Sébastien Marnier: Haus der Lügen

Verschwörung der sieben Frauen

"Für mich ist Familie das Schlimmste. Es ist, als ob man die ganze Zeit Gift im Blut hätte und langsam fängt es an zu wirken", sagt die pubertierende Enkelin Jeanne zu Stéphane (Laure Calamy). Nicht umsonst lautet der Originaltitel ja auch "L'origine du mal", also der Ursprung des Bösen.

Der Ursprung allen Glücks

Die Anspielung im Titel auf das Gemälde von Gustave Courbet (L'Origine du monde) trifft ins Schwarze. Denn tatsächlich ist der Ursprung allen Glückes und allen Leides die Familie und letztendlich kroch alles aus demselben Loch. Oder doch nicht? Könnte es sein, dass Stéphane ein Kuckucksei ist, also gar nicht die richtige Tochter des Hauspatriarchen Serge (Jacques Weber)? Lange hat sie nach ihrem verschollenen Vater gesucht, der inzwischen steinreich und alt ist. Ihre Mutter ist bereits tot und hatte sich vor langer Zeit von Serge getrennt. Dieser hat es als Immobilienmagnat zu immensem Reichtum gebracht und wohnt in einem selbst erbauten Anwesen am Meer, das an Schönheit alles in den Schatten stellt, was man sich nur vorstellen kann. Dennoch nützt all der Besitz dem alten Serge gar nichts, denn er ist allein. Seine neueste Frau, seine Tochter George (Doria Tillier) und selbst die Haushälterin Agnès (Véronique Ruggia) wollen in aufgrund seiner Erkrankung ins Heim abschieben und so seinen Besitz übernehmen und unter sich aufteilen. Da kommt Stéphane als Verbündete für Serge gerade recht. Um sich gegen seine drei Vipern zu wehren, versucht Serge sie auf seine Seite zu ziehen. Aber wird es ihm gelingen?

Der Ursprung allen Übels

Der dritte Film von Sébastien Marnier punktet mit einer gut konzipierten Handlung à la Murder Mystery und einigen überraschenden Plot Twists, die die Spannung und Neugierde des Publikums bis in die 123. Minute aufrechterhält. Schließlich gilt es am Ende noch einen Mord aufzuklären und einen entflohenen Sträfling (Suzanne Clément als La détenue, die Gefangene), Stéphanes Freundin, wieder einzufangen. Die Gegensätze zwischen der Gurken-Fabrikarbeiterin Stéphane und Serge, dem Kapitalisten, mag manchen überzeichnet erscheinen, aber angesichts der Gegensätze, in die unsere zeitgenössische Gesellschaft abdriftet, umso realistischer. Stilistisch drückt der Regisseur dies auch beim Abendessen durch einen Dreier-Split-Screen aus. Obwohl sie alle am selben Tisch sitzen und zu Abend essen, leben sie alle in komplett unterschiedlichen Welten und haben eben komplett unterschiedlichen Vorstellungen von ihrem Leben und der Welt: seine verschwenderische Ehefrau, die gefühlskalte Tochter, das kriminelle Dienstmädchen sowie Serge und Stéphane. Genau das ist aber "Familie", größtmögliche Gegensätze auf kleinstem Raum. Auch wenn es sich in diesem Fall um ein herrschaftliches Anwesen handelt und man sich eigentlich aus dem Weg gehen könnte, weil genug Platz für alle da ist, lassen sich die familiären Spannungen nicht verhindern. 

L'origine du monde

Die Verschwörung der insgesamt sieben Frauen gegen Serge, dem einzigen männlichen Protagonisten außer dem abwesenden Sohn, ist natürlich auch als ein metaphorischer Anschlag auf das Patriarchat an sich gedacht. Allerdings gelang einem Autor selten ein so sympathischer Old White Man wie Serge, der einem am Ende fast leid tut wie ein eigener Vater …

Verlosung
Wer an den Rezensenten schreibt und ähnliche Filme wie den Rezensierten erwähnt, kann eine von zwei zur Verfügung gestellten DVDs von "Haus der Lügen" gewinnen!
Haus der Lügen
Haus der Lügen
Laufzeit: ca. 123 Minuten
Originaltitel: L'origine du mal
Plaion 2024
EAN 4020628582678

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