Erkaufte Zustimmung
Die Erfüllung von Konsumerwartungen war entscheidend für die Stabilität der DDR. Je höher die konsumtiven Ausgaben desto höher auch Zustimmung der Bevölkerung zum eigenen Regime. Philipp Heldmann untersucht diese, in der Literatur schon öfter betonte These anhand der Politik der SED-Spitze auf dem Kleidungssektor. Zeitlich auf die 1960er Jahre beschränkt, verfolgt der Autor in drei Kapiteln das Phänomen der Konsumpolitik der DDR.
Im ersten Teil wird die mittelfristige Perspektivplanung in den Blick genommen. Mit Hilfe dieses Instruments wurde vor allem die Höhe der Investitionen bestimmt. Im zweiten Kapitel steht die Jahresplanung im Mittelpunkt. Diese setzte den Perspektivplan um und konzentrierte sich ganz auf die Produktion. Im letzten Kapitel geht Heldmann dem interessanten Aspekt der Verbraucherpreise nach. Es fällt auf, dass in allen Kapiteln die institutionelle Seite der Konsumpolitik dominiert: So werden die Bildung von Institutionen und die Entstehungsprozesse von Entscheidungen, die in der SED-Spitze gefällt wurden, besonders betont. Leitfrage der Untersuchung Heldmanns ist, wie die Durchsetzung der konsumpolitischen Vorstellung der Regimeführung gelang. Hierfür arbeitet der Autor vier Schwächen des Regimes heraus. Zum einen herrschte im gesamten Untersuchungszeitraum stetige Konzeptionslosigkeit. Viele Aktionen und Vorhaben der SED-Führung entstanden, anders als betitelt, nicht nach langer Planung, sondern waren eine ad-hoc Reaktion auf die realen Bedingungen. Gründe für dieses Vorgehen sind u.a. die kollidierenden Vorstellungen der Wirtschaftsfunktionäre. Eine zweite Schwäche ist das Verhältnis der SED-Spitze zum Staats- und Parteiapparat. Hier wurden die sich ergebenden Handlungsspielräume des Apparats von diesem genutzt. Gleichzeitig war die SED-Spitze nicht in der Lage, den Partei- und Staatsapparat in den Prozess der Wirtschaftsreformen einzubinden. Eine dritte Schwäche macht Heldmann im Verhältnis der SED-Spitze zur Wirtschaft aus. Zwar gelang es dem Regime, in der Industrie massiv zu intervenieren. Allerdings bildete sich außerhalb dieses Bereichs, also dem Konsumsektor, ein eigenes starkes Machtnetzwerk, das sich der Kontrolle durch den Staat entziehen konnte. In dieser Grauzone fand die eigentliche Produktionsbedarfsdeckung statt. Knappe Konsumgüter konnten von den Betrieben für ihre Mitarbeiter beschafft werden. Als letztes benennt Heldmann das Verhältnis der SED-Führung zur Bevölkerung als Schwäche. Das Ziel des Regimes, die Zustimmung der Bevölkerung mittels einer erfolgreichen Konsumpolitik zu erkaufen, wurde verfehlt, besonders im Hinblick auf die immer stärker werdende Systemkonkurrenz zum zweiten deutschen Staat.
Es gelingt Philipp Heldmann, das von ihm ausgemachte "Aushandeln der Konsumpolitik" aus der Sicht der SED-Spitze anschaulich darzustellen. Wenn auch die Ergebnisse einem der Politik- und Wirtschaftsgeschichte der DDR vertrauten Leser nicht neu sein werden. Eine so detailgetreue Beschreibung hat es jedoch in dieser Form bis jetzt nicht gegeben. Teilweise verkürzte Darstellungen und überspitzte Thesen trüben das Gesamtergebnis und regen zum Widerspruch an. Insgesamt ist aber eine konzise Darstellung der Konsumpolitik der DDR entstanden, die wieder ein bisschen mehr Licht in das Dunkle der DDR-Wirtschaftsgeschichte bringt.
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