon ganz platt und nass vom vielen Schweiss".
Andrerseits erlaubt dem Autor diese Sprache, die Dinge manchmal auf einfache und gleichzeitig verblüffende Weise bildhaft und damit sichtbar zu machen. Hier zum Beispiel: "Kommandant denkt nach, und ich guck gern zu, wie er nachdenkt. Mit der einen Hand fasst er sich da in seine vielen Haare, und mit der andern kratzt er sich am Bart, und geht hin und her, hin und her wie in Käfig, bloss dass wir draussen im Freien sind. Dann brüllt er Befehle." Oder hier: "Wir sind im Camp, und ich seh, wie hinter dem Hügel die Sonne untergeht, wie wenn sie uns alle nicht mehr sehen will."
Ob diese Geschichte aus einer "Welt aus Chaos, Gewalt und Abenteuer", wie der Klappentext treffend bemerkt, die Leser berühren wird, ist fraglich; nicht zuletzt, weil die Schilderung dieser Welt meist so banal daher kommt wie Krieg eben oft ist. Doch es gibt Ausnahmen: wie der Autor zum Beispiel den Tod des Leftenant im Bordell beschreibt, ist atemberaubend. Zudem macht sein gelegentlich aufscheinender Witz schmunzeln: "… mir fällt ein, wie mein Vater immer sagt, dass Pastor so gern redet, weil er das Pastor-Diplom hat, das ist so was wie Diplom im Reden." Die Leseerfahrung Salman Rushdies - "man liest und denkt, der wird noch sehr, sehr gross werden" - werden hingegen kaum viele teilen.
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