Welzers Denken - für eine "UmWELZung" der Verhältnisse?
Der Titel "Selbst denken" dieses Buches ist als Aufforderung zu verstehen. Harald Welzer ruft dazu auf, sich nicht von den herrschenden Diskursen um Konsum und Wirtschaftswachstum leiten zu lassen, sondern das eigene Hirn zu benutzen.
Dazu holt er auch mal kurz aus und erklärt als Psychologe, wie das Gedächtnis funktioniert. Hauptsächlich kritisiert er jedoch das gegenwärtige Gesellschaftssystem und will vor allem dazu ermutigen, selbst praktisch zu handeln. Seine Kritik scheint radikal, bricht er doch mit vielem, was die meisten für selbstverständlich halten und von den Politikern als "alternativlos" verkauft wird.
Dem Glauben an Wirtschaftswachstum erteilt er eine Absage und legt dabei dar, warum das Wachstum nicht funktionieren kann: Planet Erde macht das auf die Dauer mit dieser Geschwindigkeit der Umweltzerstörung nicht mehr lange mit. Die Ökoargumente durchziehen das ganze Buch, sind schlüssig und einleuchtend. Wichtig ist Welzer, dass das Wissen um diesen Zustand der Welt auch in entsprechendes Handeln münden muss, das nicht bei der Konsum-Entscheidung stehen bleiben darf - und diese Ausrichtung hebt das Buch positiv von vielen anderen ab. Gut erkannt sind auch die Modernisierungseffekte, die die Ökobewegung auf den Kapitalismus hatte, weil sie einige seiner Auswüchse eingedämmt und ihm so einen grünen Anstrich verpasst hat. Ein Grundprinzip, das der grenzenlosen Steigerung und damit auch dem stetig stärker wachsenden Bedarf an Energiezufuhr, hat sich dabei jedoch nicht verändert.
Wenn Welzer allerdings schreibt, "die Ökologiebewegung war nie utopisch" (S. 102), dann zeigt er, dass er von der Umweltbewegung und ihrer Geschichte nicht allzu viel Ahnung hat. Hier kann er die Genauigkeit, für die er plädiert, selbst nicht einhalten. Es gab und gibt durchaus radikale Umweltaktivisten, die utopisch denken und bspw. eine herrschaftsfreie Gesellschaft anstreben. Welzer ist für eine positive Beschreibung dessen, was erreicht werden soll - und nicht immer nur ex negativo das zu kritisieren, was nicht sein darf. Das hat heute ja leider schon Seltenheitswert. So kommt Bernhard Knierim in seinem Buch Essen im Tank aus dem linken Verlag ProMedia zwar ebenfalls zu der (besser fundierten) Erkenntnis, dass das Wirtschaftswachstum nicht ewig weitergehen kann, zieht aber ganz andere Schlüsse, ganz zu schweigen von Visionen. Insofern ist Welzers Buch konsequenter und radikaler.
Allerdings ist es andererseits auch recht einseitig und oberflächlich in der Kritik: Allzu sehr wird hier Gesellschaft mit der Konsum- und Wachstumskritik-Brille betrachtet. Gegen den Kapitalismus und seine permanente Verwertung, die vor nichts halt macht, hätte Welzer auch gar nichts, er "wäre perfekt" (S. 132). Wäre da nicht dieses blöde Problem mit der Energiezufuhr. Die soziale Ebene wird zwar nicht vollkommen ausgeblendet, aber nur hinsichtlich der Rolle des Konsums thematisiert. Die mangelnde Auseinandersetzung mit dem dominanten Wirtschaftssystem und seiner Funktionsweise ist eine große Schwäche dieses Buches. So kommt es dann auch, dass zwar vor einer Modernisierung, die nur Symptome bekämpft, gewarnt wird, aber gleichzeitig Konzepte wie eine Schuhfabrik, die vorwiegend regionale Zulieferer haben will, gelobt werden. Oder die Gemeinwohlökonomie Christian Felbers, eine neo-keynesianistische Variante der Marktwirtschaft, bei der der Staat Unternehmen nach einem Punkteschema besteuert. Wie damit die expansive Dynamik herausgenommen werden soll, bleibt schleierhaft. Die Konkurrenz als wesentliches Prinzip im Kapitalismus wird damit nämlich nicht angetastet, womit es auch weiter zu Wachstum kommen dürfte.
Schade, das hätte besser werden können. So liegt die Chance des Buches vor allem darin, Leser dazu zu bewegen, Konsequenzen zu ziehen und mehr Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen. Und auch kritisch über das hinauszudenken, was Welzer schreibt.

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