Knut Hamsun: Hunger

Unbarmherzig

Der Debütroman Knut Hamsuns aus dem Jahre 1890 beeinflusste auch viele andere literarische Größen wie etwa Marcel Proust oder James Joyce. Kein Wunder, ist dessen Protagonist doch ein mittelloser Schriftsteller, der versucht, sich durchs Leben zu schlagen. 1920 erhielt Knut Hamsun - im Alter von 61 Jahren - für sein Werk "Segen der Erde" den Literaturnobelpreis.

Zwischen Demut und Größenwahnsinn

In Kristiania, dem heutigen Oslo, flaniert der namenlose Ich-Erzähler durch die unzähligen Gassen und Straßen auf der Suche nach einer Zukunft. Wildfremden Leuten erzählt er seine Geschichten, denn er ist ein begnadeter Fabulierer. Aber wie auch Daniel Kehlmann im Nachwort schreibt, ist es mehr ein "Schwanken zwischen Stolz und Zerknirschung, zwischen Demut und Größenwahn, zwischen Momenten der Luzidität und blanken Wahnvorstellungen", denn ein wirkliches Flanieren. Der Ich-Erzähler hat durch den Hunger ausgelöste Halluzinationen und als er mit einer Frau spricht, beflügelt dies seine Fantasie so sehr, dass er sie sich als Prinzessin Ylajalis ausmalt, die in einem Schloss wohnt, wo sie in einem "glanzvollen Saal sitzt, wo alles Amethyst ist, auf einem Thron gelber Rosen". Als die erwarteten Einkünfte für seine mühesamst abgewrungenen Texte nicht kommen, ist er nicht mehr nur hungrig, sondern zudem auch obdachlos. Eine besonders zermürbende Szene zeigt ihn, wie er unter einer Straßenlampe Licht sucht, um endlich weiterzuschreiben, aber kläglich scheitert.

Das Nagen am Hungertuch

Ein Bleistift oder eine Kerze werden zu den kostbarsten Gegenständen, die er besitzt und sollte er diese verlieren, wäre damit auch seine Zukunft verloren. Denn womit sollte er dann schreiben? Wovon sollte er leben? Knut Hamsun vermag es, dass man sich sofort in die Person des Ich-Erzählers hineinfühlen kann und mit ihm Kristiania durchstreift, auf der Suche nach einem erlösenden Schicksal. Denn trotz seiner Bemühungen und seinem Arbeitseifer findet er auch keine andere Arbeit. Um eine weitere Nacht auf der Straße zu überleben, lässt er sich sogar einsperren und gibt an, seine Schlüssel verlegt zu haben. Der Wachhabende ist misstrauisch über diesen Schriftsteller in seinem desperaten Elend. "Mein Irrsinn war ein Delirium aus Schwäche und Erschöpfung, aber ich war nicht besinnungslos." 

 Selbst von seiner Spucke, die er hinunterschluckte, um nicht zu hungern, kriegt er schließlich Brechreiz. Aber sein Stolz verbietet es ihm, sich selbst als Bedürftigen zu sehen und so bleibt ihm am Ende nur auf Wiedersehen zu sagen. Zu Kristiania, "wo in allen Häusern die Fenster so hell leuchteten"

Hunger
Siegfried Weibel (Übersetzung)
Hunger
240 Seiten, broschiert
Originalsprache: Norwegisch
Ullstein 2019
EAN 978-3548291093

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