Hans-Jürgen Schmidt: Betriebswirtschaftslehre und Verwaltungsmanagement

Betriebswirt­schaftliches Wissen für die Verwaltungsführung

Konjunktur-, Struktur- und nicht zuletzt die immer noch nicht überwundene Finanz­krise werden in den kommenden Jahren mehr denn je die Finanzknappheit für die öffentlichen Haushalte drastisch ansteigen lassen. In diesem Kontext werden Politik und Verwaltungsführung in Bund, Ländern und Gemeinden - wenn schon nicht im­mer kraft eigener Überzeugung, so doch aus der Not geboren - nicht umhin kom­men, die seit den Föderalismusreformen I und II oftmals ins Stocken geratene Mo­dernisierung der öffentlichen Verwaltung mit Nachdruck wieder aufzunehmen. Längst fällige Entscheidungen zum öffentlichen Organisations- und Dienstrecht sind zu tref­fen, um die Reformstrategien im Sinne von "(New) Public Management" bzw. "Public Governance" auf drei interdependenten Ebenen umsetzen zu können. Die erste Re­formebene zielt ab auf ein neues Rollenverständnis von Staat und Verwal­tung mit dem Ziel der Neubestimmung öffentlicher Aufgaben bzw. dem Abbau der staatli­chen Eigenproduktion - und dies trotz der zunehmenden krisenbedingten Regulierun­gen, die derzeit oftmals mit einem aktionistischen und nicht mehr marktwirtschaftskonfor­men Industrieinterventionismus einhergehen. Bei der zweiten Ebene stehen eher externe Strukturreformen (z.B. Reduzierung von Dysfunktionen kollektiver Finanzie­rungs­systeme) im Mittelpunkt, während es sich bei der dritten Ebene um die Binnen­mo­dernisierung der Verwaltung handelt.

Die vorliegende Publikation knüpft insbesondere an der dritten Reformebene an. An­gesichts der zentralen Bedeutung von ökonomischen Prinzipien zur effektiven und effizienten Erfüllung öffentlicher Aufgaben findet das neu aufgelegte Lehrbuch von Hans-Jürgen Schmidt, Hochschullehrer an der Fachhochschule des Bundes für öf­fentliche Verwaltung (FHB) in Mannheim, besonderes aktu­elles Interesse. Der Ver­fasser geht von einer engen Verzahnung von BWL und Verwaltungsmanagement aus und will aufzeigen, dass Verwaltungen auf dieselben betriebswirtschaftlichen Methoden zurückgreifen können, wenn auch oft spezifische Besonderheiten bei der Anwendung solcher Konzepte und Instrumente zu beachten sind. Dementsprechend geht es ihm primär darum, ein einführendes betriebswirt­schaftliches Basiswissen für die Verwaltungsführung und für das Management der öf­fentlichen Betriebe zu ver­mitteln. Des Weiteren sollen Managementmethoden und -techniken zur betriebswirt­schaftlich motivierten Optimierung von Planungs- und Steuerungsprozessen aufge­griffen wer­den.

Das Buch gliedert sich in 9 Hauptkapitel. Diese sind konzeptionell grundsätzlich so aufgebaut, dass zunächst die typischen Lehrinhalte der Allgemeinen BWL vorgestellt werden, um darauf aufbauend die verwaltungsspezifischen Besonderheiten abzulei­ten. Nach einer Einführung in die betriebswirtschaftliche Grundtatbestände und in die Beziehungen der BWL zu Nachbardisziplinen folgt im 2. Kapitel ein Überblick über den wirtschaftlichen Gesamtprozess des Betriebes, ein­schließlich der verschie­denen Erfolgsmaßstäbe. Im Kapitel 3 werden die Grundlagen für wichtige konstitutive Ent­scheidungen (Standort, Rechtsform sowie Kooperation und Konzentration) refe­riert. Der Schwerpunkt des Lehrbuches geht von den typi­schen Prämissen des Pub­lic Mana­gements aus, nämlich dass einerseits das Haupt­problem der öffentlichen Institutionen durch die mangelnde Effektivität und Effizienz charakte­risiert werden kann, andererseits jedoch ein rationales Management möglich ist. Daraus resultiert, dass die im privatwirtschaftlichen Sektor bewährten Verfahren und In­strumente grundsätz­lich auch im öffentlichen Bereich sinnvoll eingesetzt werden können. Folge­richtig widmen sich die weiteren Abschnitte des Buches den zentralen Ma­nage­mentfunktionen und -problemen:

Kapitel 4 (Die Führung des Betriebes) versteht Ziele als Ausgangspunkt jegli­cher Führungstätigkeit, behandelt die formalen Zieldimensionen, Führungs­stile sowie Führungstechniken und geht dabei auch auf die Grundzüge einer moder­nen Verwaltungssteuerung ein. Schmidt weist zu Recht darauf hin, dass der Mo­tor für die Rezeption von New Public Management in Deutschland das von der Kommuna­len Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) schon in den 90er Jahren entwickelte "Neue Steuerungsmodell" (NSM) war. Das Kern­stück dieses Reformansatzes besteht in der Trennung von Politik und Ver­waltung sowie die Verknüpfung beider Teile über eine Rahmensteuerung. Die In­strumente des NSM tragen wesentlich zur besseren Effektivität, Effizienz und Le­gitimation des Verwaltungshandelns bei. Das Kapitel schließt deshalb mit ei­nem Überblick über das Design des NSM. Zwar be­zweckt der Autor mit seinem Buch vorrangig eine Einführung in betriebswirt­schaftliche Grundlagen; dennoch oder gerade des­halb hätten in diesem Kapitel noch wichtige The­men zum Personalma­nagement auf­gegriffen werden können, zumal der Autor in seinem Vorwort zu Recht auf die relativ geringe Wertschätzung eines gewandelten Personalmana­gements ver­weist. Da Personal­mana­gement in der Unter­nehmenspraxis zuneh­mend auch als strategisch wich­tige Funktion ver­standen wird, hätte Schmidt auch auf entspre­chende Herausforde­rungen für das strategische Perso­nalmanagement im öffent­lichen Sektor eingehen können.

Kapitel 5 (Die Planung des Betriebes) begreift Planung als den ersten Ab­schnitt des Führungsprozesses und befasst sich insbesondere mit den Phasen, Grundsätzen und ausgewählten Techniken der Planung. Komplexe Aufgaben­stellungen und dynamische Umweltverhältnisse lassen Planung auch in administ­rativen Leistungsgebilden einer Gebietskörperschaft zu einer unverzichtbaren Gestaltungshilfe werden.

Kapitel 6 (Die Organisation des Betriebes) hat vor allem die Untersuchung aufbauorganisatorischer Prinzipien und Gestaltungsformen zum Gegenstand. Geht man davon aus, dass Politik und Verwaltung lernfähig sind und als "lernen­des System" gelten, so können von den Verantwortlichen in Staat und Gemeinde Rahmenbedingungen, Strukturen und Abläufe zur Umsetzung der Zielvorstellun­gen verändert werden.

Kapitel 7 (Die Kontrolle und das Controlling des Betriebes) gibt insbeson­dere einen Überblick über die Konzeption und Philosophie des Controllings sowie über die Phasen und Arten der Kontrolle. Während sich die verwaltungsinternen und -externen Kontrolle in starkem Maße auf die Rechtmäßigkeitskontrolle kon­zentrieren, sind in der öffentlichen Verwaltung die Wirtschaftlichkeitskontrollen, ein­schließlich der Effektivitätsbeurteilungen, nach wie vor ausbaufähig. Dies gilt auch für das Controlling, das seit geraumer Zeit auch in der öffentlichen Verwal­tung installiert wird. Meistens aber beschränkt es sich auf ein Kostencontrolling dessen Aussagefähigkeit naturgemäß (sehr) begrenzt bleibt.

Kapitel 8 (Investition und Finanzierung) befasst sich hauptsächlich mit den Investitionsrechnungen, mit denen die Vorteilhaftigkeit von Investitionsvorhaben geprüft werden kann. Ein weiterer Abschnitt widmet sich den Hauptformen und Märkten der Finanzierung. Da die öffentliche Hand eine ganze Reihe großer In­vesti­tionen vornimmt, ist die Anwendung einzelwirtschaftlicher Kalküle, vor allem aber auch gesellschaftlicher Nutzen-Kosten-Untersuchungen, in den einschlägi­gen haushaltsrechtlichen Bestimmungen vorgesehen. Die Finanzknappheit der öffent­lichen Hand wird des Weiteren auch vermehrt zur Realisierung von mezza­ninen Finanzierungsformen führen. Als Bei­spiel hierfür wird auf das sog. Betrei­bermodell verwiesen.

Kapitel 9 (Das Rechnungswesen des Betriebes) geht von den Grundlagen des betrieblichen Rechnungswesens (Gliederung, Funktionen, Grundbegriffe und Buchhaltungssysteme) aus und gibt danach einen Überblick über die Geschäfts­buchhaltung und den Jahresabschluss. Zu Recht wird schwerpunktmäßig die Kostenrech­nung, und zwar sowohl die traditionelle Kostenarten-, stellen- und -trägerrech­nung, als auch die modernen Kostenrechnungssysteme, vorgestellt. Ein letzter Abschnitt befasst sich mit den vielfältigen Anwendungen einer solchen Kosten­rechnung in der öffentlichen Verwaltung.

Mit der nach fünf Jahren notwendig gewordenen Neuauflage hat Schmidt wiederum den zwischenzeitlichen Entwicklungen in Theorie und Praxis Rechnung getragen und ist beispielsweise auf kartellrechtliche Fortentwicklungen ebenso eingegangen wie auf das durch internationale Entwicklungen angestoßene Bilanzrechtsmodernisie­rungsgesetz (BilMoG) oder auf jüngste Reformbemühungen in Richtung eines "Pub­lic Governance", das von strukturellen Defiziten des NSM ausgeht und einen ganz­heit­lichen und integrierenden normativen, strategischen und operativen Ansatz auf­weist. Dem Autor, der seit über zwei Jahrzehnten Jahren die Weiterentwicklung der Verwaltungsbetriebswirtschaftslehre und des Ver­wal­tungsmana­gements an der Mannheimer FHB wesentlich beein­flusst, ist die Verbindung einer integrierenden wissenschaftlichen Aufarbei­tung der breiten The­menpalette hervorragend gelungen. Hervorzuheben ist auch die an­schauliche und verständliche Darstellung der Zusam­menhänge. Eine Fülle von Praxisbeispielen, Kontrollfragen zu jedem Kapitel und ein recht umfangreiches Verzeichnis der weiterführenden Literatur erleichtern die Ausei­nan­dersetzung und Vertiefung mit der komprimiert vorgetragenen Materie.

Den vom Verfasser angesprochenen Zielgruppen, insbeson­dere Hochschul­stu­denten in den diversen Bachelor- und Masterstudiengängen für die öffentliche Verwaltung, einschließlich der öffentlichen Betriebe und Non-Profit-Organi­sationen, sowie Ange­hörigen des öffentlichen Dienstes auf jeder Ebene aber auch allen denjenigen, wel­chen an einer wirtschaftli­chen Erfüllung öffentlicher Aufgaben gelegen ist (z. B. Ge­meinderäte), kann dieses Standard­werk zum Ein­stieg oder als Kompendium zur schnellen Orientierung über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge bestens emp­fohlen werden.

Betriebswirtschaftslehre und Verwaltungsmanagement
Betriebswirtschaftslehre und Verwaltungsmanagement
471 Seiten, broschiert
UTB 2009
EAN 978-3825222277

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